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Kanada

Neue Aufgaben für Apotheker

20.08.2013  14:50 Uhr

Von Annette Mende / Seit Kurzem dürfen Apotheker in Kanada impfen, Medikamente verschreiben sowie Labortests anordnen und interpretieren. Bei den Ärzten löst das teilweise wenig Begeisterung aus. Doch die Befürworter der Entwicklung haben gute Argumente.

Aus deutscher Sicht ist es sehr bemerkenswert, was kanadischen Apothekern seit einer kürzlich erfolgten Gesetzesänderung alles erlaubt ist. Zu den neuen Befugnissen zählt es nicht nur, Notfall- und Folge-Verordnungen auszustellen, sondern auch unter bestimmten Umständen eine Therapie mit einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel zu initiieren, bei einem verschriebenen Präparat die Dosierung oder die Arzneiform zu ändern oder den Wirkstoff auszutauschen sowie Arzneimittel und Impfstoffe zu injizieren. Vor allem das Recht auf Präparate-Austausch dürfte bei den im Korsett der Rabattverträge steckenden Kollegen hierzulande für Neidgefühle sorgen.

Unterschiede zwischen den Provinzen

 

Kanada ist ein föderaler Staat und die Apotheken-regulatorische legislative Gewalt liegt in der Hand der Provinzen. Es hängt daher vom Arbeitsort ab, wie umfassend die Kompetenzerweiterung für den einzelnen Apotheker ausfällt. So räumte beispielsweise die zuständige Behörde in Alberta den dort ansässigen Pharmazeuten sämtliche der genannten Berechtigungen ein, die Behörde im nördlichen, sehr spärlich besiedelten Territorium Nunavut dagegen keine einzige.

 

Hintergrund der Gesetzesänderung ist der demografische Wandel. Wie in allen Industrienationen steigt auch in Kanada die Zahl chronisch kranker und multimorbider Patienten stetig an. Unter anderem deswegen fällt es Ärzten zunehmend schwer, den wachsenden Bedarf an medizinischer Betreuung zu decken. Die nationale Ärzteorganisation Canadian Medical Association beschloss daher bereits vor zehn Jahren, gemeinsam mit den Berufsvertretungen der Apotheker und der Krankenpfleger ärztliche Tätigkeiten zu identifizieren, die von anderen Heilberuflern übernommen werden können.

 

In der aktuellen Ausgabe des »Canadian Medical Association Journal« legen die Ärztin Dr. Cara Tannenbaum und der Apotheker Dr. Ross Tsuyuki in einem gemeinsamen Beitrag dar, welche Chancen sich aus den Änderungen ergeben (doi: 10.1503/cmaj.121990). Es gebe robuste Evidenz aus randomisierten klinischen Studien, dass sich die verstärkte Einbindung von Pharmazeuten in die Patientenversorgung auszahle. Das sei insbesondere für Patienten mit Hypertonie, Dyslipidämie, Herzinsuffizienz, Asthma und Diabetes sowie unter gerinnungshemmender Therapie gezeigt worden.

 

So habe beispielsweise eine systematische Auswertung der Fachliteratur im Jahr 2008 ergeben, dass die Pharmazeutische Betreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz die Zahl der Krankenhauseinweisungen verglichen mit der üblichen Versorgung durch Ärzte und Pfleger um 31 Prozent senkt. Genau diese Fragestellung sowie die Auswirkungen einer intensivierten interdisziplinären Zusammenarbeit auf die Sterblichkeit von Patienten untersucht zurzeit im Übrigen auch die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände gemeinsam mit dem Uniklinikum des Saarlands in der Pharm-CHF-Studie (lesen Sie dazu auch Pharm-CHF: ABDA startet Betreuungs-Studie).

 

Interaktionen bei vier von fünf Patienten

 

»Arzneimittelbezogene Probleme sind in Kanada in mehr als 10 Prozent der Fälle der Auslöser, wenn Patienten die Notaufnahme aufsuchen. Bei 80 Prozent aller älteren, stationär behandelten Patienten mit einer Dauermedika­tion von fünf oder mehr Arzneimitteln liegt mindestens eine Cytochrom-P-450-bedingte Interaktion vor«, schreiben Tannenbaum und Tsuyuki. Angesichts dieser Zahlen liege der mögliche Nutzen von mehr pharmazeutischem Sachverstand in der Patientenbetreuung auf der Hand. Es sei ausdrücklich gewünscht, dass dieser sich auch darin äußere, entbehrliche Arzneimittel mit hohem Interaktions- und/oder Nebenwirkungspotenzial wegzulassen beziehungsweise durch weniger problematische Wirkstoffe zu ersetzen.

 

Vonseiten der Ärzteschaft bestehen vor allem juristische Bedenken wie: Wer haftet, wenn ein Apotheker die Verordnung eines Arztes verändert und der Patient daraufhin einen Schaden erleidet? In dieser Frage stellen die beiden Autoren klar, dass mehr Rechte selbstverständlich auch mehr Pflichten bedeuten. Ein selbstständig agierender Apotheker ist also voll haftbar, wenn er den Arzt von vorgenommenen Änderungen nicht in Kenntnis setzt. In Alberta und Quebec müssen Pharmazeuten daher Versicherungen zur Deckung möglicher Schadenersatzforderungen in Höhe von mindestens 2 Millionen Dollar abschließen. Zudem sind Apotheker zur regelmäßigen Teilnahme an beruflichen Weiterbildungsangeboten verpflichtet.

 

Die Ärzte wiederum sind gehalten, sich an der interdisziplinären Zusammenarbeit zu beteiligen und beispielsweise in regelmäßigen Telefonaten mit Apothekern die Therapien von gemeinsam betreuten Patienten zu besprechen. Kurz gesagt: Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Das gilt mit Sicherheit nicht nur in Kanada. /

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