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Telomeraseaktivität

Ein zweischneidiges Schwert

Datum 04.08.2015  16:08 Uhr

Von Hannelore Gießen, Lindau / Telomerase gilt als »zellulärer Jungbrunnen«. Das Enzym verlängert die Chromosomenenden und hält somit Zellalterungsprozesse auf. Zu viel Telomerase­aktivität ist aber auch nicht gut, wie aktuelle Studien zeigen.

Im Lauf des Lebens verkürzen sich die Enden der Chromosomen, die Telo­mere, um die Hälfte. Damit hängen normale Alterungsprozesse, aber auch zahlreiche Erkrankungen zusammen, berichtete die Molekularbiologin Professor Dr. Elizabeth Blackburn bei der 65. Lindauer Nobelpreisträgertagung Anfang Juli. 

Ein Team um die US-amerikanische Wissenschaftlerin hatte 1984 einsträngige DNA-Sequenzen am Ende der Chromosomen entdeckt und Telomere genannt. Sie dienen als Schutzkappen, werden jedoch bei jeder Zellteilung ein Stückchen kürzer. Bei einer kritischen Länge stoppt die Teilung der Zelle, und die Zelle vergreist. Zusammen mit zwei anderen Forschern entdeckte Blackburn kurze Zeit später ein Enzym, das diese Verkürzungen der Chromosomen teilweise wieder ausgleicht, die Telomerase. Für ihre Forschung wurden die drei Wissenschaftler 2009 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

 

Als Teil des Alterungsprozesses und als mögliche Zielstruktur für therapeutische Ansätze werden Telomere und das sie regenerierende Enzym derzeit intensiv beforscht. Es gebe einen Zusammenhang zwischen den Telomeren und alterskorrelierten Erkrankungen, berichtete Blackburn im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung. Momentan sei es aber zu früh, um daraus direkte prädiktive oder therapeutische Schlüsse abzuleiten.

 

Kurze Telomere, hohes Krankheitsrisiko

 

»Wir haben die Telomere von mehr als 100 000 Menschen bestimmt und eine hohe interindividuelle Variabilität gefunden«, erläuterte die Forscherin. Personen mit einer weit unterdurchschnittlichen Telomerlänge hatten ein erhöhtes Risiko, in den folgenden Jahren krank zu werden. »Außerdem haben wir bei Menschen, die später hochbetagt wurden, in den Jahren zuvor auffallend lange Telomere gefunden«, sagte Blackburn. Dieser Effekt sei unabhängig von anderen Faktoren wie Alter, Geschlecht, sozialem Umfeld oder Erkrankungen. Es sei jedoch eine rein statistische Assoziation, eine kausale Verknüpfung sei noch nicht bekannt, hob die Molekularbiologin hervor.

 

Alle bisherigen Studien belegen, dass Telomere von enormer Bedeutung für die menschliche Gesundheit sind. Bei gesunden Menschen sind das Kürzerwerden der Telomere und die Arbeit des Enzyms Telomerase, das sie wieder verlängert, fein ausbalanciert. Ein Zusammenspiel, das bei zahlreichen Erkrankungen aus dem Gleichgewicht geraten ist.

 

Eine US-amerikanische, in »Nature Genetics« veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2013 hatte gezeigt, dass die Länge der Telomere von Leukozyten mit dem Auftreten von Erkrankungen korreliert (DOI: 10.1038/ng.2528). So weisen Patienten mit genetisch bedingten Erkrankungen, wie Lungen­fibrose, aplastische Anämie oder erbliche Dyskeratose, auffallend kurze Telomere auf.

 

Einfluss des Lebensstils

 

Wie aktiv die Telomerase ist und wie lang die Telomere sind, wird auch vom Lebensstil, durch Sport, Ernährung, Rauchen und Stress beeinflusst. Blackburn stellte dazu eine Studie mit 58 Frauen vor, von denen 19 gesunde Kinder und 39 chronisch kranke Kinder versorgten. Die gestressten Mütter der kranken Kinder besaßen weitaus kürzere Telomere und ein geschwächtes Immunsystem. »Wir konnten auch sehen, dass Patienten mit Risikofaktoren für Herzerkrankungen wenig Telo­meraseaktivität haben«, führte die Wissenschaftlerin weiter aus.

 

Kürzlich wurde die Kopenhagen Bevölkerungsstudie mit mehr als 64 000 Teilnehmern im »Journal of the National Cancer Institute« publiziert (DOI: 10.1093/jnci/djv074). Während der Langzeituntersuchung beobachteten Forscher um Dr. Line Rode von der Universität Kopenhagen die Probanden maximal 22 Jahre lang. Im Rahmen eines Gesundheitschecks bestimmten sie jährlich auch die Länge der Telo­mere. Dabei stellten die Forscher eine deutliche Assoziation zwischen sich rasch verkürzenden Telomeren und einer höheren Sterblichkeit fest, unabhängig von der Todesursache. Im Gegensatz dazu zeigte sich, dass Probanden mit genetisch determinierten kurzen Telomeren zwar häufig an kardiovaskulären Erkrankungen starben, jedoch seltener an Krebs. Studienteilnehmer mit genetisch angelegten langen Telomeren starben dagegen häufiger an Tumorerkrankungen. Vermutlich entgehen Zellen mit langen Telomeren dem Alterungsprozess und dem Zelltod, dem dann auch maligne Zellen entkommen.

 

Das Enzym Telomerase sei ein zweischneidiges Schwert, kommentierte Blackburn: Krankheiten könnten bei zu viel und bei zu wenig Telomerase auftreten. Die Aktivität von Telomerase sei in 80 Prozent aller Tumorerkrankungen hoch. Das wurde für Tumoren von Lunge, Leber, Blase und Gehirn sowie für das maligne Melanom gezeigt. Eine auffallend niedrige Aktivität der Telomerase fanden Forscher jedoch bei gastrointestinalen Tumoren sowie hämatologischen Erkrankungen. Das Enzym therapeutisch zu beeinflussen, würde zu völlig unvorhersehbaren Effekten führen, warnte Blackburn. /

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