Von harmlos bis gefährlich |
05.08.2014 14:50 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, München / Mückenstiche sind häufig, nervig und oft unvermeidbar – eine echte Sommerplage. Die meisten Menschen reagieren mit einer mäßigen Lokalreaktion, es kann aber auch zu Komplikationen kommen.
Beim Blutsaugen können Mücken-Weibchen ihr Gewicht nahezu verdreifachen. Das berichtete Professor Dr. Marcus Maurer vom Allergie-Centrum-Charité bei einem Pressegespräch von Riemser in München. Beim Stich injizieren sie immer auch etwas Speichel. Als Reaktion auf die Fremdproteine degranulieren Mastzellen und setzen Histamin frei. Daraus resultieren die bekannten Symptome wie Rötung, Ödem (Schwellung) und Juckreiz. Als »normal« gilt laut Maurer eine Lokalreaktion von 1 cm Ausdehnung. Schmerzhaft sei der Stich nur, wenn die Mücke einen Nerv getroffen hat. Doch es könne auch zu Komplikationen kommen.
Allergien sind selten
Eine Immunglobulin-E-vermittelte Allergie auf Stechmücken ist laut Maurer selten. Es gebe aber keine guten Daten zu Prävalenz und Inzidenz. Etwa 3 Prozent der Gestochenen entwickeln entzündliche Lokalreaktionen, die größer als 3 cm sind, und/oder Hautblasen. Kommt Fieber hinzu, sprechen Experten vom Skeeter-Syndrom. Sehr selten könne es nach einem Mückenstich zum potenziell lebensbedrohlichen, anaphylaktischen Schock kommen, so der Allergologe. Bisher seien etwa 30 Fälle publiziert.
Deutlich häufiger sind bakterielle Superinfektionen nach Aufkratzen der Stichstelle. »Die Übertragung von Krankheitserregern durch Mückenstiche wird sich auch in unseren Breitengraden ausweiten«, prognostizierte der Arzt. Mückenweibchen stechen vorzugsweise abends und nachts. Dass sie sogenanntes süßes Blut riechen können, ist ein hartnäckiger Irrglaube. Die Insekten werden angelockt vom Duft von Milch- und Fettsäuren, Ammoniak und CO2 in der Atemluft. Sind sie ihrem Opfer nahe, nehmen sie auch thermische Signale und Größenunterschiede wahr. Dass schwangere Frauen häufiger gestochen werden, führte Maurer auf die stärkere Hautdurchblutung zurück.
Vor allem für hypersensible Personen empfahl der Allergologe dringend eine Expositionsprophylaxe durch dichte Kleidung und Moskitonetze. »Ein Mückenpiepser bringt nichts«. Ein präventiver Nutzen von Vitamin-B-Einnahme sei nicht nachgewiesen. Repellenzien wie DEET, Para-Menthan-3,8-diol, Icaridin und IR3535 sollen Insekten und Spinnentiere von der Haut fernhalten.
Hausmittel ohne Wirknachweis
Insgesamt sei die Forschung zur Therapie von Mückenstichen »sehr mager«, berichtete Maurer. Kälteapplikation scheine zu helfen, solange sie angewendet wird. Für Hausmittel gebe es keinen Wirknachweis.
Bei der lokalen Hyperthermie wird mit einem Stift (zum Beispiel bite away®) für wenige Sekunden konzentrierte Wärme von 50 bis 53 °C auf die Stichstelle gebracht. Dies konnte in zwei Studien die Lokalsymptome reduzieren oder sogar beseitigen, sagte Maurer. Der Wirkmechanismus sei nicht geklärt. Möglicherweise werden Mastzellen beeinflusst oder Hautnerven moduliert. »Eher vage« seien Hypothesen, dass die Wärmeeinwirkung die Freisetzung von Hitze-Schock-Proteinen induziert oder Bestandteile des Mückenspeichels verändert. Eine Denaturierung von Proteinen finde nicht statt.
Zur Symptomlinderung werden auch topische und systemische Antihistaminika sowie topische Steroide angewendet. Bei systemischer Antihistaminika-Gabe müsse man Nebenwirkungen wie verstärkte Müdigkeit beachten. /
Allein in Mitteleuropa sind 104 Arten von Stechmücken (Culicidae) bekannt. In Deutschland verbreitet ist Culex pipiens, die Gemeine Stechmücke oder auch Nördliche Hausmücke. Mehr Aufmerksamkeit in den Medien erfährt die Asiatische Tigermücke (Stegomyia albopicta) aus der Unterfamilie Anopheles, die sich seit den 1990er-Jahren auch in Europa ausbreitet. Die Tigermücke gilt als Überträger der Erreger von Chikungunya- und Denguefieber.