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Zika-Virus

Epidemie in Amerika

03.08.2016  08:47 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Der Erreger, der in Brasilien derzeit am stärksten für Schlagzeilen sorgt, ist das Zika-Virus (ZIKV). Seine rasante Ausbreitung hat die Weltgesundheitsorganisation WHO dazu veranlasst, ihn als internationalen Gesundheitsnotfall einzustufen. Was ist bislang bekannt über den vergleichsweise neuen Erreger?

Bis vor wenigen Jahren rief das 1947 erstmals isolierte Zika-Virus nur sporadisch Erkrankungen in Afrika und Asien hervor. Seit 2007 verursachte es mehrere größere Epidemien unter anderem auf den Yap-Inseln (Mikronesien), in Französisch-Polynesien und auf den Osterinseln. Im Mai 2015 erreichte das Virus Brasilien und breitete sich von dort rasant in Mittel- und Südamerika aus. Insgesamt 29 Länder sind mittlerweile betroffen. Allein in Brasilien infizierten sich Schätzungen zufolge zwischen 440 000 und 1,3 Millionen Menschen. Das berichten Dr. Anna Plourde und Dr. Evan Bloch in einem Übersichtsartikel im Fachjournal »Emerging Infectious Diseases«, in dem sie den aktuellen Forschungsstand zum ZIKV zusammenfassen (DOI: 10.3201/eid.2207.151990).

Das Zika-Virus gehört zur Gattung der Flaviviren, zu dem auch das Dengue-, West-Nil-, FSME- und das Gelbfieber­virus gehören. Das einzelsträngige RNA-Genom umfasst etwa 11 000 Nucleo­tide. Es kodiert für ein Polypeptid, das in die drei Strukturproteine Envelope, Precursor of Membrane und Capsid sowie in sieben Nichtstrukturproteine zerteilt wird.

 

Wie andere Flaviviren wird ZIKV hauptsächlich durch Stechmücken übertragen. Nach dem Stich kann der Erreger über Rezeptoren in Hautzellen gelangen und von dort in die Lymphknoten und das Blutsystem. Hauptüberträger sind Mücken der Gattung Aedes, vor allem Ae. aegypti, aber vermutlich auch Ae. africanus, Ae. hensilli und Ae. albopictus. Die Bedeutung der Art Aedes albopictus, die auch in Südeuropa vorkommt, als ZIKV-Überträger ist bislang unklar, schreiben die Autoren. Allerdings scheint die Art eine wichtige Rolle in einem Zika-Ausbruch in Gabun gespielt zu haben. Die Mücken übertragen das Virus nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern können auch andere Tiere infizieren, die dann als Reservoir für den Erreger dienen. Vermutlich gibt es hiervon eine ganze Reihe, denn Antikörper gegen das Virus wurden in verschiedenen Primaten und weiteren Wild- sowie Haustieren gefunden.

 

Weitere Übertragungswege

 

Neben der Übertragung durch Stechmücken gibt es auch weitere bestätigte Transmissionswege, nämlich während der Schwangerschaft (kongenital), unter der Geburt (perinatal) und sexuell. Weitere Übertragungswege, etwa über Bluttransfusionen oder Tierbisse, sind denkbar, aber nicht belegt.

 

Die Inkubationszeit beträgt drei bis zwölf Tage. Bei etwa 80 Prozent der Infizierten treten keine Symptome auf: Daten aus dem Yap-Ausbruch zeigen, dass etwa 73 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus angesteckt waren, aber nur 18 Prozent der Infizierten Symptome zeigten. Wenn eine Erkrankung auftritt, verläuft diese in der Regel mild und selbstlimitierend. Die Symptome sind unspezifisch. Häufig sind Hautausschläge, erhöhte Temperatur (37,4 bis 38,0 °C), Gelenk-, Muskel- und Kopfschmerzen, Fatigue sowie Bindehautentzündung zu beobachten. Der Ausschlag juckt in der Regel und erscheint am Körperstamm, verbreitet sich dann in Richtung Extremitäten und verschwindet nach ein bis vier Tagen wieder.

 

Komplikationen treten selten auf. Hierzu gehören die autoimmune Nervenerkrankung Guillain-Barré-Syndrom, die tödlich verlaufen kann, sowie die als Mikrozephalie bezeichnete angeborene Schädel- und Gehirnfehlbildung, die bei Kindern beobachtet wird, deren Mütter sich in der Schwangerschaft mit ZIKV infiziert hatten. Mittlerweile gilt als bewiesen, dass der Erreger für die Fehlbildung verantwortlich ist (lesen Sie auch PZ 16/2016, Seite 38). In Brasilien ist seit Ausbruch der Zika-Epidemie die Zahl der Kinder, die mit Mikrozephalie zur Welt kommen, deutlich gestiegen, und zwar von 0,5 auf 20 pro 10 000 Lebendgeburten, heißt es in dem Übersichts­artikel. Laut WHO-Daten wurden dem Gesundheitsministerium in Brasilien vom 22. Oktober 2015 bis zum 2. Juli 2016 insgesamt 8301 Mikrozephalie-Fälle gemeldet, von denen bislang 1656 bestätigt werden konnten. Ein großer Teil der Fälle entsprach nicht der Definition von Mikro­zephalie oder konnte auf nicht infektiöse Ursachen zurückgeführt werden, so die WHO in einem Bericht vom 7. Juli. Etwa 3000 Fälle werden noch untersucht.

 

Da die Symptome einer normalen Zika-Infektion so unspezifisch sind, ist eine klinische Diagnose nicht möglich. Für eine Diagnose ist immer eine Labor­untersuchung notwendig. In der akuten Phase sind PCR-basierte Tests, die das Erregergenom im Serum nachweisen, die Methode der Wahl. Die Testung muss aber in der virämischen Phase stattfinden, wenn sich also Viren im Blut befinden. Diese Phase ist mit fünf Tagen nach Einsetzen der Symptome recht kurz, was dazu führen kann, dass Tests negativ ausfallen, obwohl eine Zika-Infektion vorlag. In diesen Fällen kann bei Verdacht auf Zika-Infektion nach einigen Wochen eine serologische Testung hilfreich sein, um zu einer korrekten Diagnose zu kommen.

 

Impfstoffentwicklung läuft

 

Bislang steht weder eine Impfung noch eine spezifische Therapie zur Verfügung. Die Behandlung besteht aus supportiven Maßnahmen wie Ruhe, ausreichend Flüssigkeit und der Gabe von fiebersenkenden Medikamenten oder Schmerzmitteln. Acetylsalicylsäure und andere nicht steroidale Antirheumatika dürfen wegen der Blutungsgefahr nur eingesetzt werden, wenn eine Dengue-Infektion ausgeschlossen ist. An einem Impfstoff gegen das Zika-Virus wird weltweit gearbeitet. Noch in diesem Jahr sollen klinische Studien mit verschiedenen Kandidaten beginnen (lesen Sie auch PZ 27/2016, Seite 38).

 

In Mittel- und Südamerika hat sich der Erreger rasch ausgebreitet. Eine weitere Verbreitung in bislang nicht betroffene Gebiete, in denen die entsprechenden Überträgerinsekten vorkommen, ist laut dem Übersichtsartikel wahrscheinlich. Dazu tragen vor allem der Flugverkehr und der internationale Handel bei. Dabei könnte die Epidemie in Mittel- und Südamerika ihren Höhepunkt schon überschritten haben, schreiben Forscher um Professor Dr. Neil Ferguson vom Imperial College London in »Science« (DOI: 10.1126/science.aag0219/ 2016). Eine Zika-Infektion hinterlässt nämlich eine lebenslange Immunität gegen den Erreger. Wenn jetzt ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung immun wird, kann sich das Virus nicht weiter verbreiten. Die Forscher rechnen mit einem Ende der Epidemie in den kommenden drei Jahren. /

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