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Hydrocortison

Vertrauen und Vorbehalte

Datum 19.07.2011  13:30 Uhr

Von Elke Wolf / Die Angst vor Nebenwirkungen durch Corticoide ist aus den Köpfen der Anwender kaum wegzubekommen. Dabei bereichert etwa Hydrocortison das Therapiespektrum bei Dermatosen seit Jahrzehnten und überzeugt durch seine Wirksamkeit bei gleichzeitig guter Verträglichkeit. Ein Überblick.

Lokale Corticoide sind die mit Abstand am häufigsten verwendeten Arzneimittel unter den topischen Dermatika. Dabei ist Hydro­cortison dasjenige, das in der Dermatologie am längsten eingeführt ist und zu dem umfangreiche klinische Erfahrungen aus fast 60 Jahren vorliegen. Hydrocortison ist derzeit der einzige Vertreter dieser Substanzklasse, der in bestimmten Konzentra­tionen auch ohne Rezept in der Apotheke erhältlich ist. Dementsprechend hoch ist sein Stellenwert in der Selbstmedikation.

Seit mittlerweile 15 Jahren sind Hydro­cortison und Hydrocortisonacetat zum äußeren Gebrauch in einer Konzen­tration von 0,25 Prozent in Packungs­größen bis zu 50 g sowie seit rund drei Jahren in einer Konzentration von 0,5 Prozent in einer Packungsgröße bis zu 30 g von der Verschreibungs­pflicht freigestellt. In anderen Ländern, so in Skandinavien, sind gar 1-prozentige Hydrocortison-Präparate ohne Rezept erhältlich.

 

Unter Beachtung der Kontraindika­tionen (siehe Kasten) können Apotheker Hydro­cortison-haltige Topika zur Selbstbe­handlung von leichten bis mäßig stark ausgeprägten entzündlichen, allergi­schen oder juckenden Hauterkrankungen empfehlen. Dazu zählen zum Beispiel das Kontaktekzem, der Sonnenbrand oder die Sonnenallergie sowie entzündete Insektenstiche. Dabei genügt es, Hydrocortison-haltige Dermatika ein- bis zweimal täglich aufzutragen. Die Anwendungsdauer sollte bei der 0,25-prozentigen Zubereitung vier Wochen und bei der höher konzentrierten Zubereitung zwei Wochen nicht überschreiten. Die Behandlungsfläche sollte nicht mehr als ein Zehntel der Körperoberfläche ausmachen.

 

Potenter Entzündungshemmer

 

Topische Glucocorticoide greifen breit in das Entzündungsgeschehen des Körpers ein, sodass die fünf Hauptsymptome einer Entzündung, nämlich Rötung, Erwärmung, Juckreiz, Schwellung und Schmerz unabhängig von ihrer jeweiligen Ursache effektiv gelindert werden. Neben dem anti­inflammatorischen Effekt schreibt man Glucocorticoiden auch eine antiproliferative und immunsuppressive Wirkung zu. In Abhängigkeit von der Wirkstärke werden die Cortisol-Abkömmlinge in vier Klassen eingeteilt. Hydrocortison gilt als schwach wirksamer Vertreter. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch steht deshalb vor allem seine entzündungshemmende Wirkung im Vordergrund.

Kontraindikationen

Hydrocortison-haltige Zubereitungen sind nicht geeignet

bei virusbedingte Hauterkrankungen wie Windpocken, Herpes simplex und Herpes zoster

bei Pilzbefall (Mykosen)

bei bakteriellen Hautinfektionen

bei Akne

bei Impfreaktionen

im Augen-, Anal-, Genitalbereich sowie auf den Schleimhäuten

bei Hautentzündungen in Mundnähe (periorale Dermatitis)

auf offenen Wunden

bei entzündlicher Rötung des Gesichts (Rosazea)

bei spezifischen Hauterkrankungen wie Syphillis und Tuberkulose

bei Krätze

bei Kindern unter sechs Jahren

in Schwangerschaft und Stillzeit

 

Hydrocortison bindet an den Gluco­corticoid-Rezeptor in der Zelle und reguliert dann auf DNA-Ebene die Synthese verschiedener Botenstoffe. In der Folge werden die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren aus Mastzellen, eosinophilen Granulozyten und Makrophagen gehemmt, die Bildung proinflammatorischer Zytokine heruntergefahren und die Prostaglandin- und Leukotriensynthese gehemmt. Gleichzeitig werden vermehrt entzündungshemmende Botenstoffe bereitgestellt. Der vaso­konstriktorische Effekt in der Dermis trägt zur Verminderung der Rötung und der Schwellung ebenfalls bei.

 

Für die Penetration in die Haut stellt in erster Linie das Stratum corneum den limitierenden Faktor dar, da es eine Barriere gegen das Eindringen der Corticoide bildet. Dies dauert in der Regel zwischen einer Viertelstunde und zwei Stunden. Die oberen Lagen der Hornschicht speichern das Steroid über längere Zeit und bilden ein Reservoir, aus dem es sukzessive an die Epidermis/Dermis abgegeben wird. Daher reicht im akuten Zustand eine ein- bis zweimal tägliche Applikation aus, um gute Therapieergebnisse zu erzielen. Apotheker können im Beratungsgespräch vermitteln, dass die niedrige Applikationsfrequenz das Risiko für Nebenwirkungen verschwindend gering hält. Hat sich das Hautbild gebessert, trägt man nur noch einmal täglich auf. Anwender sollten sich nach der Applikation die Hände waschen, um zu verhindern, dass das Arzneimittel in die Augen gelangt. Bei akuten Dermatosen kann die Anwendung topischer Corticoide abrupt nach der Abheilung gestoppt werden, während bei chronischen Dermatosen nach dem Absetzen eine Intervalltherapie zur Vermeidung eines Reboundphänomens eingeleitet werden sollte.

 

Die Resorptionsrate ist unter anderem abhängig vom Anwendungssort. Im Gesicht oder in Hautfalten ist die Haut beziehungsweise das Stratum corneum dünner, sodass der Arzneistoff schneller und stärker resorbiert wird. Bei der Frage, wie effektiv und schnell das Corticoid in die Haut eindringt, ist neben der Dicke der Hornschicht das Alter des Patienten entscheidend. So haben Kinder bis zum sechsten Lebensmonat noch keine voll entwickelte Hautbarriere. Deshalb sollte man mit Corticoiden in diesem Alter zurückhaltend sein. Bei älteren Kindern unterscheidet sich dann die Resorptionsrate kaum von der bei Erwachsenen. Allerdings: Da bei Kindern die Körperoberfläche im Verhältnis zum Gewicht größer ist als bei Erwachsenen, steigt bei großflächiger Applikation das Risiko einer systemischen Wirkung. Bei älteren Patienten lässt die Barrierefunktion der Haut häufig nach, sodass auch bei ihnen Corticoide schneller und stärker resorbiert werden.

Auch unter Okklusionsbedingungen steigt die Resorptionsrate erheblich an. Entzündungen in Hautfalten sind daher als Problemzone zu sehen, da Haut auf Haut liegt, was zu einem Okklusions­effekt führt. Im Gesicht und in Hautfalten sollten Steroide daher nur mit Vorsicht zum Einsatz kommen. Meist eignen sich hier 0,25-prozentige Zubereitungen besser als die höher konzentrierte Alternative.

 

Darreichungsform wichtig für Erfolg

 

Eine entscheidende Rolle für den Therapieerfolg spielt die Wahl einer für den jeweiligen Hautzustand geeigneten Grundlage. Die Jahreszeit sowie die Lokalisation des Hautproblems sind dabei zu berücksichtigen. Kosmetisch am besten verträglich sind Cremes. Sie können auch bei leicht nässenden Hautirritationen verwendet werden. Den am stärksten kühlenden Effekt auf der Haut besitzen Sprays. Sie eignen sich für stark juckende, normale bis fettige Haut sowie beim seborrhoischen Ekzem. Auch Entzündung und Juckreiz bei Sonnenbrand lassen sich gut mit einem Spray behandeln. Zudem lassen sich Sprays berührungsfrei und auch auf stark behaarter Haut leicht anwenden. Deutlich fettender sind Salben. Diese kommen deshalb bei sehr trockenen Dermatosen zum Einsatz. In Körperfalten und bei nässenden Hautbeschwerden sind sie wegen der okklusiven Effekte jedoch nicht die richtige Wahl.

 

Corticoidphobie nicht gerechtfertigt

 

Aus Angst vor Nebenwirkungen sehen viele Patienten Corticoide immer noch kritisch. Doch das Risiko für die Entstehung systemischer Nebenwirkungen, wie man sie von oralen Steroiden kennt, ist bei kontrollierter Anwendung sehr gering. In der Literatur wurden sie nur dann beschrieben, wenn hochpotente Glucocorticoide – zu denen Hydrocortison nicht gehört – über einen langen Zeitraum, großflächig oder unter Okklusion angewendet wurden. Für das hohe Sicherheitsprofil des Hydrocortisons spricht auch, dass es in Konzentra­tionen bis 0,5 Prozent aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde.

 

Dennoch: Im Beratungsgespräch sollte man darauf hinweisen, dass bei längerfristiger Applikation über Wochen und Monate Nebenwirkungen an der Haut nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Am häufigsten zeigen sich Hautatrophien. Epidermis und Dermis dünnen aus, und die Haut wird verletzbarer. Außerdem kann es bei längerfristigem Gebrauch zu sichtbaren Erweiterungen der Kapillaren (Tele­angiektasien), zu Dehnungsstreifen auf der Haut (Striae), zu Hypopigmentierungen, zu Steroidakne oder zu krankhaft vermehrter Körperbehaarung (Hypertrichose) kommen. Sämtliche potenziellen Nebenwirkungen sind nicht nur von der Dauer der Anwendung, sondern auch von der Wirkstärke des verwendeten Steroids sowie der Lokalisation der Haut­läsion abhängig. Da Hydrocortison jedoch ein mild wirksames Corticoid und in Präparaten für die Selbstmedikation gering konzentriert ist, tendiert die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen gegen null.

 

Auch Beobachtungen im klinischen Alltag sowie Studienergebnisse können die Befürchtungen der Patienten entkräften. So sprechen für die gute Verträglichkeit von Hydrocortison die Ergebnisse einer Apotheken-gestützten Kohortenstudie.Dabei testeten rund 200 Apothekenkunden und PTA 0,25-prozentige Hydrocortison-Creme (Fenistil® Hydrocort Creme) in der Selbstmedikation bei Entzündungssymptomen der Haut. Die Hydrocortison-Creme überzeugte durch gute Verträglichkeit und Wirksamkeit. Sie linderte bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten die Beschwerden schnell und deutlich. Bereits nach drei bis vier Tagen spürten diese ihre Hauptbeschwerden Juckreiz und Hautrötung nur noch leicht bis kaum noch. Bei mehr als 90 Prozent wurde nach sieben Behandlungstagen eine deutliche Verbesserung von Juckreiz und Hautrötung dokumentiert. Rund 80 Prozent der Patienten beurteilten die Besserung der Entzündungs-Symptome als sehr gut oder gut. / 

Literatur

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