Neue Impfung für Kleinkinder |
26.06.2012 18:22 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, München / Kleinkinder können jetzt schon ab dem ersten Geburtstag mit einem tetravalenten Impfstoff vor Meningokokken-Infektionen geschützt werden. Bislang konnten sie so früh nur gegen Meningokokken der Gruppe C geimpft werden. Der neue Konjugatimpfstoff enthält Polysaccharide der Neisseria meningitidis-Serogruppen A, C, W-135 und Y, die an Tetanustoxoid gekoppelt sind.
Etwa 5 bis 10 Prozent der Menschen beherbergen Meningokokken im Nasen-Rachen-Raum. Doch deutlich weniger als 1 Prozent der exponierten Personen bekommen eine invasive Erkrankung. »Grundsätzlich kann jeder an einer Meningokokken-Meningitis erkranken, doch in erster Linie betrifft sie Säuglinge und Kleinkinder sowie Jugendliche«, berichtete Professor Dr. Markus Knuf, Direktor der Kinderklinik der Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden, bei der Einführungspressekonferenz der tetravalenten Vakzine (Nimenrix™, GSK) in München. Rund 10 Prozent der Patienten sterben an der Infektion. 10 bis 20 Prozent der Überlebenden erleiden erhebliche Komplikationen wie Amputationen, Taubheit oder neurologische Erkrankungen, zum Beispiel Epilepsie.
Von den 13 heute bekannten Serogruppen des Bakteriums Neisseria meningitidis haben fünf bis sechs weltweit die größte Bedeutung als Auslöser schwerer Infektionen. In Deutschland ist die Serogruppe B mit Abstand am häufigsten, gefolgt von C, Y, W-135 und A, informierte der Kinderarzt. Eine invasive Meningokokken-Infektion kann innerhalb weniger Stunden tödlich enden – auch bei einem vorher gesunden Kind. Der neue Impfstoff wirke in allen Altersklassen ab einem Jahr immunogen und löse eine lang anhaltende Immunantwort aus, sagte der Pädiater. Günstig sei, dass er zeitgleich mit vielen anderen Standardimpfungen für Kinder appliziert werden kann, zum Beispiel mit der Vakzine gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen, gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis, gegen Hepatitis A und B oder gegen Influenza.
Die Vakzine eignet sich auch als Reiseimpfung, wenn Menschen Länder besuchen, in denen Meningokokken-Erkrankungen endemisch vorkommen. Beispielsweise sei das Risiko erhöht bei Aufenthalten im sogenannten afrikanischen Meningitis-Gürtel, sagte der Tropenmediziner Professor Dr. Thomas Löscher vom Klinikum der Universität München. Dieser »Gürtel« umfasst die Sahel- und die Subsahara-Zone von Äthiopien bis zum Senegal. In Frankreich wurden von Januar bis April dieses Jahres zwölf Patienten mit W135-Erkrankungen gemeldet; acht von ihnen hätten die Bakterien aus dem Senegal, Mali oder Benin importiert. Vor allem für Personen, die länger im Ausland bleiben oder engen Kontakt zur Bevölkerung haben, zum Beispiel Entwicklungshelfer oder Angehörige der Gesundheitsberufe, empfiehlt Löscher einen Impfschutz. Gleiches gilt für Schüler und Studenten, die in Großbritannien oder den USA lernen wollen.
Für Mekkapilger ist eine tetravalente Impfung seit 2000 vorgeschrieben, informierte Löscher. Diese müsse mindestens zehn Tage vor Einreise erfolgen und gelte drei Jahre. Wie lange der Schutz gegen Meningokokken tatsächlich anhält und wann er aus medizinischer Sicht aufgefrischt werden muss, sei aber unklar. Obwohl der neue Impstoff Tetanustoxoid als Trägerstoff enthält, ersetzt die Impfung keinesfalls eine Tetanusimpfung, warnte der Tropenmediziner. /