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Operationskosten

Auf dem Rücken der Kassen

15.06.2016  09:00 Uhr

Von Jennifer Evans / Etwa 80 Prozent der Deutschen haben dem Statistischen Bundesamt zufolge schon einmal im Leben an Rückenschmerzen gelitten. Manche so stark, dass sie nicht arbeiten konnten. Fehltage oder gar Rücken-Operationen kosten die Krankenkassen jährlich Millionen. Aktuelle Auswertungen belegen nun: In vier von fünf Fällen sind die Eingriffe überflüssig.

Rückenbeschwerden betreffen in Deutschland beide Geschlechter gleichermaßen. Frauen gingen allerdings laut Studien des Robert-Koch-Instituts zwischen 2005 bis 2010 mit ihren Schmerzen häufiger zum Arzt als Männer. Letztere sind wegen ihrer Rückenleiden öfter in stationärer Behandlung und nehmen meist zusätzlich an einer anschließenden Rehabilitation teil. Mit 41 Prozent sind Rückenschmerzen die am häufigsten gestellte Diagnose in der orthopädischen Praxis, bei den Allgemeinmedizinern mit 16 Prozent immerhin die dritthäufigste – das belegte eine Auswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung 2009. Zudem gehen deutschlandweit über 60 Millionen Fehltage zulasten von Rückenleiden, wie aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) hervorgeht. Das Gesundheitsproblem Rücken lag damit im vergangenen Jahr auf Platz drei der Hauptursachen von Krankschreibungen.

Zu viele Operationen

 

Kein Wunder, dass zuletzt auch immer mehr Patienten unters Messer gekommen sind, um ihre Schmerzen loszuwerden. Allein zwischen 2006 und 2014 habe sich die Zahl der Wirbelsäulen-Operationen mit 780 000 bundesweit mehr als verdoppelt. Auch Wirbelsäulenversteifungen stiegen im selben Zeitraum um 83,1 Prozent an, wie die Barmer GEK der PZ bestätigte. Das liegt der Kasse zufolge daran, dass viele Patienten nach Bandscheiben-Operationen innerhalb von ein bis zwei Jahren zusätzlich noch eine Versteifungsoperation erhalten. Die Fallzahlen seien mit deutlich unter 1000 bundesweit gesehen zwar noch gering, die Steigerungsraten von über 150 Prozent seit 2006 jedoch beachtlich, so die Barmer GEK in ihrem Krankenhausreport 2015. Demnach bezahlten die Kassen im Jahr 2014 für die Behandlung von Rückenleiden allein im Krankenhaus 1,25 Milliarden Euro. Die DAK nennt für 2015 eine Ausgabenhöhe von knapp 200 Millionen Euro im Krankenhaus-Bereich. Die AOK nennt der PZ eine Ausgabenhöhe von 676 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

 

Das sind hohe Kosten, die nach Ansicht der Kassen oft vermeidbar wären, wenn Patienten vor einer Operation einen zweiten Arzt befragen würden. Einer Studie der AOK zufolge sind diese Eingriffe in 80 Prozent der Fälle völlig unnötig. »In vier von fünf Fällen konnten die Fachexperten Versicherten der AOK Nordost, die sich im Rahmen unseres strukturierten Versorgungsprogramms eine zweite Meinung eingeholt haben, erst einmal von einer Operation abraten«, sagte Harald Möhlmann, Geschäftsführer Versorgungsmanagement der AOK Nordost.

 

Gesetzlich Versicherte haben seit Inkrafttreten des sogenannten Versorgungsstärkungsgesetzes im Juli 2015 einen rechtlichen Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung. Einige Kassen bieten ihren Mitgliedern diese Möglichkeit aber schon länger an. Wie etwa die TK, die seit 2009 ein Zweitmeinungsverfahren für Rücken-Operationen hat, und damit gut gefahren ist. Laut Klaus Rupp, Leiter des TK-Versorgungsmanagements, ist bei fast neun von zehn Patienten der Eingriff überflüssig und stattdessen mit einer konservativen Behandlung wie etwa Krankengymnastik therapierbar. Grund genug für die Kasse, ab sofort dieses Verfahren ebenfalls auf Schulter-, Hüft- und Knieoperationen auszuweiten.

 

Seit 2013 existiert auch bei der Barmer GEK ein Zweitmeinungsverfahren, um Versicherten bei der Abwägung der Risiken und der Notwendigkeit eines Eingriffs zu helfen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass rund die Hälfte der Rückenpatienten nach der Konsultation auf die Operation verzichteten, weil ihnen anderweitig geholfen werden konnte, heißt es seitens der Kasse auf Anfrage der PZ.

 

Kritisch gegenüber den Rahmenbedingungen des Zweitmeinungsverfahrens zeigt sich die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH). Es gehe für die Kassen neben vordergründigen Qualitätsargumenten auch um das Einsparen von Geld. Daher fordert die Gesellschaft die Einführung eines »strukturierten, objektiven und objektivierbaren« Verfahrens. DGCH-Generalsekretär Hans-Joachim Meyer: »Diese Zweitmeinungen sind durch ausgewiesene, renommierte Experten zu erbringen, die von den zuständigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften als neutrale Gutachter benannt werden.« /

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