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AMG-Novelle

Bundestag besiegelt Boni-Verbot

26.07.2013  13:07 Uhr

Von Stephanie Schersch / Der Bundestag hat das Dritte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (AMG-Novelle) beschlossen und damit das Rx-Boni-Verbot besiegelt. Die Abstimmung verlief allerdings über Umwege.

Die AMG-Novelle sieht eine Klar­stellung im Heilmittelwerbegesetz vor, die Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel eindeutig verbietet. Die schwarz-gelbe Koalition hatte eine entsprechende Regelung zuletzt über einen Änderungsantrag in dem Gesetz verankert.

 

Verschiedene Sichtweisen

 

In der Frage, ob Apotheker bei der Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel Rabatte gewähren dürfen, hatten deutsche Gerichte in der Vergangenheit sehr unterschiedlich geurteilt. So hatte der Bundesgerichtshof 2010 geringfügige Boni aus wettbewerbsrechtlicher Sicht für zulässig erklärt, sofern sie Mitbewerber nicht unsachgemäß beeinträchtigen. Verschiedene Berufsgerichte hatten entsprechende Gutscheinsysteme mit Verweis auf die Arzneimittelpreisverordnung hingegen immer wieder untersagt.

Im Heilmittelwerbegesetz soll es nun in Paragraf 7 Absatz 1 eine Änderung geben, die den Widerspruch zwischen Wettbewerbs- und Berufsrecht endgültig auflöst. Der Paragraf erlaubt bislang grundsätzlich die Zugabe geringwertiger Kleinigkeiten. Über einen Zusatz soll klargestellt werden, dass diese Regelung nicht für Arzneimittel gilt, wenn Zugaben gegen die geltenden Preisvorschriften verstoßen. Kundenzeitschriften und sogenannte handelsübliche Waren sind davon nicht betroffen. Die Grünen halten das für inkonsequent. »Wenn es denn Kundenbindungsmittel gibt, warum sollen nur die einen angewendet werden, und warum sollen die anderen verboten werden«, fragte die Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender. »Das riecht doch sehr nach einer kleinen Gefälligkeitsaktion von Schwarz-Gelb zur politischen Kundenbindung.«

 

Die Abstimmung über die AMG-Novelle sorgte im Bundestag für großen Trubel. Denn anders als ursprünglich geplant, stimmten die Abgeordneten nicht am Donnerstag, sondern erst am Freitag über das Gesetz ab. Der Grund: Am Donnerstagabend waren schlichtweg zu wenige Abgeordnete im Plenum.

 

Hammelsprung im Plenum

 

Offenkundig wurde das, als Jörn Wunderlich von den Linken die Beschlussfähigkeit des Plenums anzweifelte. Er verwies auf die Geschäftsordnung des Bundestags, wonach mindestens die Hälfte der insgesamt 620 Abgeordneten anwesend sein muss, um Gesetze zu beschließen. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) ordnete daraufhin einen sogenannten Hammelsprung an. Dabei verlassen alle Abgeordneten den Saal und treten anschließend durch verschiedene Türen wieder ein – je nachdem, ob sie mit Ja, Nein oder Enthaltung stimmen. Bei der Abstimmung ging es lediglich darum, einen Gesetzentwurf für erledigt zu erklären. Statt der erforderlichen 311 Abgeordneten kamen allerdings nur 268 Parlamentarier zusammen. Die Sitzung wurde daher gegen 21 Uhr vorzeitig beendet.

 

Dass im Bundestag zu später Stunde nur noch wenige Abgeordnete sitzen, ist keine Seltenheit. Dass eine Fraktion deshalb die Beschlussfähigkeit des Plenums infrage stellt, hingegen schon. In der Regel stehen politische Gründe hinter einem solchen Schritt. Möglicherweise wollte die Linkspartei die unmittelbar bevorstehende Abstimmung über die AMG-Novelle platzen lassen, um Schwarz-Gelb einen Dämpfer zu verpassen. Denn Union und FDP hatten in letzter Minute noch eine Änderung in das Gesetz eingebracht, die bei der Opposition auf massive Kritik gestoßen war.

 

Hersteller entscheiden mit

 

Demnach sollen Pharmahersteller bei der Nutzenbewertung künftig mitentscheiden können, gegenüber welcher Therapie sie den Zusatznutzen ihrer Medikamente nachweisen wollen, sofern mehrere gleichwertige Vergleichstherapien zur Verfügung stehen. Bislang mussten die Unternehmen ihre Präparate immer mit der günstigsten Alternativtherapie vergleichen. Die neue flexiblere Regelung soll aus Sicht der Koalition verhindern, dass der Nutzennachweis allein aufgrund fehlender Studiendaten scheitert. Künftig sollen Pharmaunternehmen daher jeweils das Medikament auswählen können, mit dem ihr Präparat bereits in den eigenen Zulassungsstudien verglichen wurde.

 

Auch bei den anschließenden Preisverhandlungen soll diese Vergleichstherapie dann ausschlaggebend sein. Lediglich für Arzneimittel ohne Zusatznutzen wird klargestellt, dass der Erstattungsbetrag nicht über dem Preis der günstigsten Vergleichstherapie liegen darf.

 

SPD-Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler warf Union und FDP vor, Wahlgeschenke zu verteilen. »Sie haben den Aktionären der Pharmakonzerne schnell noch einmal gezeigt, wo sie am 22. September dieses Jahres ihr Kreuzchen machen sollen.« Marlies Volkmer von der SPD rechnet damit, dass die Hersteller künftig immer die teuerste Vergleichstherapie wählen werden. »Die resultierenden Mehrausgaben dürfen die Beitragszahler dann alleine schultern, übrigens ohne dass sich an der medizinischen Versorgung etwas verbessert.«

 

Trotz aller Kritik der Opposition hat der Bundestag die AMG-Novelle mit den Stimmen von Union und FDP am vergangenen Freitag verabschiedet. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen. /

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