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Fußball

Mit dem Medizinmann zum Sieg

15.06.2010  15:09 Uhr

Von Ulrike Abel-Wanek / Wenn in Afrika der Fußball rollt, spielen die Geister mit. Der afrikanische Fußballverband CAF zeigt traditionellen Heilern zwar die rote Karte, dennoch suchen viele Spieler spirituelle Unterstützung bei den teils hoch angesehenen »witchdoctors«.

Magische Mittel aus Löwenfett und Affenpfoten, gesundheitlich nicht ganz unbedenkliche Zaubertränke und Geisterbeschwörungen: Bizarre Rituale und professioneller Fußball internationaler Spitzenclubs sind in Afrika kein Widerspruch. Häufig versichern sich ganze Mannschaften der Hilfe teuer bezahlter »juju men«, das Gros der Trainer duldet diese Praxis, den Offiziellen ist sie zumindest bekannt. Mit »juju« oder »muti« werden im alltäglichen Sprachgebrauch in Afrika Phänomene bezeichnet, die der spirituellen Sphäre und nicht erklärbaren Welt der Geister und Dämonen zugerechnet werden.

Klinsmann glaubte an die Kraft des »Mentaltrainings«, afrikanische Teams schwören auf die Fähigkeiten der »witchdoctors«. Der Wunsch nach mentaler oder auch spritueller Unterstützung hat immer nur ein Ziel: möglichst siegreich vom Platz zu gehen. Seit rund 20 Jahren feiert der afrikanische Fußball große internatio­nale Erfolge, gekickt wird hier aber schon lange. In der Kolonialzeit brachten Briten, Franzosen, Deut­sche, Belgier, Portugiesen oder Italiener die Sportart aus ihren Mutterländern mit in die neue Um­gebung – im Wesentlichen Missionare und die Mitarbeiter der Handelsgesellschaften sowie die Militärs. Heute verschaffen sich die Nationalmannschaften aus Kamerun, Nigeria, der Elfenbeinküste, Ghana und Südafrika bei internationalen Turnieren den Respekt europäischer und südamerikanischer Teams. Und etwas »Voodoo« gehört dazu.

 

Ballzauber mit magischen Mitteln

 

Es ist eine umstrittene, geheimnisumwitterte, aber auch respektierte Berufsgruppe: Männer und Frauen, die sich selbst als traditionelle Heiler, Priesterinnen oder Hexendoktoren bezeichnen. Sangoma und Inyanga sind ihre bedeutendsten Vertreter im Süden Afrikas. 240 Heilpflanzen, ihre Wirkungen und Anwendungsgebiete kennt ein Inyanga am Ende seiner Lehrzeit. Er ist ein Fachmann der Tier- und Pflanzenwelt, der sein Know- how von Grund auf erlernt. Für die britische Kolonialverwaltung Ende des 19. Jahrhunderts war ein Inyanga ein Arzt, zwar ohne akademische Ausbildung im europäischen Sinn, aber durchaus verwandt mit den damals auch in Europa bekannten Heilern und Badern. »Sangoma« hingegen kann man nicht lernen. Sangoma ist man, weil die Ahnen einen dazu berufen. Ein Sangoma lernt von einem erfahrenen Lehrer die Zubereitung von Medizin aus verschiedenen Pflanzen und das Deuten von Träumen ebenso wie er mit der Geschichte, der Mythologie und den Opferzeremonien seiner Ethnie vertraut gemacht wird.

Darüber hinaus beschäftigt sich ein angehender Sangoma aber auch damit, den Gebrauch von Flüchen, Schadzaubern und anderen okkulten Praktiken zu erlernen. Den »Hexendoktor« (witchdoctor) suchen die Menschen auf, wenn sie sich von »Zauber« oder okkulten Mächten bedroht fühlen. Ein Sangoma galt schon bei den Kolonial-Briten als »suspekter Wahrsager«, das aufgeklärte Europa hatte und hat immer noch wenig Verständnis für die Kommunikation mit Geistern. Die ausschließlich westlich-abendländische Perspektive greift aber hier zu kurz.

 

80 Prozent der Südafrikaner suchen, bevor sie daran denken, in ein Krankenhaus zu gehen, ihre hoch angesehenen Medizinmänner und -frauen auf – und diese Tradition macht vor dem Fußball nicht Halt. Schätzungsweise die Hälfte der afrikanischen Fußballprofis vertraut den Diensten der »Sangomas«. Auf rund 200 000 wird die Zahl der Heiler in Südafrika geschätzt. Sie sind per Gesetz den »Kollegen« der westlichen Medizin gleichgestellt und dürfen auch bei der WM ganz offiziell praktizieren – wenn auch nur im Hintergrund. Der afrikanische Fußballverband CAF mit Sitz in Kairo, mit 54 afrikanischen Mitgliedsstaaten der zahlenmäßig größte der insgesamt sechs kontinentalen Verbände unter dem Dach der FIFA, duldet die traditionellen Heiler nicht auf der Trainerbank. Dennoch bleibt die Tatsache, dass – vor allem im subsaharischen Afrika – ein ausgeprägtes Bedürfnis nach spiritueller Sicherheit und magischem Schutz bei vielen Fußballern, aber auch Managern und Trainern besteht. Sangomas helfen dort, wo die Schulmedizin versagt. Spieler, die monatelang verletzt waren, konnten, so wird berichtet, nachdem sie sich bestimmten geheimen Ritualen unterzogen hatten, plötzlich wieder laufen und schießen. »Muti medicine« kommt aber auch im Kampf um den Sieg ins Spiel. Mischungen aus Kräutern, verbrannten Vogelfedern, Schlangenpartikeln und Löwenfett werden an Pfosten geschmiert, damit der Ball dem eigenen Tor fern bleibt. Kompliziert wird es, wenn die magischen Mittel nicht für das eigene Team, sondern – verbotenerweise – gegen eine andere Mannschaft eingesetzt werden. Immer wieder gibt es Versuche von Fans oder Spielern, angebliche Zaubermittel und stinkende Tierteile oder -blut in den gegnerischen Umkleidekabinen zu verschmieren, um die Spieler zu »verhexen« und zu schwächen. Zu 500 US-Dollar Strafe verurteilte der CAF zwei tansanische Spitzenmannschaften, die den Platz im Rausch von Zauber und Gegenzauber mit zerbrochenen rohen Eiern, geheimnisvollen Pulvern und Urin beschmutzten.

 

Glaube gehört zu jeder Kultur

 

Magie ist im afrikanischen Fußball so lebendig, weil sie in weiten Teilen Afrikas eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit ist. »Witchdoctors« und »juju men« gehören zum Alltag vieler Afrikaner. Ahnen und Geister zu verehren und sie für die Sache der Lebenden einzunehmen, erscheint einer breiten Bevölkerungsschicht als Realität. Warum nicht versuchen, sich die Kraft eines Löwen zu verschaffen, indem man sich mit Löwenfett einreibt? Der Glaube an magische Mittel sitz tief. Und klappt es mal nicht mit dem Gewinnen auf dem Platz, hat er auch eine ganz pragmatische Seite: Dann waren eben die Geister schuld. /

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