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Arzneimittel-Report

Barmer GEK nimmt Apotheker ins Visier

15.06.2010  19:30 Uhr

Von Nils Franke, Berlin / Die Barmer GEK wettert gegen die geplante Mehrkostenregelung und fordert einen höheren Apothekenrabatt. Einmal jährlich stellt die Kasse einen Arzneimittel-Report vor und benennt mutmaßliche Kostentreiber. Die Apotheker kamen dieses Jahr gleich mehrfach schlecht weg.

Die Barmer GEK hat die Bundesregierung dafür kritisiert, den Apotheken zu erlauben, auf Wunsch des Versicherten auch ein teureres als ein Rabattarzneimittel abzugeben. Diese geplante Mehrkostenregelung sei »schlecht und ungerecht« für die Versicherten, sagte der stellvertretende Vorsitzende der größten Kasse in Deutschland, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, in Berlin. »Wir betrachten das als Gift.«

Die Versicherten seien auf die Bera­tungskompetenz des Apothekers angewiesen, erklärte Schlenker, »und da besteht natürlich schon die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen.« Medizinisch gebe es bei wirkstoffglei­chen Präparaten keinen Grund für den Austausch. Bei den Kassen entstehe unnötig Bürokratie. Wenn der Versicherte mit seiner Rechnung komme, müsse er schauen, wie viel ein Rabattarzneimittel koste und welche Abschläge anfielen.

 

Sorge vor zu viel Transparenz

 

Letztlich gefährde die Mehrkosten­regelung die Rabatt­systematik insgesamt. »Die Preise werden dadurch transparent. Wir können den Herstellern außerdem keine Umsatzgarantie mehr geben.« Schlenker forderte ein weiteres Sparpaket, das vor allem auch die Apotheken ins Visier nehmen soll. »Wir möchten, dass der Apothekenrabatt mindestens wieder auf die alte Höhe kommt, also 2,30 Euro anstatt der gerichtlich festgelegten 1,75. Das kostet uns immerhin 300 Millionen Euro«, sagte er. Auch Ärzte und Kliniken seien zu beteiligen. »Bis hin zu einer Absenkung des Preisniveaus.«

 

Insgesamt sei die bisherige Kostendämpfungspolitik der Bundesregierung »sehr zu begrüßen«. Abgesehen von der Mehrkostenregelung habe er »Lob, Lob, Lob«, sagte Schlenker. Insbesondere bei den Spezialpräparaten erhofft sich die Kasse einen Effekt der neuen Preisregulierung. Deren Kosten seien um 15 Prozent oder 1,3 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Zwar habe man sich eine echte vierte Hürde gewünscht, also eine Kosten-Nutzen-Bewertung bereits während der Zulassung. Aber die neuen Verhandlungen seien ebenfalls geeignet. Insbesondere weil für die Schiedsstellen beim Scheitern der Verhandlungen nun der durchschnittliche europäische Preisschnitt als Maßstab fungiere.

 

Professor Dr. Gerd Glaeske forderte, die Abrechnung der Apotheken genauer zu überwachen. Glaeske hat die Daten der Barmer GEK am Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen ausgewertet und stellte den Report gemeinsam mit der Kasse vor. Die Ausgaben für Zytostatika seien dramatisch gestiegen, in der GKV insgesamt um 30 bis 40 Prozent. Grund sei auch die komplizierte Abrechnung. Oftmals könne die Apotheker Roh-Arzneimittel nur in bestimmten Größen kaufen. Von beispielsweise 3,6 Milligramm brauche sie vielleicht nur 1,5 Milligramm. Sie rechne dann die gesamte Menge ab und könne den Rest wegschmeißen – oder diesen für einen anderen Auftrag verwenden, behauptete Glaeske. »Dann rechne ich zweimal diese 3,6 Milligramm ab, relativ teuer, und habe sozusagen den doppelten Gewinn«, erläutert Glaeske. »Das passiert eben ständig und gängig.«

 

Aus den bislang übermittelten Daten sei nicht abzulesen, ob die zweite Hälfte einer angebrochene Menge ein zweites Mal bei einer anderen Kasse abgerechnet werde. »Ich bin sicher, dass man manches nur in einer Gesamtbetrachtung der Herstellung von Zytostatika erkennen könnte.«

 

Am Arzneimitteneuordnungsgesetz der Bundesregierung vermisst Glaeske Impulse über Kosten-Nutzen-Bewertungen hinaus. Das Gesetz gehe nicht auf den Trend ein, dass immer mehr gentechnische Biologicals auf den Markt kämen. Biologicals seien Solisten. Die 2,5 Prozent der Verordnungen machten mittlerweile 26 Prozent der Kosten aus. Die Zeit der chemisch synthetisierten Mittel sei um. Sie seien relativ einfach herzustellen gewesen, und es habe viele Me-too-Präparate gegeben. »Das bedeutet aber auch, wir kommen weg von der Möglichkeit, im Rahmen der Kosten-Nutzen-Bewertung Vergleiche zu ziehen.«

 

Glaeske forderte außerdem eine höhere Quote für Generika. Im Moment seien 82 Prozent erreicht. 90 Prozent seien denkbar. Darin liege ein Einsparpotenzial von 1,5 bis 2 Milliarden Euro. Der Branchenverband Pro Generika zeigte sich erfreut, dass dieser Vorschlag Anklang gefunden habe. Generika seien das Rückgrat der Arzneimittelversorgung, sagte Geschäftsführer Peter Schmidt. Die zwanzig am häufigsten verordneten Mittel bei der Barmer GEK seien heute fast ausschließlich Generika. /

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