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Compliance

Wenn der Blister zweimal klingelt

10.06.2008  16:40 Uhr

Compliance

<typohead type="3">Wenn der Blister zweimal klingelt

Von Martina Janning, Berlin

 

Ein Hauptgrund, warum Patienten verordnete Arzneimittel nicht einnehmen, ist Vergesslichkeit. Verpackungen, die Signale senden und Patientenschulungen können die Compliance verbessern. Ob Verblistern dabei helfen kann, ist umstritten.

 

Schon vor 2400 Jahren konstatierte Hippokrates, dass Patienten oft nicht die Wahrheit sagen, wenn sie behaupten, ihre Arzneimittel regelmäßig eingenommen zu haben. Daran hat sich bis heute ebenso wenig geändert wie an den Folgen: Nicht genommene Medikamente können keine Wirkung entfalten. Dabei kann mangelnde Therapietreue sehr unterschiedliche Formen annehmen, wie Professor Dr. Rainer Düsing beim Hauptstadtkongress illustrierte. Lösungsansätze müssen dies berücksichtigen.

 

Weißkittel-Compliance

 

Am häufigsten nehmen Patienten ihre Medikamente zu früh oder zu spät, berichtete der Oberarzt an der Medizinischen Poliklinik des Universitätsklinikums Bonn. Sehr verbreitet ist auch das Auslassen von einer oder zwei Dosen. Bei den sogenannten Drug-Holidays unterbricht der Patient die Tabletteneinnahme sogar für mehrere Tage und nimmt seine Arznei anschließend weiter. »Ein klassisches Verhalten ist, dass Patienten verordnete Medikamente am Tag des Arztbesuches nehmen«, beschrieb Düsing die »Weißkittel-Compliance«. Zwischen den Arztterminen nimmt die Compliance dann deutlich ab. Daneben gibt es das komplette Unterbrechen der Medikamenteneinnahme. Etwa 5 Prozent der Patienten lösten ein Rezept nicht ein, berichtete der Mediziner. Doch diese Non-Persistenz gehöre im engeren Sinne nicht zur Non-Compliance, und ihre Motive lägen weitgehend im Dunkeln.

 

Mehr ist darüber bekannt, warum Menschen verordnete Medikamente unregelmäßig einnehmen. Über 40 Prozent der Fälle sind laut Düsing auf Vergesslichkeit zurückzuführen. Diese Quote steigt mit dem Lebensalter – auch weil ältere Patienten oft bis zu sechs und mehr Arzneimittel einnehmen, Produkte zur Selbstmedikation noch nicht mitgerechnet.

 

Möglichkeiten, »die Vergesslichkeit zu attackieren«, sieht der Hypertonie-Experte in interaktiven Verpackungen, die zum Beispiel durch akustische Signale darauf aufmerksam machen, dass es Zeit fürs Einnehmen der Medikamente ist, sowie in Patientenschulungen. Allerdings zeigten Erfahrungen mit Diabetikern, dass der Effekt von Aufklärung und Training nur knapp vier Monate vorhält, berichtete Düsing. Dann müsse die Schulung aufgefrischt werden.

 

Ein weiterer Weg, das Einnehmen von Arzneien nicht zu vergessen, ist für Düsing die Verblisterung von Medikamenten. Eine finnische Studie unterstützt ihn. Sie zeigt, dass individuell für den Patienten neu verpackte Arzneimittel die Compliance erhöhen. So könnten die Kosten für nicht eingenommene Medikamente um die Hälfte reduziert werden, sagte Professor Dr. Peter Heydebreck von der Universität Linköping in Schweden auf dem Hautstadtkongress. Zugleich verzögere eine individuelle Verblisterung den Umzug alter Menschen in ein Heim und ermögliche es ihnen, länger zu Hause leben zu können.

 

Verblisterung umstritten

 

Eine dänische Studie ergab ferner, dass die Zahl der Krankenhausaufenthalte durch Verblisterung um die Hälfte sinkt und deren Dauer um rund ein Drittel abnimmt. Heydenbreck: »Wenn wir die Erfahrungen aus Skandinavien auf Deutschland übertragen, haben wir allein durch reduzierte und verminderte Klinikaufenthalte eine Kostenersparnis von drei Milliarden Euro im Jahr.«

 

Jedoch ist Verblisterung kein Königsweg zu einer umfassenden Versorgung, wie der Volkswirtschaftler Malte Wolff auf der Phamarcon Meran betont hatte. Ein saarländisches Modellprojekt in Pflegeheimen zeigte, dass nur knapp 30 Prozent der ärztlich verschriebenen Medikation verblistert werden konnten. Der Rest gehörte zur Bedarfsmedikation, hatte keine feste orale Darreichungsform, war nicht blisterfähig oder nicht im Sortiment des verblisternden Unternehmens. Eine Untersuchung von Professor Dr. Eberhard Wille, Mannheim, zeigte zudem, dass sich das Neuverblistern aus medizinischen und ökonomischen Gründen nur für eine kleine Gruppe von Patienten lohne. Diese zu identifizieren sei aber kaum möglich.

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