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Statine

Muskelschmerzen als Nocebo-Effekt

06.06.2017  14:49 Uhr

Von Daniela Hüttemann / Muskelschmerzen gelten als eine der bekanntesten Nebenwirkungen von Statinen. In den Beipackzetteln werden sie dosis- und substanzabhängig als seltene bis häufige Nebenwirkung aufgeführt. Eine neue Analyse weist jedoch darauf hin, dass Myopathien nur häufiger als unter Placebo auftreten, wenn der Patient auch weiß, dass er ein Statin einnimmt.

Wissenschaftlern um Ajay Gupta vom Imperial College in London war auf­gefallen, dass in verblindeten rando­misierten Studien mit Statinen über deutlich weniger Nebenwirkungen berichtet wurde als in Beobachtungsstudien. Sie werteten nun die Daten der ASCOT-Studie diesbezüglich neu aus und veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal »The Lancet« (DOI: 10.1016/S0140-6736(17)31075-9).

 

In der ersten Phase der Studie erhielten rund 10 000 Patienten im Alter von 40 bis 79 Jahren mit Bluthochdruck und mindestens drei weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren über mehr als drei Jahre entweder einmal täglich 10 mg Atorvastatin oder Placebo. Weder Arzt noch Patient wussten, wer Verum und wer Placebo bekam. In dieser Phase traten muskelbezogene Nebenwirkungen mit einer Rate von 2,03 Prozent beziehungsweise 2,00 Prozent pro Jahr auf – kein signifikanter Unterschied. In den folgenden drei Jahren konnten dieselben Patienten bewusst Atorvastatin einnehmen, wofür sich 65 Prozent entschieden, während die anderen Teilnehmer auf ein Statin verzichteten. Jetzt berichteten 1,26 Prozent der Patienten mit Statin pro Jahr über Muskelbeschwerden gegenüber 1,00 Prozent in der Vergleichsgruppe.

 

Die Forscher erklären sich den dieses Mal signifikanten Unterschied mit dem Nocebo-Effekt. Sie folgern, dass Muskelschmerzen bei Patienten unter Statin-Therapie vermutlich häufig auf andere Ursachen zurückzuführen sind. »Angesichts der Tatsache, dass Statine zu den besten evidenzbasierten lipidsenkenden Therapien gehören, die für viele Patienten verfügbar und geeignet sind, ist die Prävention von Unverträglichkeiten von größter Bedeutung«, schreiben Dr. Juan Pedro-Botet und Dr. Juan Rubiés-Prat von der Universitat Autònoma de Barcelona in einem begleitenden Kommentar (DOI: 10.1016/S0140-6736 (17)31163-7). »Ärzte sollten ihre Patienten auf mögliche Statin-assoziierte Nebenwirkungen aufmerksam machen, ohne eine negative Erwartungshaltung aufzubauen.« Für einige Patienten mit Muskelbeschwerden unter Statin-Therapie könnten niedrigere Dosen, ein längeres Dosisintervall oder alternative Statine infrage kommen.

 

Für andere unerwünschte Arzneimittelwirkungen der Statine wie erektile Dysfunktion und kognitive Störungen fanden die Forscher keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen wissentlicher und verblindeter Statin-Einnahme. Obwohl auch Schlafstörungen im Beipackzettel gelistet sind, traten diese unter Verum sogar etwas seltener auf, was trotz Signifikanz ein Zufallsbefund sein könnte. Den Nocebo-Effekt bezüglich der Muskelbeschwerden führen die Kommentatoren unter anderem auf die große mediale Präsenz dieser Nebenwirkung zurück. /

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