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Tierhaltung

EMA will Colistin-Einsatz beschränken

07.06.2016  15:52 Uhr

Von Annette Mende / Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) will dafür sorgen, dass der veterinärmedizinische Einsatz des Antibiotikums Colistin in Europa drastisch zurückgefahren wird. Damit soll einer Ausbreitung von Resistenzen gegen das Polymyxin vorgebeugt werden.

Ein Expertengremium der EMA legte kürzlich eine aktualisierte Empfehlung zum Einsatz von Colistin bei Nutztieren vor, die bis zum 26. Juni kommentiert werden kann. Der Entwurf sieht vor, die Verbrauchsmenge von Colistin auf maximal 5 mg pro PCU (Population Correction Unit) festzusetzen. PCU ist eine Maßzahl, die aus der Gesamtbiomasse von Nutztieren in einem Land errechnet wird. 1 PCU steht für 1 kg eines lebenden oder geschlachteten Tieres. Wie die EMA mitteilt, soll es den EU-Mitgliedstaaten freistehen, individuell niedrigere Grenzwerte für den Verbrauch festzusetzen, etwa unter 1 mg/PCU.

 

Übertragbares Resistenzgen

 

Die EMA sah sich zu diesem Schritt durch das Auftauchen des Colistin- Resistenzgens MCR-1 genötigt. MCR-1 liegt auf einem Plasmid und kann dadurch leicht von einem Bakterium auf ein anderes übertragen werden. Es wurde zuerst bei Enterobakterien in China nachgewiesen, dann in Europa und mittlerweile auch in den USA.

 

Die Entwicklung ist besorgniserregend, denn Colistin stellt bei Menschen ein Reserveantibiotikum dar. In der Tierhaltung ist der Verbrauch in den vergangenen Jahren dagegen stetig gestiegen, was unter anderem wachsenden Resistenzen gegen andere Antibiotikaklassen geschuldet ist. Heute gehört Colistin laut EMA zu den fünf am häufigsten bei Tieren eingesetzten Anti­biotika in der EU.

 

Nach dem Willen der EMA soll Colistin nun auch in der Veterinärmedizin als Reserveantibiotikum eingestuft werden. Das bedeutet, dass es nur noch dann eingesetzt werden darf, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Die Behörde betont, dass die Einsparungen beim Colistin nicht zu einem Mehrverbrauch anderer Antibio­tika führen sollen. Stattdessen sollten allgemeine Maßnahmen wie verbesserte Haltungs- und Mastbedingungen sowie Impfungen greifen. Angesichts des Konkurrenzdrucks in der modernen Fleischproduktion dürfte das allerdings ein frommer Wunsch bleiben. /

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