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Kopfpauschale

Aus für Röslers Pläne

08.06.2010  17:30 Uhr

Von Uta Grossmann und Stephanie Schersch / Der Bundesgesundheitsminister ist mit seinem Modell einer Kopfpauschale am Widerstand der CSU gescheitert. Nun soll er ein neues Konzept vorlegen. Das sieht höhere Belastungen für die Versicherten vor: Der schon jetzt von einigen Krankenkassen erhobene Zusatzbeitrag wird auf 15 bis 20 Euro erhöht.

Dafür will Philipp Rösler die bislang geltende Regelung ändern, nach der bis zu 8 Euro Zusatzbeitrag ohne Einkommensprüfung erhoben werden dürfen und die Höchstgrenze auf 1 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens gedeckelt ist. Der Zusatzbeitrag wird allein von den Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt, die Arbeitgeber sind außen vor. Rösler hatte ursprünglich geplant, eine Zusatzprämie in Höhe von 30 Euro einzuführen. Um Geringverdiener zu entlasten und den Sozialausgleich zu finanzieren, wurde eine Beitragsstaffelung in Aussicht gestellt. Zudem wollte er den Arbeitgeberanteil um 0,3 Prozentpunkte anheben.

Doch dieses Konzept konnte der Minister nicht durchsetzen. Schuld daran ist vor allem die CSU, die Rösler ihre Zustimmung verweigerte. Die Parteivorsitzenden der Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP haben daraufhin beraten und Vorgaben für Röslers Ministerium festgelegt. Das Ergebnis: Die Umstellung der GKV-Finanzierung auf eine Kopfpauschale wie Rösler sie ursprünglich geplant hatte, ist vom Tisch. Stattdessen muss der Minister nun 4 Milliarden Euro in seinem Haushalt einsparen und wird daher den Zusatzbeitrag »weiterentwickeln«, wie er in einem Statement der Hauptstadtpresse mitteilte. Damit soll das für 2011 erwartete Defizit bei den Krankenkassen von 11 Milliarden Euro ausgeglichen werden.

 

Für den erhöhten Zusatzbeitrag soll es einen Sozialausgleich geben, damit untere Einkommen nicht zusätzlich belastet werden. Wie der Ausgleich aussehen soll, dazu will das Bundesgesundheitsminis­terium (BMG) »in den nächsten zwei Wochen« ein Modell entwickeln. Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP haben zusätzliches Steuergeld in Höhe von 2 Milliarden Euro zugesagt, so Rösler. Er will damit sein Versprechen einlösen, einen – ursprünglich für die Kopfpauschale versprochenen – Sozialausgleich aus Steuergeld zu finanzieren.

 

Wo genau die 4 Milliarden Euro gespart werden sollen, dazu äußerte sich der Minister nicht. Mit Blick auf die CSU zeigte er sich empört darüber, dass »eine Partei, die Mitglied der Bundesregierung ist, nicht bereit ist, sich der Verantwortung zu stellen, die man als Regierungspartei hat«. Er selbst will sich dieser Verantwortung weiterhin stellen. Auf die Frage, ob er an Rücktritt gedacht habe, antwortete er mit seinem Lieblingsspruch: »Der Bambus wiegt sich im Wind, aber er bricht nicht.«

 

Seine Parteikollegen machten ihrem Ärger über die CSU dagegen sehr viel deutlicher Luft. Daniel Bahr, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, sagte, die CSU sei »als Wildsau aufgetreten« und habe sich »nur destruktiv« gezeigt. FDP-Generalsekretär Christian Lindner bescheinigte CSU-Chef Horst Seehofer »ein persönliches Trauma«, in Anspielung auf Seehofers Niederlage vor sechs Jahren, als Angela Merkel und Edmund Stoiber über seinen Kopf hinweg einen Kompromiss zur Gesundheitsprämie vereinbart hatten. Nun müssten die 70 Millionen gesetzlich Versicherten an seiner »Traumatherapie« teilnehmen, so Lindner.

 

Die Reaktion aus Bayern kam prompt. Bei der FDP seien offenbar »zwei Sicherungen durchgeknallt und die heißen Bahr und Lindner«, meldete sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zu Wort. Überhaupt sei die FDP eine »gesundheitspolitische Gurkentruppe«. In der Tat verhalten sich CSU und FDP immer mehr »wie kleine Kinder«, beklagt auch Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU. »Und langsam fangen sie mit ihrem Geschrei an zu nerven, die Kleinen.« / 

Kommentar: Wildsau gegen Gurkentruppe

Der Streit zwischen CSU und FDP eskaliert. Erst bescheinigt Staatssekretär Daniel Bahr (FDP) dem Koalitionspartner CSU, er sei wie eine »Wildsau« aufgetreten. Dann kontert CSU-Generalsekretär Alexander Donbrindt, die FDP sei eine »Gurkentruppe«. Auf die intrakoalitionäre Diskussion über die Gesundheitsprämie wirft dies ein erbärmliches Licht. Hier geht es schon lange nicht mehr darum, nach welchem Schlüssel die Krankenkassen das Geld bekommen, das sie zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung benötigen. Der Streit um die Gesundheitsprämie ist für CSU und FDP ein Stellvertreterkrieg um den zweiten Platz in der Regierungskoalition geworden. Was Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will, lehnen CSU-Chef Horst Seehofer und Gesundheitsminister Markus Söder reflektorisch ab. Um die Sache geht es dabei schon lange nicht mehr. Für das Gesundheitswesen ist das fatal. Es gibt keine Verständigung über dessen Finanzierung. Und das bei einem sich abzeichnenden Milliardenloch in den GKV-Finanzen. Für Versicherte, Arbeitgeber, Ärzte oder Apotheker ist diese Situation unerträglich. Statt nun über Begriffe zu streiten, sollten sich die beiden kleinen Koalitionsparteien schnell in der Sache verständigen. Wildschweine gelten im übrigen als kluge Tiere.

 

Daniel Rücker

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