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Antibiotika

Therapie nach rationalen Kriterien

27.05.2008  16:42 Uhr

Pharmacon Meran 2008

<typohead type="3">Antibiotika: Therapie nach rationalen Kriterien

Wenn ein Patient sein Antibiotikum kürzer einnimmt als verordnet, gefährdet dies vielleicht den Therapieerfolg, erhöht aber nicht den Selektionsdruck auf die Bakterien. In Studien konnte nicht gezeigt werden, dass eine kürzere Therapie die Resistenzbildung fördert, sagte Dr. Eva Susanne Dietrich.

 

Sicher sei dagegen, dass der breite Einsatz von Antibiotika die Keime widerstandsfähiger macht, erklärte Dietrich, Leiterin des Wissenschaftliches Instituts der TK, Hamburg. In Ländern mit hohem Verbrauch, zum Beispiel Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland und Italien, sind bis zu 50 Prozent der Staphylococcus-aureus-Stämme gegen Methicillin resistent. In Deutschlands Kliniken liegt die MRSA-Rate bei 20 Prozent.

 

MRSA-Keime widerstehen vielen etablierten Antibiotika und erfordern eine Spezialbehandlung. Daher ist die stationäre Gesamttherapie eines Patienten mit MRSA-Erkrankung laut einer Studie um etwa 20.000 Euro teurer als bei Besiedlung mit empfindlichen Staphylokokken, berichtete Dietrich. In einigen Ländern werden Patienten bei der stationären Aufnahme auf den Problemkeim getestet. Dies koste etwa 5 Euro pro Patient. Mit antiseptischen Ganzkörperwaschungen und Sanierung der Nasenflora könne der Problemkeim eliminiert und die Ansteckungsgefahr für immungeschwächte Mitpatienten reduziert werden, erklärte die Apothekerin.

 

Nicht nur Staphylokokken, auch Enterokokken und gramnegative Keime können sich wehren. Ein weltweites Problem sind multiresistente Tuberkelbakterien, die auf Standard-Tuberkulostatika nicht mehr ansprechen.

 

Generell sollte man hinterfragen, bei welchen Krankheitsbildern Antibiotika überhaupt nötig sind, forderte die Referentin. Die Hälfte der Harnwegsinfekte heile spontan; bei Otitis media erfahre nur eines von 17 Kindern eine Schmerzlinderung durch Antibiotika und bei viralen Infekten würden sie ohnehin nicht helfen.

 

Neue Antibiotika sind dringend nötig, um den Superkeimen zu begegnen. In der ambulanten Therapie gebe es wenig Fortschritt. Moxifloxacin stufte Dietrich als Reservemittel ein, Telithromycin als »Pseudoinnovation«. Mit Retapamulin, einem Pleuromutilin-Derivat, kam 2007 erstmals seit 20 Jahren eine neue Klasse topischer Antibiotika auf den Markt. Es wirkt bakteriostatisch gegen grampositive und -negative Keime und sei bei Grindflechte, Haut- und Weichteilinfektionen hilfreich. Bislang sind keine Resistenzen bekannt.

 

Im stationären Bereich haben MRSA-aktive Antibiotika Vorrang. Linezolid, der erste Verteter der Oxazolidinone, ist hochwirksam gegen MRSA und Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE), wirkt aber nur bakteriostatisch und schwach gegen gramnegative Keime. »Es ist ein Reservemittel für schwerstkranke Patienten«, sagte Dietrich. Als »echte Weiterentwicklung der Tetracycline« stellte sie Tigecyclin vor. Das Glycylcyclin wirkt gegen hoch resistente Bakterien wie MRSA, VRE und Penicillin-resistente Pneumokokken sowie gegen Klebsiellen und E. coli, aber nicht gegen Pseudomonas aeruginosa.

 

In diesem Jahr wird die Zulassung des Trimethoprim-Analogons Iclaprim erwartet, das bakterizid gegen grampositive und -negative Keime wirkt. In Studien war es bei komplizierten Hautinfektionen vergleichbar gut wirksam wie Vancomycin und Linezolid. Bei Abszessen, Geschwüren und Verbrennungswunden half es in einer Phase-II-Studie vergleichbar gut wie Vancomycin. Die perorale Gabe sei möglich, aber man erwarte die Zulassung zunächst für die parenterale Gabe, sagte Dietrich.

 

Ceftobiprol sei das erste Cephalosporin gegen MRSA. Das Dossier zu Ceftobiprol wurde im vergangenen Sommer bei der EMEA eingereicht. Die Zulassung wird für die intravenöse Behandlung schwerer Haut- und Weichteilinfektionen angestrebt. Das Antibiotikum richtet sich gegen ein breites Spektrum an grampositiven und -negativen Bakterien, war jedoch unwirksam gegen Keime, die Breitspektrum-Betalactamasen (ESBL) bilden.

 

Im Zulassungsverfahren befindet sich auch Doripenem aus der Gruppe der Carbapeneme, das bei komplizierten Infekten im Bauchraum, an Nieren und Harnwegen eingesetzt wird. Bekannt ist eine Kreuzresistenz zu Imipenem und Meropenem.

 

Um der Resistenzen Herr zu werden, müsse der Antibiotika-Gebrauch eingedämmt werden, forderte Dietrich. Die stationäre Therapie müsse nach rationalen Kriterien erfolgen; liegt ein Antibiogramm vor, sollte der Arzt einen Wirkstoff mit schmalem Spektrum auswählen. Dringend plädierte die Apothekerin dafür, die Hygienerichtlinien im Krankenhaus zu verschärfen, da MRSA vor allem über Hände und Gegenstände übertragen werden. Im ambulanten Sektor dürften Antibiotika nur zeitlich begrenzt und gezielt verordnet werden. Aufgabe des Apothekers sei eine gute Beratung, denn diese »reduziert Kosten bei gleicher Qualität«.

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