Das Hepatitis-ABC |
27.05.2008 16:42 Uhr |
<typohead type="3">Leberentzündung: Das Hepatitis-ABC
Die häufigsten Formen der Virushepatitis werden mit den Buchstaben A, B und C abgekürzt. Über die Heilungschancen, die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten der chronischen Hepatitis B und C sowie neue Arzneistoffkandidaten informiert der folgende Artikel.
Oft werden im täglichen Sprachgebrauch viele verschiedene Erkrankungen schlicht als Hepatitis bezeichnet. Das ist aber nur der Oberbegriff, der alle entzündlichen Erkrankungen der Leber zusammenfasst. Diese können zum Beispiel durch Giftstoffe, Autoimmunerkrankungen, vor allem aber durch Viren verursacht werden. Fünf Virustypen stehen dabei im Vordergrund. Diese werden mit den Buchstaben A, B, C, D und E abgekürzt. Anders als eine Hepatitis A oder E kann eine Hepatitis B, C oder D chronisch verlaufen.
Rund jeder Fünfte kommt einmal im Leben mit Hepatitis-B-Viren in Kontakt. Glücklicherweise ist die Spontanheilungsrate sehr hoch, nämlich etwa 95 Prozent. Die übrigen 5 Prozent entwickeln eine chronische Verlaufsform der Hepatitis-B-Infektion. In Deutschland leben etwa 500.000 Patienten mit einer chronischen Hepatitis B. Sie haben ein hohes Risiko, im Laufe von Jahren (oder auch Jahrzehnten) an Komplikationen wie Leberzirrhose oder Leberkrebs zu erkranken. »Nur 15 Prozent aller diagnostizierten Patienten erhalten eine medikamentöse Therapie«, machte Professor Dr. Thomas Berg vom Universitätsklinikum Charité in Berlin auf Missstände (auch in Deutschland) aufmerksam. Er wies jedoch auch darauf hin, dass nicht alle Betroffenen behandelt werden müssen. Sogenannte inaktive Virusträger haben ein minimales Progressionsrisiko. Diese Patienten gelte es lediglich sorgfältig zu beobachten.
Doch welche Patienten müssen nun behandelt werden? Auf die Transaminasen-Werte allein könne man sich nicht verlassen. Der beste Parameter, um zu entscheiden, ob eine Behandlung nötig ist oder nicht, sei die Viruslast. Kandidaten für eine antivirale Therapie weisen mehr als 10.000 Viruskopien pro Milliliter Blut auf.
»Glücklicherweise haben sich die therapeutischen Möglichkeiten bei chronischer Hepatitis B in den vergangenen Jahren erheblich verbessert«, sagte Berg. Inzwischen sind sieben Arzneistoffe zur Behandlung der chronischen Hepatitis B zugelassen: Standard-Interferon-α und pegyliertes Interferon-α-2a sowie die Nukleosid- beziehungsweise Nukleotidanaloga Lamivudin, Telbivudin, Adefovir-Dipivoxil, Entecavir und seit Kurzem auch Tenofovir.
»Knapp ein Drittel aller Patienten spricht auf Interferon an«, informierte der Mediziner. Vorteile dieser Therapie sind die definierte Behandlungsdauer und das Ausbleiben von Resistenzen. Für eine Dauerbehandlung sei Interferon aufgrund des Nebenwirkungsspektrums aber nicht geeignet. Weitere Nachteile sind die subkutane Injektion sowie der Ausschluss bei Leberzirrhose. Die Nukleosid- und Nukleotid-analoga können dagegen auch bei Leberzirrhose gegeben werden, sind oral verfügbar und haben weniger Nebenwirkungen. Allerdings drohen Resistenzen, und die Therapie dauert deutlich länger.
»Je stärker die Viruslast unter der Therapie gesenkt wird, desto mehr geht die Entzündung in der Leber zurück«, sagte Berg. Sogar die Reversion einer Fibrose oder Zirrhose sei möglich. Ziel der Behandlung ist laut Berg die Kontrolle der Hepatitis-B-Infektion. Eine Eradikation des Erregers gelinge dagegen nur selten.
Im Gegensatz zur Hepatits-B-Infektion kommt es nach einer Infektion mit Hepatitis-C-Viren deutlich seltener zur Spontanheilung. Im Gegenteil: In 70 bis 80 Prozent erfolgt die Chronifizierung. Anders als bei Hepatitis B hängt die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen wie Zirrhose oder Karzinom nicht von der Viruslast ab. Das Therapieziel bei einer Hepatitis-C-Infektion ist die Heilung. Standardtherapie ist die Kombinationstherapie mit pegyliertem Interferon-a und Ribavirin. »Damit ist je nach virologischer Ausgangssituation eine Heilungsrate von 50 bis 90 Prozent möglich«, sagte Berg. Die Heilungschance hänge ganz entscheidend vom vorliegenden Virus-Genotyp ab. Während diese bei Typ 2 und 3 zwischen 80 und 90 Prozent liegt, beträgt sie bei Typ 1 nur 40 bis 50 Prozent. Zudem lassen Faktoren wie hohes Alter, hoher Body-Mass-Index und hohe Viruslast die Chance auf Heilung sinken. »Ferner sind die individuellen Heilungschancen umso größer, je schneller ein Patient auf die Behandlung anspricht«, so der Mediziner. In diesem Zusammenhang informierte er über die individuelle Anpassung der Therapiedauer von minimal 16 bis zu maximal 72 Wochen.
Abschließend stellte Berg neue Arzneistoffe vor, die in den nächsten Jahren für die Behandlung der chronischen Hepatitis C zugelassen werden könnten. Perspektiven seien zum Beispiel Polymerase-Inhibitoren sowie Proteasehemmer wie Telaprevir und Boceprevir. Klinische Studien zeigten ermutigende Ergebnisse mit hohen virologischen Responseraten bei verkürzter Therapiedauer. Berg rechnet damit, dass die neuen Arzneistoffkandidaten in einer Tripeltherapie zusammen mit pegyliertem Interferon und Ribavirin zum Einsatz kommen. Bis es so weit ist, wird vermutlich aber noch einige Zeit vergehen. Der Mediziner rechnet auch bei erfolgreich verlaufenden Phase-III-Studien nicht vor 2011 mit einer Zulassung.