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Fischölkapseln

Eskimo-Diät bringt nichts

21.05.2014  10:40 Uhr

Von Rolf Thesen / Schützen Fischölkapseln tatsächlich vor Herzinfarkten und Schlaganfällen? Wohl eher nicht. Kanadische Forscher haben die bisherige Literatur ausgewertet und Erstaunliches entdeckt: Die Hypothese, dass die Inuit Grönlands aufgrund ihres hohen Fischkonsums seltener an Herzkrankheiten leiden, entbehrt einer soliden Grundlage.

Millionen Menschen nehmen täglich Fischölkapseln. Denn seit Jahrzenten wird propagiert, sie seien aufgrund ihres hohen Gehalts an Omega-3-Fettsäuren gut für angegriffene Koronargefäße und schützten vor Infarkt und Schlaganfall. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren sollen dazu beitragen, dass die Blutgefäße weniger schnell verkalken, außerdem sollen sie die Cholesterolwerte senken.

Der Boom der Fischölkapseln begann Anfang der 1970er-Jahre nach einer Untersuchung der dänischen Forscher Dr. Hans Olaf Bang und Dr. Jørn Dyerberg. Diese hatten, nachdem sie erfuhren, dass die grönländischen Inuit selten an koronarer Herzkrankheit (KHK) und Schlaganfällen litten, deren Essgewohnheiten untersucht. Als Ursache für die wenigen KHK-Fälle vermuteten die Forscher die großen Mengen an Fetten tierischen Ursprungs, die vor allem in Form von Robbenfleisch und Walfischspeck Bestandteil des Speiseplans der Inuit waren. Nachdem diese These durch verschiedene Publikationen unter dem Begriff Eskimo-Diät populär geworden war, begann der Siegeszug der in Fischölkapseln verarbeiteten Omega-3-Fettsäuren.

 

KHK nicht seltener

 

Jetzt prüften kanadische Wissenschaftler um Professor Dr. George Fodor vom Herzinstitut der Universität Ottawa die veröffentlichten Daten der vergangenen 40 Jahre und analysierten, ob die Mortalität und Morbidität durch KHK bei den Inuit-Völkern tatsächlich niedriger ist als in der Bevölkerung mit europäischen Wurzeln. Ihre Untersuchung publizierten sie im aktuellen »Canadian Journal of Cardiology« (doi: 10.1016/j.cjca.2014.04.007). Sie zeigt, dass es in den meisten Studien zu diesem Thema keinen Unterschied in der Häufigkeit von KHK bei den Inuit in Grönland, Kanada und Alaska im Vergleich zur europäischstämmigen Bevölkerung gibt.

 

Noch bemerkenswerter ist, dass die so oft zitierten Studien von Bang und Dyberg aus den 1970er-Jahren, die immer wieder als Beleg für die kardioprotektive Wirkung der Eskimo-Diät angeführt werden, gar nicht die Häufigkeit von KHK bei den Inuit untersuchten. Zudem zeigte die Auswertung der Studien, dass die Einwohner nördlich des Polarkreises häufiger an Schlaganfällen sterben und ihre Lebenserwartung sogar um zehn Jahre unter der in Dänemark liegt. Der hohe Fettanteil der Nahrung im hohen Norden – und nur wenig Obst und Gemüse – scheint also gar nicht so gesund zu sein wie angenommen; zumal diese Art von Speisen allen gängigen Ernährungsempfehlungen zur Vorbeugung von Herzinfarkten und Schlaganfällen widerspricht.

 

Bereits 2012 zeigte eine Metaanalyse im Fachmagazin »JAMA«, dass die meist als Nahrungsergänzungsmittel vertriebenen Fischölpräparate für Koronarpatienten keine messbaren Vorteile zur Infarktprophylaxe bringen (doi: 10.1001/2012.jama.11374). Diese Ergebnisse werden durch die jetzt publizierten Daten der kanadischen Wissenschaftler unterstützt. Herzpatienten können in Zukunft also wohl getrost auf Fischölkapseln verzichten. Eine gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse, aber auch zweimal die Woche Fisch statt Fleisch, viel Bewegung und eine gute Portion Gelassenheit bringt vermutlich mehr für die Herzgesundheit. /

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