Mit einer Stimme sprechen |
24.04.2012 16:30 Uhr |
Von Werner Kurzlechner, Berlin / Die Eröffnung eines eigenen Hauptstadtbüros durch die Apothekenkooperation Linda löst heftige Diskussionen über die einheitliche Vertretung des Berufsstandes aus. Neutrale Dritte warnen die Apotheker davor, ihr unvergleichliches Faustpfand aufzugeben.
Recht harmlos ließ sich der Themenkomplex Kooperationen vergangene Woche in Berlin auf der Euroforum-Jahrestagung »Apotheke 2012« an. Zunächst präsentierte Klaus Hölzel vom Apothekenmanagement-Institut einige aktuelle Trends und Zahlen, danach veranstalteten einige Kooperationen mit bunten Plakaten und werbewirksamen Worten eine Art »Schönheitswettbewerb«, wie es der Veranstalter nannte. Doch plötzlich ging es ans Eingemachte. Vonseiten der Kooperationsvertreter hagelte es scharfe Kritik an der ABDA, während ein neutraler Beobachter die Apothekerschaft vor einer folgenschweren Selbstzerfleischung warnte.
»An der Basis rumort es«
Den Stein des Anstoßes lieferte Georg Rommerskirchen von der Linda AG, die laut Hölzel nach aktuellen Erhebungen mittlerweile Spitzenplätze in einer Reihe von Rankings der bekanntesten und erfolgreichsten Kooperationen belegt. Rommerskirchen also präsentierte sein Unternehmen und erwähnte dabei nur kurz, dass Linda kürzlich ein eigenes Hauptstadtbüro in Berlin eröffnet habe, weil die spezifischen Interessen der Kooperationen von Verbandsseite nicht stark genug vertreten würden. In der später folgenden hitzigen Diskussion tat Rommerskirchen diesen Schritt mit der Bemerkung ab, es gebe Kamingespräche mit Politikern und nicht viel mehr.
Umso heftiger attackierten zwei andere Kooperationsvertreter die ABDA: Dr. Stefan Hartmann von der Vita Plus AG und Frank Stuhldreier von »Gesund ist bunt«. »Die ABDA verkörpert einen unmöglichen Alleinvertretungsanspruch«, so Hartmann. Viele Apotheker seien mit der Standesführung nicht mehr einverstanden. Stuhldreier kritisierte, dass Apotheker in der Öffentlichkeit nur noch in ihrer Logistikrolle wahrgenommen würden. »An der Basis rumort es«, so Stuhldreier. Deshalb könne er das Vorgehen der Linda AG gut verstehen.
Just diese forschen Worte bestätigten indes die Berechtigung der Mahnung, die die Diskussion erst ins Rollen gebracht hatte. Da hatte nämlich ein Arzt aus dem Auditorium aufgrund der Erfahrungen seines Standes die Büroeröffnung in Berlin als fragwürdig bezeichnet. In der Ärzteschaft sei der Hang zur Sektiererei derart ausgeprägt, dass selbst kleine Spezialistengruppen wie die Kinderchirurgen eigene Verbände gegründet hätten und schließlich völlig unklar geworden sei, wer die Interessen des Berufsstandes als Ganzes eigentlich vertrete. »Ihre einheitliche Verbandsführung ist ein Faustpfand ohne Gleichen«, warnte der Mediziner die Apothekerschaft. Durch separierendes Vorgehen wie jenes der Linda AG schwäche man sich am Ende nur selbst.
Vor dieser intensiven Grundsatzdiskussion hatte Hölzel vergleichsweise nüchtern die aktuelle Lage skizziert. Demnach seien aktuell 15 770 der rund 21 200 Apotheken in der Bundesrepublik Mitglied in einer Kooperation. Die Zahl der Mehrfachmitgliedschaften sei zuletzt deutlich zurückgegangen: einerseits aufgrund des Kostendrucks, der auf den Apotheken laste, andererseits aber auch, weil die Qualitäten der unterschiedlichen Kooperationen den Inhabern klarer geworden seien. Der Anteil der Großhandelskooperationen am Gesamtmarkt sei im vergangenen Jahr deutlich von 59 auf 53 Prozent geschrumpft.
Zentrale Erfolgsparameter
Die großhandelsnahen Kooperationen blieben nahezu unverändert bei rund 18 Prozent, die unabhängigen Kooperationen legten leicht zu auf jetzt ebenfalls 18 Prozent. Mit 10 Prozent konnten die lokalen und fachlichen Kooperationen ihren Anteil fast verdoppeln, während der Anteil der Discount-Kooperationen verschwindend gering bleibt und tendenziell rückläufig ist. Zentrale Erfolgsparameter seien ein finanzieller Einkaufsvorteil, eine klare Positionierung und eine Homogenität von Eigen- und Fremdbild. Nachholbedarf gebe es bei der Durchsetzungsfähigkeit der Kooperationen gegenüber ihren Mitgliedern, die vor allem von Herstellerseite nach wie vor infrage gestellt werde, so Hölzel. /