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Stiftung Warentest

Präsenzapotheken besser als Versender

Datum 27.04.2010  18:20 Uhr

Von Martina Janning, Berlin, und Daniel Rücker / Fast schon als »Katastrophe« sei das Abschneiden von Versandapotheken zu bezeichnen, sagt die Stiftung Warentest zu den Ergebnissen ihres aktuellen Checks, bei dem sie 50 Vor-Ort- und Online-Apotheken unter die Lupe nahm. Die Präsenzapotheken schnitten dabei deutlich besser ab. Sie sind aber von Perfektion auch noch ein Stück entfernt.

Die aktuelle Untersuchung der Stiftung Warentest ist eine Ohrfeige für Arzneimittelversender und für alle diejenigen, die den Arzneimittelversand in den vergangenen Jahren protegiert haben. Beim Apothekentest der Stiftung Warentest gaben die Versender ein trauriges Bild ab.

Von 23 getesteten Versandapotheken erhielten nur vier die Note »befriedi­gend«, alle anderen waren schlechter, teilte die Verbraucherschutzorganisation vorige Woche in Berlin mit. Acht erhiel­ten ein »mangelhaft«, die Spitzengruppe bestand aus vier Apotheken, denen die Tester eine befriedigende Leistung attestierten. Das ergab einen desaströ­sen Durchschnitt von 4,5. Damit beur­teilten die Tester die Versender nega­tiver als beim Test vor zweieinhalb Jahren. Vor-Ort-Apotheken schnitten hingegen besser ab als beim vorigen Test im Juli 2008. Von 27 Präsenzapo­theken bewerteten die Prüfer sieben mit »gut«, 16 mit »befriedigend«, eine mit »ausreichend« und zwei mit »mangel­haft«. Insgesamt kam die Stiftung Warentest zu dem Ergebnis, dass elf der 50 getesteten Apotheken »mangel­haft« sind. Im Durchschnitt kamen sie auf die Note 2,8. Die Prüfer waren in Berlin, Essen, Nürnberg und Augsburg unterwegs. Jede getestete Apotheke erhielt sieben Mal Besuch oder eine Anfrage per Post oder Telefon von ihnen.

Im Fokus der Tests standen die Beratung zu Medikamenten und das Herstellen einer Rezeptur. Das Ergebnis: Die Beratung der Kunden kam zu kurz. Einige Apotheken informierten falsch über die Dosierung von Arzneimitteln oder erkannten Wechselwirkungen zwischen Medikamenten nicht. »Obwohl zweimal gezielt nachgefragt wurde und der dritte Fall nicht besonders anspruchsvoll war, gab es jede Menge Patzer. Bei den Versandapotheken deutlich mehr als bei ihren stationären Kollegen, aber auch diese sind meist von einer idealen Beratung noch weit entfernt«, sagte Holger Brackemann, Bereichsleiter Untersuchungen bei der Stiftung Warentest.

 

So wurde in einer Apotheke nicht nach dem Gesundheitszustand und der Höhe des Fiebers eines dreijährigen Mädchens gefragt, für das ein Tester Medikamente gegen Fieber und Schnupfen kaufen wollte. Insgesamt fragten laut Stiftung Warentest nur 13 der 27 Vor-Ort-Apotheken nach und gaben die Empfehlung, bei hohem Fieber den Arzt aufzusuchen. Damit schnitten die Präsenzapotheken in diesem Punkt genauso schlecht ab wie die Versender. Ebenfalls unzufrieden waren die Tester darüber, dass nur vier Apotheken die Gefahr einer Wechselwirkung erkannten, nachdem eine Testkäuferin Johanniskraut und Omeprazol gleichzeitig kaufen wollte.

 

Acht »gut«, drei »mangelhaft«

 

In Zahlen liest sich das Ergebnis der Vor-Ort-Apotheken dann jedoch besser als Brackemanns Kommentar erwarten lässt. Von den 27 Apotheken im Test berieten nur drei mangelhaft und zwei ausreichend. Immerhin acht erhielten die Note »gut«.

 

Ein tatsächliches Problem ist bei vielen Apotheken offensichtlich die fehlende Möglichkeit zu einer vertraulichen Beratung. Hier sieht die Stiftung Warentest Besserungsbedarf. Nur in sieben von siebenundzwanzig Fällen wurde eine Testkundin mit Inkontinenz in einem abgetrennten Bereich beraten. »Schon eine Diskretionszone wie in jeder Bank würde eine Verbesserung bringen«, urteilt die Stiftung Warentest. Die ABDA nimmt diese Kritik sehr ernst. Diskretion ist für die Beratung eine zentrale Voraussetzung. »Ganz sicher nehmen wir uns dieses Themas an«, sagte Ursula Sellerberg, stellvertretende Pressesprecherin der ABDA, dem »Tagesspiegel«.

 

Katastrophales Ergebnis

 

Hart ging Brackemann mit den Versand­apotheken ins Gericht: Das Ergebnis könne »fast schon als Katastrophe« bezeichnet werden. »Keine einzige konnte alle drei Testfälle lösen, vier Versender versagten gleich in allen Fällen: apotal, Sanicare, zur Rose und Euroapo 24.«

 

Ein weiteres Manko der Versender: Knapp ein Drittel hielt sich nicht an die Pflicht, Rezepturen herzustellen. »Hier sind die Apothekenkammern gefordert, die Einhaltung berufsrechtlicher Verpflichtungen zu überprüfen«, sagte Brackemann. Nachbessern sollten Versandapotheker auch beim Versand: Von denjenigen, die das Rezept einlösten, verpackten elf Online-Apotheken das hergestellte Arzneimittel nicht angemessen, so war zum Beispiel das Behältnis undicht oder die Kennzeichnung verwischt.

 

Schlechte Ergebnisse fuhren auch die Marktführer im Arzneimittelversandhandel ein. Sanicare bekam ein glattes »mangelhaft«. Damit rutschte das Unternehmen aus Bad Laer um vier Noten im Vergleich zum letzten Test ab. DocMorris schnitt mit »ausreichend« nur unwesentlich besser ab. Maßgeblich zu dem schlechten Ergebnis trug bei, dass sich der niederländische Versender geweigert hatte, das gewünschte Rezept anzufertigen. Diesen für vernünftig arbeitende öffentliche Apotheken selbstverständlichen Service verweigerten auch die beiden mit deutschen Drogerien kooperierenden Versandapotheken Vitalsana (Schlecker) und Europa-Apotheek (dm-Markt). Zu den Rezepturverweigerern gehörte auch die Versandfiliale der Easy-Apotheken. Eine Easy-Apotheke war es auch, die als einzige Vor-Ort-Apotheke keine Rezeptur anfertigte.

Die Besten im Test

Sieger beim Test von 50 Apotheken ist die Apotheke am Westbahnhof in Essen. Mit »gut« beurteilten die Prüfer der Stiftung Warentest auch die Apotheke Sebalder Höfe in Nürnberg, die DocMorris-Apotheke Zions in Berlin, die Schwanen-Apotheke in Berlin, die Apotheke am Koppenplatz in Berlin, die farma-plus Apotheke Berlin-Johannisthal und die Easy­Apotheke im Langwasser-Center in Nürnberg. Beste Versandapotheken im Test mit »befriedigend« waren mediherz.de und mycare.de.

Stiftung Warentest hatte auch die Kooperationen in den Blick genommen, der alle 27 Vor-Ort-Apotheken angehörten. Keine bestach dabei durch gleichbleibende Qualität, obwohl die Kooperationen damit gerne werben. »Von einer einheitlichen Markenqualität kann zumindest derzeit noch keine Rede sein«, sagte Hubertus Primus, Chefredakteur der Zeitung »Test«. Bei den Kooperationen handelte es sich um Linda, Meine Apotheke, Vivesco, Gesund leben-, Gesund ist bunt- und Guten Tag-Apotheken, hinzu kamen DocMorris, Easy-Apotheke und farma-plus, die mit Apotheken eine Markenpartnerschaft eingehen. Eine Wirkung der Kooperationen diagnostiziert Warentest allerdings beim Preis: Einkaufsgenossenschaften zahlten sich aus, resümierte Primus. Zwar lagen die Versand­apotheken im Preisvergleich weiterhin vorn, keine von ihnen hatte aber durchgängig billige Preise. »Manchmal war auch die Vor-Ort-Apotheke die günstigere Wahl«, berichtete er.

Nach dem Apothekentest dürfte sich die Diskussion über die vermeintliche Preisgünstigkeit von Versandapotheken bis auf Weiteres erledigt haben. Im Versand seien die Medikamente bisweilen auch teurer als in manchen stationären Apotheken, mussten die Tester zu ihrer Verwunderung feststellen. Bei der ABDA sieht man die Ergebnisse des Apothekentests durchaus mit Sorge, vor allem wegen der schlechten Qualität der Versender. »Die Vor-Ort-Apotheken sind dem Versandhandel überlegen. Viele der Versandapotheken, die mit Pick-up-Discountern zusammenarbeiten, schneiden besonders schlecht ab«, sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. »Es ist höchste Zeit für das Verbot von Pick-up-Stellen und eine schärfere Kontrolle des Versandhandels.«

 

Deutliche qualitative Defizite offenbarte die Berichterstattung über den Apothekentest. »Süddeutsche Zeitung«, »Spiegel online« oder »Welt« erwähnten die deutlichen Unterschiede zwischen Versandapotheken und Vor-Ort-Apotheken nicht oder erst am Ende ihrer Berichterstattung. Womöglich taten sich manche Schreiber auch deshalb mit der offenkundig niedrigeren Qualität im Versandhandel schwer, weil sie die Versender über Jahre als kostengünstige Alternative zu den Vor-Ort-Apotheken dargestellt hatten.

Die Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach (SPD) und Biggi Bender (Grüne) ließen die Gelegenheit zu Apothekerschelte natürlich auch nicht ungenutzt verstreichen. Für Lauterbach belegte der Test, dass Apotheker zu viel Geld für ihre Leistungen erhielten und Bender forderte gesetzliche Regelungen, falls die Apothekerverbände die Qualitätsmängel nicht unverzüglich beheben könnten.

 

Dass die Vor-Ort-Apotheken mit 2,8 eine Durchschnittsnote erzielten, die für die meisten Politiker in Umfragen ein Traumwert wäre, erwähnten Bender und Lauterbach in ihren Kommentaren nicht. /

 

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