Apotheker sind motivierend |
12.04.2017 09:47 Uhr |
Von Jennifer Evans, Berlin / Mit nur kleinen Verhaltensänderungen können Apotheker dafür sorgen, dass ein Patient sein Medikament präziser einnimmt. Das beweist die erste verhaltensökonomische Apothekenstudie des Phytopharmaka-Herstellers Schwabe, die vergangene Woche in Berlin vorgestellt wurde. Die Ergebnisse sind Wasser auf die Mühlen der Apotheker.
Während die Ergebnisse der Untersuchung im Bereich der OTC-Arzneimittel Professor David Matusiewicz vom durchführenden Institut für Gesundheit & Soziales in Essen verblüfften, war der Patronatsgeber der Studie und Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, Fritz Becker, wenig überrascht. »Wir sind die Vertrauten der Patienten und damit nah an deren Lebenssituation.« Die Apotheker seien die Wegweiser durch das Informationsdickicht im Gesundheitsbereich, sagte er.
Der Studie zufolge trägt schon ein Merkblatt vom Apotheker dazu bei, dass ein Patient sein OTC-Präparat besser einnimmt.
Foto: Fotolia/contrastwerkstatt
Laut Studie genügen bereits einfache Methoden, die über die klassische Informationsberatung in der Offizin hinausgehen, um die Therapietreue zu verbessern. Demnach wirkte es sich schon signifikant positiv aus, wenn ein Patient vom Apotheker zusätzlich ein Merkblatt zu seiner Arzneimitteleinnahme bekam. Auch das eigenständige Notieren des Einnahmerhythmus und zusätzlich motivierende Worte des Apothekers steigerten deutlich den positiven Effekt. Viel Potenzial sieht Matusiewicz künftig auch in der Nachbesprechung einer Therapie durch den Apotheker. Dies könnte die Patientenzufriedenheit erheblich steigern.
Teilgenommen an der Studie hatten sieben Apotheken und 139 Kunden. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 52,2 Jahren. 84,9 Prozent der Kunden verwendeten keine weiteren Hilfsmittel, die sie an ihre regelmäßige Medikamenteneinnahme erinnerten.
Heute sei der Patient zwar ein Selbstoptimierer, sagte Schwabe-Geschäftsführer Traugott Ullrich. Durch die Fülle an medizinischen Informationen im Internet habe er aber ein Entscheidungsdefizit. »Je autonomer der Patient wird, desto wichtiger sind Gewährleistungsinstanzen wie Arzt und Apotheker.« Auch der niedrigschwellige Zugang zur Beratung spricht seiner Ansicht nach für die Aufwertung der Apotheke vor Ort.
Einig waren sich die Experten, dass die Analyse sowohl medizinische als auch gesundheitspolitische Auswirkungen hat. Demnach fördert jede korrekte Arzneimitteleinnahme die Gesundheit. Und genau dazu trägt der Apotheker laut Studie signifikant bei. Das senke die Kosten im Gesundheitssystem, so Becker. Derzeit würden bis zu 6 Milliarden Euro jährlich verschwendet. Zwar erfasse die Studie lediglich die Selbstmedikation, aber ähnliche Ergebnisse seien bei verschreibungspflichtigen Medikamenten zu erwarten, ist er überzeugt. Matusiewicz zufolge muss der Apotheker in Sachen Arzneimitteltherapie künftig mehr aus der Defensive in die Offensive kommen. »Er sollte sich vielmehr als Gesundheitsmanager verstehen.«
Mehr Verantwortung
Angesichts der Untersuchungsergebnisse fordert Becker von der Politik, den Apothekern in Zukunft mehr Verantwortung zu geben. Dazu gehöre ein Umdenken – auch seitens der Gesetzlichen Krankenversicherung. »Denn Arzneimittelversorgung bedeutet nicht nur Packungsabgabe«, betonte er. Zudem gelte es, die alte Trennung von Arzt und Apotheker zu überwinden und die Pharmazeuten am »Therapiegeschehen zu beteiligen und aus den Einsparungen entsprechend zu honorieren«. Das Potenzial der Apotheker könne sich nur entfalten, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmten. /