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Reisediarrhö

Loperamid statt Antibiotika

13.04.2016  08:51 Uhr

Von Christina Müller, Berlin / Lange Zeit galt Reisedurchfall als trivial. Die Langzeitfolgen werden jedoch unterschätzt – und die Zahl der multiresistenten Darmkeime steigt. Auch der oft unnötige Einsatz von Antibiotika spitzt die Situation zu.

Die akute Reisediarrhö tritt häufig bei Reisen nach Asien oder Nordafrika auf und klingt unbehandelt meist innerhalb von vier Tagen spontan ab. Professor Dr. Robert Steffen von der Universität Zürich warnt jedoch vor den langfristigen Folgen für die Gesundheit. »Allein durch die Reise verändert sich das Darmmikrobiom ganz wesentlich«, sagte er auf dem Kongress des Centrums für Reisemedizin (CRM) in Berlin.

 

Anfällig für resistente Keime

 

Die Störung des Mikrobioms erleich­tere es multiresistenten Keimen, sich im Darm anzusiedeln. Erkrankt der Reisende daraufhin an Durchfall, erhöhe sich etwa das Risiko, ein Reizdarmsyndrom zu entwickeln, deutlich. Eigene Erhebungen hätten einen Anstieg um 3 bis 4 Prozent ergeben, so Steffen. Andere Wissenschaftler gehen sogar von bis zu 17 Prozent aus. Auch Fälle von reaktiver Arthritis, Colitis ulcerosa, Asthma, Allergien oder Psoriasis seien bekannt. Darüber hinaus könne sich ein Ungleich­gewicht des Mikrobioms negativ auf die Psyche auswirken. »Es kann in der Folge zu Störungen des Zentralnervensystems und damit zu Verhaltensänderungen kommen«, erklärte Steffen.

 

Den Einsatz von Antibiotika bei Reise­diarrhö sieht Steffen kritisch. »Wir beobachten, dass sich dadurch die Zahl der Menschen, die multiresistente Keime nach Deutschland einschleppen, verdoppelt«, berichtete er. Heute sind vier von fünf Rückkehrern aus Südostasien, die antibiotisch gegen Durchfall behandelt wurden, mit ESBL (Extended-Spectrum-β-Lactamase produzierende Enterobakterien) infiziert.

 

Die Erreger lösten zwar nicht pauschal Symptome aus. »Aber sie können sehr gefährlich werden, wenn sie mit Wunden in Kontakt kommen oder im Haushalt auf Immunsupprimierte übertragen werden.« Risikofaktoren, sich mit ESBL zu infizieren, seien neben der Reiseregion die Reisedauer, der Verzehr bestimmter Lebensmittel wie Speiseeis sowie ein Lebensalter von mehr als 35 Jahren.

 

Aus seiner Sicht besteht etwa beim »typischen Badetouristen, der sich meist in der Nähe einer Toilette aufhält« keine Notwendigkeit für eine anti­biotische Therapie. Für Reisemediziner gelte es, künftig sorgfältig abzuwägen, wem sie ein Antibiotikum verschreiben und wem nicht. »Bei langen Flugreisen oder Zugfahrten, für Gruppenreisende oder Bergsteiger halte ich es nach wie vor für vertretbar, ein Antibiotikum für den Notfall mitzugeben«, sagte Steffen. Immerhin ließe sich so der Durchfall sehr schnell lindern.

 

Nicht vor Ort zum Arzt

 

Die Behandlung durch einen ortsansässigen Arzt sei meist keine echte Alternative. Zu oft würden obsolete Mittel eingesetzt, die Patienten bekämen Infusionen und müssten über Nacht in der Klinik bleiben. »Das kostet viel Geld und ist in der Regel absolut unnötig.«

 

Steffen empfiehlt Fernreisenden, Loperamid in die Reiseapotheke zu packen. Alle anderen Medikamente hätten sich in der Therapie der Reisediarrhö nicht ausreichend bewährt. Für viele Präparate fehlten aussagekräftige Studien – dazu zählen aus seiner Sicht etwa Tannacomp® und Trockehefe- haltige Präparate wie Perenterol®. Als Alternative zu Loperamid kann laut der S2k-Leitlinie »Gastrointestinale Infek­tionen« Racecadotril verwendet werden. In Studien war die klinische Wirksamkeit vergleichbar. /

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