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Chroniker

Strategien gegen den Dauerkopfschmerz

Datum 06.04.2011  08:59 Uhr

Chronischer Migräne- oder Spannungskopfschmerz muss anders behandelt werden als seine episodisch auftretenden Verwandten. Doch die Therapie liefert nur wenig überzeugende Ergebnisse. Zu uneinheitlich und kaum reproduzierbar sind die Erfolge.

Bei 2 bis 5 Prozent der Bevölkerung ist der Kopfschmerz chronisch geworden, das heißt, die Marter im Kopf quält durchschnittlich an mehr als 15 Tagen im Monat, und das bereits seit mindestens drei Monaten. Chronischer Kopfschmerz tritt meist beidseitig auf und ist von diffusem, dumpf drückendem Charakter. Vegetative Begleitsymptome fehlen oft. Bereits morgens beim Aufwachen ist der Schmerz da. Bei der chronischen Migräne wird der Dauerkopfschmerz von migränetypischen Attacken überlagert. Besonders bei Patienten mit Migräne ist der Medikamentenübergebrauch ein besonderer Risikofaktor für die Chronifizierung. Schätzungen gehen davon aus, dass 80 Prozent der Patienten mit chronischer Migräne viel zu viele Analgetika und Triptane eingenommen haben. Warum sich aber aus dem episodischen Gewitter im Gehirn ein Dauermartyrium entwickelt, ist nicht geklärt.

Und auch für den chronischen Spannungskopfschmerz fehlt ein durchgängig akzeptiertes pathophysiologisches Konzept. Entsprechend uneinheitlich und wenig valide sind bisherige therapeutische Ansätze. Noch am besten untersucht ist der Einsatz von Amitriptylin (wie Saroten®). Doch auch das trizyklische Antidepressivum vermochte nur bei maximal der Hälfte der Patienten die Kopfschmerzen signifikant zu reduzieren. Dabei lag die Placeborate bei 25 Prozent. Für alle anderen Arzneistoffe wie das gemischt serotonerg/adrenerg wirkende Mirtazepin (wie Remergil®) oder das Muskelrelaxans Tizanidin (wie Sirdalud®) sind nur wenige Studien veröffentlicht, und sie liefern zum Teil widersprüchliche Ergebnisse. Unter dem Strich wirkt eine Kombination mehrerer Arzneistoffe effektiver als eine Monotherapie. Zusätzliches Stressbewältigungstraining oder gezielte Entspannungstechniken scheinen vorteilhaft.

 

Die großen Hoffnungen, die man in Botulinumtoxin-Injektionen gesetzt hatte, haben sich zumindest bei der Therapie chronischer Spannungskopfschmerzen bislang nicht erfüllt. Anders sieht es bei chronischer Migräne aus: Große klinische Studien zeigen, dass Betroffene von der Prophylaxe mit Botulinumtoxin A (Botox®) profitieren. In den USA und Großbritannien verfügt das Bakteriengift deshalb seit rund einem halben Jahr über eine Zulassung für diese Indikation. Die Applikation erfolgt etwa alle zwölf Wochen. Dabei setzt ein Spezialist mehrere Injektionen an definierte Stellen der Kopf-, Gesichts- und Nackenmuskulatur. Die Wirkung setzt nach rund acht Wochen ein. Doch auch hierbei gilt: Eine völlige Schmerzfreiheit ist nicht zu erwarten. Botulinumtoxin vermag jedoch die Zahl schwerer Migränetage sowie die Häufigkeit der Triptan-Einnahme zu vermindern.

 

Kopfschmerz durch Medikamente

 

Viele Menschen mit chronischen Kopfschmerzen sind an ihrem Leiden gewissermaßen selbst schuld – ohne es zu wissen. Sie neigen nämlich dazu, ständig Analgetika oder Triptane – oft in hohen Dosen – einzunehmen. Das bewirkt aber langfristig nur eines: Mit der Dauereinnahme von Schmerzmitteln geht man das Risiko von Dauerkopfschmerzen ein. Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch findet sich bei rund 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung.

 

Triptane tragen das höchste Risiko, einen Medikamenten-induzierten Kopfschmerz zu entwickeln, wenn sie allzu oft genommen werden, heißt es in der Leitlinie. Noch vor einigen Jahren hat man dies den Kombinationsanalgetika angelastet. Was sagt Straube dazu? »Für die hierzulande gängigen Kombinationen aus Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Coffein oder Paracetamol mit Coffein gibt es überhaupt keine Evidenz, dass sie den Medikamentengebrauch in die Höhe treiben oder die Nebenwirkungsrate anheben würden. Ich kenne die Daten zum Schmerzmittelverbrauch in Deutschland der letzten 17 Jahre. Dabei gibt es keinen Hinweis, dass er angestiegen wäre. Was auch ein Argument dagegen ist, dass durch die Kombinationsanalgetika ein Gefahrenpotenzial bestünde. Hinweise für eine sogenannte ›Analgetikaniere‹ finden sich nach dem Verbot von Phenacetin ebenfalls nicht mehr.« Straube fügt an, dass die in den USA nach wie vor erhältlichen Kombinationen mit Barbituraten oder Codein hierbei nicht gemeint sind und sie hierzulande auch nicht empfohlen werden.

 

Bisher war die Entzugsbehandlung Mittel der Wahl beim Medikamenten-induzierten Kopfschmerz. Doch dabei scheint ein Umdenken stattzufinden. »Man hat bislang – allerdings auch nicht evidenzbasiert – erst einen Entzug vorgenommen und dann mit der Prophylaxe begonnen. Heute weiß man, dass es bei einzelnen Patienten sinnvoll sein kann, schon während eines Übergebrauchs mit der Prophylaxe zu beginnen. Das ist für die Patienten natürlich psychologisch viel leichter durchzustehen als ein formaler Entzug!«, erklärt der Fachmann.

 

Mittlerweile liegen für die prophylaktische Gabe von Topiramat (wie Topamax®) und Botulinumtoxin bei parallel bestehendem Analgetikaübergebrauch gute Daten vor. »So haben Studien mit Topiramat und Botulinumtoxin gezeigt, dass bei einer Reihe von Patienten der Kopfschmerz abebbte und der Analgetikaverbrauch heruntergefahren werden konnte. Und auch für Amitriptylin gibt es eine kleine Studie, die dessen Wirkung in einer solchen Therapiesituation bestätigt. Ich persönlich glaube, dass auch die vorsorgliche Gabe von Valproinsäure und Betablocker erfolgreich sein könnte, vom Medikamentenübergebrauch und vom Medikamenten-induzierten Kopfschmerz wegzukommen«, sagt Straube. /

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