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Rx-Versand

Verbot gescheitert – und jetzt?

05.04.2017  09:38 Uhr

Von Ev Tebroke, Berlin / Die Koalitionsparteien finden beim Thema Rx-Versandverbot auch auf höchster Ebene keinen Konsens. Damit ist das Gesetzesvorhaben vorerst vom Tisch. Die Apotheker fordern nun Schadensbegrenzung. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente wollen sie in Deutschland auf keinen Fall aufgeben.

Der Koalitionsausschuss, an dem die Spitzen von CDU/CSU und SPD teilnahmen, konnte sich vergangene Woche nicht einigen: »Ein Verbot des Versandhandels für verschreibungspflichtige Medikamente wurde vom Koalitionspartner leider nicht akzeptiert«, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt auf einer anschließenden Pressekonferenz. Die SPD habe weiteren Gesprächsbedarf angemeldet. Zwar gibt es auf Länderebene Unterstützung der SPD für die Gesetzesinitiative von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), die Länderkammer hatte selbst einen entsprechenden Antrag auf ein Rx-Versandverbot gestellt. Davo­n habe sich die SPD auf Bundesebene aber leider nicht überzeugen lassen, bedauerte Hasselfeldt.

 

Weiterhin benachteiligt

 

Für die Apotheker ist das Scheitern von Gröhes Vorhaben bitter. »Das ist eine ganz schlechte Nachricht für die deutschen Patienten«, betonte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in einer ersten Reaktion. »Aber natürlich auch für die Apotheker in den deutschen Apotheken.« Die Koalition habe offensichtlich nicht mehr die Kraft, ein wichti­ges Thema noch vom Tisch zu räumen und sich zu einigen. »Das ist für uns schade, und es wird einigermaßen schwer, mit diesem Ergebnis umzugehen.«

 

Zunächst bleiben deutsche Apotheken im Wettbewerb nun weiterhin benachteiligt gegenüber ausländischen Versandhändlern. Denn nachdem im Herbst vergangenen Jahres der Europäische Gerichthof (EuGH) die Preisbindung für Rx-Medikamente für Versand­apotheken mit Sitz im EU-Ausland gekippt hat, dürfen diese hierzulande Rabatte anbieten. Deutschen Apotheken sind solche Rx-Boni aber nach wie vor verboten. Für sie ist die Preisbindung verpflichtend. Durch die dadurch entstandene Wettbewerbsschieflage befürchten die Apotheker einen Preiskampf, dem vor allem kleinere Landapotheken zum Opfer fallen könnten.

 

Gröhe wollte dies mit seiner Gesetzesinitiative verhindern. Die SPD und auch die Grünen wollen hingegen den Rx-Versand erhalten und stattdessen etwa über eine Höchstpreisregelung und Boni-Deckelung die Schieflage im Wettbewerb korrigieren. Als möglicher Kompromiss wird auch eine Erhöhung der Nacht- und Notdienstpauschale gehandelt. Diese Pauschale müssen auch Versandapotheken in den dafür vorgesehenen Nacht- und Notdienstfonds einzahlen, obwohl sie selber keinen Notdienst leisten. Sie könnte von jetzt 16 Cent pro Rx-Packung auf 32 Cent verdoppelt werden und das Geld somit den Landapotheken, die eine hohe Notdienstfrequenz haben, zugutekommen.

 

Als Grund für das Scheitern der Verhandlungen im Koalitionsausschuss sieht Schmidt neben Sachargumenten auch machtpolitische Aspekte, »eine Art Kraftprobe der Koalitionspartner«.Die politischen Parteien forderte er nun zum Handeln auf: »Die, die das Gesetzesvorhaben haben scheitern lassen, müssen nun sagen, wie sie Schaden von deutschen Apotheken abwenden wollen.«

Kommentar

Wahlkampf

Es ist sachlich nicht nachvollziehbar, warum sich vor allem die SPD immer weiter vom Rx-Versandhandelsverbot entfernt hat. Vor der Luxemburger Entscheidung vom 19. Oktober hatten Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sowie die Gesundheitspolitiker von CDU, CSU, Linke und SPD noch Sympathie für das Rx-Verbot bekundet. Zwischenzeitlich schien sogar ein parteiübergreifender Konsens wahrscheinlich. In Jahren ohne Bundestagswahl hätte die politische Stimmung wahrscheinlich ausgereicht, mit dem Rx-Versandverbot eine adäquate Antwort auf das EuGH-Urteil zu finden. Das Jahr 2017 ist ein Wahljahr. Da geht es nicht um Konzepte, Ideen und Visionen, es geht um den Wahlsieg. Das konnte nicht gutgehen. Bereits im Februar wurde offenbar, dass der Konsens innerhalb der Koalition aufgebraucht war. Das galt auch für das Rx-Versandverbot.

 

Daniel Rücker, Chefredakteur

Schadensbegrenzung

 

Die ABDA werde sich Diskussionen über Maßnahmen zur Schadensbegrenzung nicht verschließen. Schmidt stellt gegenüber der PZ aber auch klar: »Mit uns wird es keine Lösung geben, die den Preiswettbewerb nach Deutschland holt. Wir halten hierzulande an einer Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente fest.«

 

Auch die Linkspartei hält ein Rx-Versandverbot für die beste Lösung und kritisiert diesbezüglich die Blockadehaltung der SPD und von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Diese hatten unter anderem auch Sorge, dass ein Verbot gegen Europarecht verstoßen könnte. »Ich verstehe nicht, dass in drei Vierteln aller EU-Länder der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verboten ist, doch hierzulande gleich mehrere Minister europarechtliche Bedenken an die Wand malen«, so die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Kathrin Vogler. Um wieder gerechte Bedingungen herzustellen, müsste laut Vogler entweder die Apothekenpreisbindung für alle entfallen. Dies würde aus ihrer Sicht aber nur die Ketten und großen Apotheken bevorteilen. Oder aber Rabatte und Boni müssten unterbunden werden. »Und das geht seit dem EuGH-Urteil nur über ein Versandhandelsverbot«, so Voglers Fazit.

 

Gespräche fortsetzen

 

Die Union will auf jeden Fall am Thema dranbleiben. Fraktionschef Volker Kauder (CDU) betonte, die Gespräche über einen Kompromiss würden in den Koalitionsfraktionen fortgesetzt. »Wir werden hier nicht locker lassen«, so Hasselfeldt. Ein Verbot sei die einzige Möglichkeit, die Apotheken im ländlichen Raum zu stärken. Schon jetzt werde die flächendeckende Versorgung in ländlichen Regionen immer schlechter, bedauerte die CSU-Politikerin. Wenn in den nächsten Wochen keine Einigung möglich werde, dann eben in der nächsten Legislaturperiode. Auch Friedemann Schmidt betont, die Apotheker wollten ihre Forderung nach einem Verbot weiterverfolgen. Und er ist sich sicher: »Langfristig wird sich der EuGH wieder mit dem Thema beschäftigen müssen.« /

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