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Versandverbot

»Die Forderung ist nicht vom Tisch«

05.04.2017  09:38 Uhr

Von Daniel Rücker / Für die Apotheker war es ein schwarzer Tag: Die Koalitionäre konnten sich auch auf höchster Ebene im Ausschuss nicht auf ein Rx-Versandverbot einigen. Eine zeitnahe gesetzliche Umsetzung ist damit praktisch nicht mehr möglich. Die Apotheker bleiben aber bei ihrer Forderung, wie ABDA- Präsident Friedemann Schmidt bekräftigt.

PZ: Warum ist das Gesetz zum Rx-Versandverbot jetzt auf der Zielgeraden gescheitert? 

Schmidt: Gescheitert ist es ja noch nicht. Das Bundesgesundheitsministerium hat den Gesetzentwurf nicht zurückgezogen und will ihn auch weiter verfolgen. Allerdings hat das Vorhaben eine ganz wichtige Etappe nicht geschafft. Das Bundesgesundheitsministerium hat im November sehr schnell und konsequent einen Gesetzentwurf für die Beschränkung des Versands auf OTC vorgelegt. Aber wir wussten von Anfang an, dass die SPD da nicht klar mitzieht, in der Frage intern uneins ist und die Entscheidung darüber dilatiert. In den Ländern waren viele SPD-Verantwortliche für den Entwurf, aber die Bundestagsfraktion hat dagegen argumentiert, und das SPD-geführte Wirtschaftsministerium hat opponiert. Deswegen musste die Streitfrage auf die Tagesordnung des Koalitionsausschusses, der quasi die letzte Instanz für Kompromisse innerhalb der Regierung ist. Dort landen nur wichtige politische Vorhaben, die zwischen den Ressorts beziehungsweise den Koalitionären nicht geklärt werden können. Dort beginnt aber auch der politische Basar zwischen den Parteien: Gibst Du mir das, gebe ich Dir das. Auf der Tagesordnung waren letzte Woche über zwanzig Streitpunkte. Die Hälfte blieb ungelöst, darunter leider auch das Rx-Versandverbot. Damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhaben in dieser Legislaturperiode noch umgesetzt werden kann, stark gesunken.

 

PZ: Welche Rolle spielt der beginnende Bundestagswahlkampf?

 

Schmidt: Die nahende Bundestagswahl ist die eigentliche Krux bei dem Gesetzentwurf. Erstens war die Zeit für das Gesetz ohnehin knapp, weil die Legislaturperiode im Grunde Ende Juni mit der letzten Sitzung des Bundestags endet. Dazu kommt, dass ein Gesetzentwurf, der die Binnenmarktregel des freizügigen Warenverkehrs tangiert, bei der EU zur Notifizierung vorgelegt werden muss und erst nach Ablauf der vorgesehenen mehrmonatigen Fristen endgültig verabschiedet werden kann. Das hat erheblichen zusätzlichen Zeitdruck in das Verfahren gebracht. Und drittens muss man konstatieren, dass die unter dem neuen Kanzlerkandidaten mit frischem Selbstbewusstsein antretende SPD aus machtpolitischen und wahltaktischen Gründen gezögert hat, die Apotheken zu unterstützen: Erstens hätte das ein Nachgeben gegenüber der CDU bedeutet, und zweitens gab es die Befürchtung, eines Wahlkampfgeschenks für eine Lobbygruppe bezichtigt zu werden. In der Sache ist die SPD-Position eigentlich nicht sozialdemokratisch. Sozialdemokratisch denken, bedeutet, mittelständische Strukturen statt Kapitalinteressen zu stärken und öffentliche Infrastruktur statt freiem Marktspiel im Interesse der Verbraucher zu fördern.

 

PZ: Wie hätte das Verbot gerettet werden können?

 

Schmidt: Allein die SPD hätte das ändern können mit einer sachorientierten Entscheidung. Der Berufsstand hat aus meiner Sicht alles getan, was möglich war im letzten halben Jahr. Auf der Medien- und Politikschiene und über unsere Unterschriftenaktion auch in der Offizin. Wie die Kollegen vor Ort das Gespräch mit Patienten und Abgeordneten gesucht, Briefe geschrieben und sich an die Medien gewandt haben, das hat mich echt beeindruckt. Auch die Mitgliedsorganisationen der ABDA waren extrem aktiv.

 

PZ: Welche Konsequenzen hat es für die Apotheker, dass das Gesetz jetzt nicht kommt?

 

Schmidt: Die Forderung nach dem Verbot ist ja nicht vom Tisch. Sie war gestern richtig und bleibt es heute und morgen auch. Und sie ist Teil des Forderungskatalogs, den wir für die kommende Legislaturperiode an die Politik richten. Nur eine zeitnahe gesetzgeberische Umsetzung ist eben unwahrscheinlich geworden. In der Konsequenz müssen wir davon ausgehen, dass jetzt der Wettbewerbsdruck durch ausländische Versender zunehmen wird und der Markt sich verändert. Klar ist aber auch: Innerhalb Deutschlands gilt weiterhin die Arzneimittelpreisverordnung. Und deren Einhaltung wird überwacht und durchgesetzt.

 

PZ: Welche Strategie verfolgt die ABDA jetzt, wird auch nach Alter­-nativen für ein Rx-Versandverbot gesucht?

 

Schmidt: Ich habe immer gesagt, dass es keine echte Alternative zum Rx-Versandverbot gibt, um die Folgen der EuG­H-Entscheidung zu neutralisieren. Es gibt höchstens Maßnahmen, mit denen man Schadensbegrenzung betreiben, die Apotheke vor Ort auf anderem Wege stärken kann. Wo immer sich dafür vernünftige Möglichkeiten auftun, müssen wir darüber sprechen. An unserem langfristigen, strategischen Ziel hat sich nichts geändert: Wir wollen größtmögliche Planungssicherheit für Apotheken schaffen. So hat es der Apothekertag im letzten Herbst auch beschlossen. Dazu gehören nicht nur die fachliche Perspektive als Experte für Arzneimittel und eine faire, verlässliche Vergütung. Dazu gehört vor allem der Erhalt der freiberuflichen Berufsausübung mit allem, was dazu gehört. Und dafür werde ich kämpfen. /

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