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Temozolomid

Prädiktor für Ansprechrate identifiziert

24.03.2009  11:57 Uhr

Tumoren im Gehirn

Gliome sind die häufigsten hirneigenen Tumoren bei Erwachsenen. Sie entstehen vor allem aus Astrozyten und Oligodendrozyten. Nach ihren histologischen Eigenschaften werden sie in Grad I bis IV unterteilt. Die WHO-Grade unterscheiden sich erheblich in der Prognose. Für die hoch malignen Tumoren Grad III (anaplastische Gliome) und IV (Glioblastome), die mit einer Inzidenz von 5,3 Fällen pro 100.000 Einwohner auftreten, gibt es bislang keine heilende Therapie. In Studien hatten Glioblastom-Patienten bei maximaler Therapie eine mittlere Überlebenszeit von knapp 15 Monaten; zwei Jahre nach Diagnosestellung lebten noch knapp 27 Prozent der Patienten.

An die Resektion schließt sich eine Radio-Chemotherapie an, bei der das »Tumorbett« über sechs Wochen mit 30-mal 2 Gy bestrahlt wird. Die Gesamtdosis von 60 Gy habe sich als Standard etabliert. Wurden als Chemotherapeutika früher vorwiegend Nitrosoharnstoffe wie Carmustin oder Lomustin oder Procarbazin eingesetzt, so hat sich seit einigen Jahren Temozolomid etabliert. Nach peroraler Gabe überwindet es schnell die Blut-Hirn-Schranke.

 

In der Primärtherapie wird das Alkylans begleitend zur Strahlentherapie und anschließend adjuvant über sechs Zyklen gegeben. Eine 2005 publizierte europäisch-amerikanische Studie mit 573 Patienten zeigte, dass die Patienten unter der Kombitherapie im Mittel 14,6 Monate und unter alleiniger Radiotherapie nur 12,1 Monate überlebten. Die EORTC-Studie habe einen Durchbruch in der Glioblastom-Therapie gebracht und Temozolomid in der Primärtherapie verankert, sagte Steinbach. In der Rezidivtherapie ist es weniger wirksam. Als letzte Option werde der VEGF-Antikörper Bevacizumab eingesetzt, der die Gefäßneubildung des Tumors (Angiogenese) blockiert, so der Onkologe. 

 

»Methylierer« im Vorteil

 

»Vor allem die Patienten haben deutlich mehr nutzen von einer Therapie mit Temozolomid, die das Reparaturenzym MGMT nicht bilden kann«, informierte Steinbach. MGMT (O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase) ist in der Lage, Alkylierungen an der O6-Position von Guanin in der DNA wieder rückgängig zu machen und so die Tumorzellen vor dem Zelltod zu retten. Dazu muss das Enzym jedoch vorliegen. Rund ein Drittel bis knapp die Hälfte der Patienten weisen aber eine Methylierung der Promotor-Region des MGMT-Gens auf (»Methylierer«), infolgedessen das Reparaturenzym nicht gebildet werden kann. Dementsprechend ist die Bestimmung des MGMT-Status ein guter Biomarker und Prädiktor für das Therapieansprechen.

 

Dies belegten die vor Kurzem veröffentlichten Zwei- und Fünf-Jahres-Daten der EORTC-Studie. Nach zwei Jahren lebten noch 11 Prozent der Menschen, die nur bestrahlt worden waren, aber 27 Prozent aus der Gruppe, die zusätzlich das Medikament bekommen hatte. In beiden Therapiearmen überlebten deutlich mehr Patienten, die den inaktiven Genpromotor hatten. Nach fünf Jahren war nur noch jeder 10. Patient aus der Kombitherapie-Gruppe am Leben, wobei auch jetzt noch die »Methylierer« im Vorteil waren.

 

Das Enzym verbrauchen

 

In neuen Studien nutzen Ärzte das Wissen über das MGMT-Enzym, erklärte der Onkologe. Durch Steigerung der Temozolomid-Gesamtdosis soll das Enzym »aufgebraucht« werden. In sogenannten metronomischen Protokollen wird das Medikament niedriger dosiert, aber pro Zyklus über längere Zeit gegeben. In der Summe resultiert eine deutlich höhere Gesamtdosis. Dies nütze vor allem Patienten mit nicht-methylierter (aktiver) MGMT, so Steinbach. Zwei metronomische Regime werden derzeit in einer Studie miteinander verglichen. Eine Dosiseskalation ist auch möglich, wenn der Patient zusätzlich hämatopoetische Wachstumsfaktoren oder eine autologe Knochenmarktransplantation bekommt. 

 

Zudem wird Temozolomid in mehreren Studien mit neuen Wirkstoffen kombiniert, berichtete der Onkologe. Einer davon ist der Integrin-Antagonist Cilengitide, der antiangiogen wirkt und vermutlich auch die Tumorzellmigration und -invasion hemmt. Eine Phase-III-Studie, die nur Patienten mit hypermethyliertem MGMT-Promotor einschließt, läuft derzeit. In einer Phase-II-Studie erhalten Patienten, die den Prädiktor nicht tragen, zusätzlich zu Temozolomid den Serin/Threonin-Kinase-Hemmstoff Enzastaurin. Dieser soll neben der Angiogenese auch die Proliferation von Tumorzellen bremsen und die Apoptose fördern.

 

Temozolomid sei »subjektiv gut verträglich«, versicherte der Arzt. Die Lebensqualität der Patienten hänge wesentlich von der Tumorprogression ab. Je nach Sitz und Ausdehnung des Glioblastoms erleiden sie zum Beispiel Kopfschmerzen und Sehstörungen, neurologische Ausfälle, kognitive Störungen, Anfälle oder Blasen-Darm-Störungen.

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