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Giftanschlag in Großbritannien

So wirkt Nowitschok

Datum 21.03.2018  10:45 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Bei dem Attentat auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Julia Anfang März in Salisbury, Südengland, kam ein Nowitschok-Nervengift zum Einsatz. Von diesem in der Sowjetunion entwickelten Kampfstoff ist schon die Menge eines Salzkorns auf der Haut tödlich.

Nowitschok, was auf Deutsch »Neuling« bedeutet, ist eine Gruppe von etwa 100 Substanzen auf Phosphorsäureester-Basis, die in den 1970er- und 1980er-Jahren in Russland entwickelt wurden. Die Stoffe ähneln strukturell dem Sarin und anderen Nervengiften, die etwa von der deutschen Wehrmacht (G-Reihe) beziehungsweise der britischen Armee (V-Reihe) entwickelt wurden. Ziel der geheimen Entwicklung von Nowitschok war, das internationale Chemiewaffen-Abkommen zu umgehen.

Die Substanzen sollten mit Standardmethoden nicht nachweisbar sein und Schutzkleidung durchdringen können. Außerdem sollten sie tödlicher, stabiler und leichter zu produzieren sein als ­andere Nervengifte. Manche Substanzen der Gruppe sollen etwa achtmal tödlicher sein als das Gift VX, das 2017 eingesetzt wurde, um Kim Jong-nam, den Halbbruder des nordkoreanischen Staatschefs Kim Jong-un, zu töten.

 

Die Nowitschok-Kampfstoffe blockieren, wie viele andere Nervengifte auch, das Enzym Acetylcholinesterase an Synapsen. Dadurch kann der erregende Boten­stoff Acetylcholin nicht abgebaut werden und reichert sich im synaptischen Spalt an, wodurch die Nervenzellen dauerhaft aktiviert bleiben. Muskelkontraktionen und Krämpfe sind die Folge. Der Tod tritt in der Regel durch Hemmung der Atmung und des Herzmuskels ein. Zusätzlich treten neuro­logische Störungen und starke Schmerzen auf. Die Nervengifte werden vor allem über die Atemwege aufgenommen, können aber auch durch die Haut eindringen. Angeblich soll eine Dosis von 10 mg tödlich sein. Die systemischen Symptome treten vermutlich ein wenig zeitverzögert auf.

 

Es war vermutlich ein sehr mühsamer Prozess, das in Salisbury verwendete Nervengift zu identifizieren, sagte der Chemiker Dr. Martin Boland von der Charles Darwin University in Australien der Zeitschrift »New Scientist«. Bei ­Anzeichen einer Vergiftung mit einem Nervengift werde zuerst die Acetyl­cholinesterase-Aktivität untersucht. Falls diese reduziert ist, werde nach der hemmenden Substanz gefahndet. Da es keine Standard-Nachweismethoden für Nowitschok-Gifte gebe, sei vermutlich das Acetylcholinesterase-Enzym aus dem Blut der Vergiftungsopfer isoliert und die Struktur des gebundenen Moleküls analysiert worden.

 

Bei der Behandlung von Vergiftungsopfern steht initial die Dekontamination und Entfernung der Substanz durch Waschen der Haut, Entfernung von Kontaktlinsen und Ausspülen der Augen im Vordergrund. Zudem werden lebenserhaltende Maßnahmen wie etwa künstliche Beatmung eingeleitet. Bei Verdacht auf eine Vergiftung mit Nervengift sollte rasch ein Gegengift eingesetzt werden. Geeignet sind hier neben Atropin, das die Acetylcholin-Wirkung aufhebt, Diazepam als Krampflöser sowie Oxime, die die Hemmung der Acetylcholinesterase rückgängig machen. Sie entfernen das giftige Organophosphat aus der Bindungsstelle des Enzyms. Ein Beispiel ist der Wirkstoff Pralidoxim. Die Antidote müssen rasch nach Kontakt angewendet werden, um wirksam zu sein.

 

Ein Zwei-Komponenten-Kampfstoff

 

Dem russischen Wissenschaftler Wil Mirsajanow zufolge, der in den Kampfstoff-Forschungsstätten in Moskau gearbeitet hat und 1991 die Entwicklung der Nowitschok-Substanzen öffentlich machte, sind diese Nervengifte quasi nicht zu bekämpfen. Selbst bei nicht tödlichen Dosen verursachten sie über Wochen starke Schmerzen.

 

Bei den Nowitschok-Giften handelt es sich um ultrafeine Puder, die etwa als Spray appliziert werden können. Hergestellt werden sie aus zwei deutlich weniger giftigen und stabilen Grundstoffen, die erst durch das Mischen gefährlich werden. Da die Einzelkomponenten nicht auf Listen von Chemiewaffen auftauchten, können sie unauffällig produziert werden. /

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