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Aphthen

Schmerzhafte Warnzeichen

Datum 22.03.2017  09:59 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler / Wer einmal eine Aphthe im Mund hatte, vergisst das nicht so schnell: Selbst kleine Läsionen können erhebliche Schmerzen auslösen. Die Ulzera sind nicht ansteckend und heilen in der Regel von selbst ab. Mitunter sind sie Zeichen einer Systemerkrankung.

Anfangs brennt oder kribbelt es an der Mundschleimhaut, dann treten heftige Schmerzen auf. Auf dem Gewebe zeigen sich kleine weißliche Flecken und Erosionen, die von einem entzündlichen roten Rand umgeben sind. Aphthen sind schmerzhafte orale und/oder pharyngeale Ulzerationen, die typischerweise in einem Zeitintervall von Wochen bis Monaten und Jahren rezidivieren. So lautet die offizielle Definition in der neuen S2k-Leitlinie »Diagnostik und Therapieoptionen von Aphthen und aphthoiden Läsionen der Mund- und Rachenschleimhaut«, die unter Federführung des Interdisziplinären Arbeitskreises Oralpathologie und Oralmedizin erstellt wurde.

Rezidivierende Aphthen gehören zu den häufigsten Erkrankungen der Mund- und Rachenschleimhaut (Tabelle). Sie beginnen meist im zweiten oder dritten Lebensjahrzent. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Je nachdem, welche Bevölkerungsgruppe untersucht wurde, waren zwischen 5 und 60 Prozent der Menschen von den Mundgeschwüren geplagt.

 

Minor, major und herpetiform

 

Ärzte unterscheiden drei klinische Varianten, die alle rasch entstehen und eine hohe Rezidivneigung haben. Je nach Lokalisation bereiten sie beim Essen, Trinken und Sprechen erhebliche Schmerzen.

 

Die weitaus häufigste Form (circa 80 Prozent) sind Minor- oder Mikulicz-Aphthen. Dabei treten ein bis vier oberflächliche Geschwüre gleichzeitig auf, die etwa eine Woche lang bestehen bleiben. Die Läsionen, die etwa 2 bis 5 mm Durchmesser haben, heilen bis zum Ende der Folgewoche ab, ohne eine Narbe zu hinterlassen. Deutlich seltener sind die bis zu 30 mm großen Major- oder Sutton-Aphthen, die in der gesamten Mundhöhle, im Rachen oder an der Zunge entstehen können. Sie führen zu tiefen Ulzera mit Gewebezerstörung und heilen innerhalb von Wochen unter Narbenbildung ab.

 

Als dritte Form nennen die Leitlinienautoren die herpetiformen Aphthen (Stomatitis herpetiformis), die durch eine große Zahl von kleinsten flachen Ulzerationen gekennzeichnet sind. 50 bis über 100 Läsionen können sich auf der oropharyngealen Mukosa ausbreiten. Wie bei Minor-Aphthen dauert die schmerzhafte Phase drei bis fünf Tage. Wenn Gruppen von Ulzera konfluieren, ähneln sie echten Herpesläsionen. Doch Herpes-simplex-Viren sind an der Entstehung nicht beteiligt.

Phasen der oralen Aphthose (nach S2k-Leitlinie)

Stadium Symptome Dauer (Tage)
Prodromalstadium Kribbeln, Spannungsgefühl, ­Brennen, Rauigkeit 24 Stunden
präulzeröse Phase inflammatorisches Erythem, ­indurierte Papel 1 bis 3
ulzeratives Stadium fibrinbelegte Ulzeration mit ­aufgeworfenem Rand 1 bis 16
Abheilungsphase 4 bis 30

Ursachen unklar

 

Bis heute sind die genauen Ursachen für die Aphthenbildung nicht bekannt. Vermutlich gibt es zahlreiche Ursachen, unter anderem eine genetisch bedingte Neigung. Immerhin tritt die Erkrankung bei 30 bis 40 Prozent der Patienten familiär gehäuft auf. Menschen mit Glutenunverträglichkeit ­(Zöliakie) können auf Gluten-haltige Lebensmittel mit Aphthenbildung reagieren.

 

Viele Betroffene berichten, dass sie bei erhöhtem Stress und Schlafmangel anfälliger sind für Aphthen. Grobe Nahrungsmittel, zu heiße Getränke, zu harte Zahnbürsten oder falsche Putztechnik können die Mundschleimhaut verletzen und die Läsionen fördern. Bei lokal begrenzten Ulzera sollte der Zahnarzt mögliche mechanische Ursachen wie Druckstellen von Prothesen oder Zahnspangen sowie mechanische Irritationen, zum Beispiel nach operativen oder zahnärztlichen Eingriffen im Mund, abklären. Diskutiert wird auch, ob das zum Teil in Zahnpasten verwendete Tensid Natriumlaurylsulfat durch chemische Irritation Aphthen fördern kann.

 

Auf Systemerkrankungen achten

Aphthen können auch ein Zeichen von Systemerkrankungen oder Mangelzuständen sein. Darauf können Begleitsymptome wie Fieber, Durchfall, Bindehautentzündung oder Geschwüre an anderen Körperstellen hinweisen. Als Erkrankungen und prädisponierende Faktoren nennt die Leitlinie unter anderem autoinflammatorische Erkrankungen wie periodische Fiebersyndrome und Erkrankungen mit autoinflammatorischen und autoimmunologischen Aspekten wie Morbus Behçet (siehe Kasten). Auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen mit extraintestinalen Symptomen, zum Beispiel Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, bei hämatologischen Störungen wie Agranulozytose oder Non-Hodgkin-Lymphom können Aphthen auftreten. Den schmerzhaften Läsionen können auch ein Nährstoffmangel, zum Beispiel Eisen, Folsäure oder Vitamine B1, B2, B6 und B12, oder Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wie reaktive Arthritis, systemischer Lupus erythematodes und Sarkoidose zugrundeliegen.

 

Auch die Einnahme bestimmter Arzneimittel kann eine Aphthenbildung fördern. Die Leitlinie nennt als Beispiele nicht steroidale Antiphlogistika, Methotrexat sowie mTOR- oder Calcineurin-Inhibitoren.

 

Differenzialdiagnostisch wird der Arzt mögliche Infektionen abklären. Vor allem Virusinfektionen kommen infrage, zum Beispiel Coxsackie-, Herpes-simplex Typ 1-, Zytomegalie-, Epstein-Barr- oder HI-Viren. Auch bakterielle Infektionen, zum Beispiel mit Rickettsien, oder Syphilis können fälschlich als Aphthen gedeutet werden.

 

Symptomatisch behandeln

 

Aphthen heilen spontan von selbst ab. Primäres Ziel der Therapie ist daher die Schmerzlinderung, in der Regel durch Topika. Viele Patienten verzichten von sich aus auf heiße, harte, salzige oder stark gewürzte Speisen und Getränke. Nach dem Essen sollten sie den Mund gut ausspülen. Mundspüllösungen wirken antiseptisch und schmerzlindernd und enthalten zum Beispiel Chlorhexidin, Benzydamin oder Pflanzenextrakte wie Myrrhe, Ratanhia, Salbei oder Nelken. Als schmerzlindernde Mundgele und -tinkturen stehen Lokalanästhetika wie Lidocain und Polidocanol, Salicylsäure und diverse Pflanzenextrakte, zum Beispiel von Salbei, Kamille und Rhabarberwurzel, zur Verfügung. Gele und Lösungen werden mit einem Wattestäbchen direkt auf die Läsion aufgetragen. Präparate mit Hyaluronsäure bilden einen Schutzfilm über der Wunde.

 

Für Patienten ab 16 Jahren mit rezidivierenden Aphthen können auch Triamcinolonacetonid-Hafttabletten zur Selbstmedikation abgegeben werden. Jüngere Patienten sollten einen Arzt aufsuchen. Wiederholte tägliche Mundspülungen mit Tetracyclin-Lösung eignen sich laut Leitlinie bei Aphthen vom Major-Typ, um Superinfektionen zu unterdrücken. /

Seltene Erkrankung: Morbus Behçet

Morbus Behçet ist eine generalisierte Gefäßentzündung (Vaskulitis), deren Ursache weitestgehend unbekannt ist. Die seltene Erkrankung zählt zum rheumatischen Formenkreis. Charakteristisch sind rezidivierende, teils große Aphthen im Mund, die sehr langsam abheilen, sowie Ulcera in der Genitalregion. Auf der Haut finden sich vielfältige Veränderungen wie Akne-ähnliche Papulopusteln, Knötchen oder Erythemata nodosum (gerötete, verhärtete, überwärmte Hautareale). Die äußerst druckschmerzhaften Areale treten bei Behçet-Patienten meist an den Beinen auf. Viele Patienten leiden an Entzündungen im Auge (Iritis, Uveitis posterior, retinale Vaskulitis), die in schweren Fällen zur Erblindung führen können. Relativ häufig sind auch Gelenke und Blutgefäße erkrankt.

 

Die Behandlung des Morbus Behçet richtet sich nach der Schwere der Organbeteiligungen. Sind nur Haut- und Schleimhäute betroffen, reicht meist eine Behandlung mit niedrig dosiertem Corticosteroid und Colchicin. Bei schwereren Verläufen mit Beteiligung der Gelenke, ausgeprägter Vaskulitis der Haut, Thrombosen oder leichter Augen- oder Magen-Darm-Beteiligung kommt in erster Linie Azathioprin in Kombination mit Steroiden zum Einsatz. Alternativ wird gerade bei Augenentzündung Cyclosporin A eingesetzt. Hier ist auch Interferon-α 2a sehr gut wirksam. Bei therapierefraktären Verläufen können Tumornekrosefaktor-Antagonisten, Cyclophosphamid oder Chlorambucil erwogen werden.

 

Quelle: Behçet-Zentrum in Hamburg-Altona, www.behcet-zentrum.de

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