Komplexe Therapie lohnt sich |
07.03.2017 10:29 Uhr |
Von Nicole Schuster / Eine Mukoviszidose schränkt die Lebensqualität der Patienten erheblich ein. Heilung ist nicht in Sicht. Mit einem komplexen und zeitintensiven Therapieschema lassen sich Progression und Komplikationen jedoch aufhalten. Ob neue Arzneistoffe einen Durchbruch bringen, ist offen.
Der Name Mukoviszidose bedeutet so viel wie »zäher Schleim« und bezieht sich auf die eingedickten Sekrete, die die Funktion verschiedener Organe stören. Ohne Behandlung schreitet die Multi-System-Erkrankung rasch voran und führt bald zum Tod. »Noch in den späten 1960er-Jahren hat kaum ein Kind das Schulalter erreicht«, berichtet Professor Dr. Marcus A. Mall, Direktor des Zentrums für Translationale Lungenforschung und Leiter des Mukoviszidose-Zentrums am Universitätsklinikum Heidelberg, im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung. »Heute liegt dank moderner Behandlungen die mediane Überlebenszeit in Deutschland bei etwa 40 Jahren.« Mehr als die Hälfte der Patienten ist erwachsen.
In der hellhäutigen Bevölkerung kommt etwa eines von 2500 Kindern mit der auch als Cystische Fibrose (CF) bezeichneten Erbkrankheit zur Welt. Bei Afrikanern liegt die Inzidenz bei 1:17 000, bei Asiaten sogar nur bei 1:100 000 (1, 2).
Mukoviszidose wird autosomal-rezessiv vererbt. Entscheidend ist die Ausprägung des Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR)-Gens. Dieses Gen kodiert für die Struktur des Ionenkanals, der für den Transport von Chloridionen in die Zellen verantwortlich ist. Gesunde Menschen haben in der Regel zwei unveränderte, also nicht mutierte CFTR-Allele. Haben sie ein mutiertes und ein normales Allel, sind sie potenzielle Überträger eines krankmachenden Allels, selber aber gesund. Die Krankheit prägt sich aus, wenn ein Kind sowohl von der Mutter als auch vom Vater ein mutiertes CFTR-Gen erhält (3).
Salziger Schweiß und zähflüssige Sekrete
Beim CFTR-Gen sind mehr als 2000 verschiedene Veränderungen bekannt. Am häufigsten ist in Mittel- und Nordeuropa die sogenannte F508del-Mutation. Hier fehlt an Position 508 die Codierung für Phenylalanin. Etwa 85 Prozent der CF-Patienten in Deutschland weisen sie zumindest auf einem Gen auf. Die übrigen Mutationen kommen bei uns eher selten vor, können aber in anderen Teilen der Welt stärker präsent sein. Einen Überblick gibt die Datenbank www.genet.sickkids.on.ca/app.
Je nach Art der Mutation ist der Chloridionen-Kanal entweder nicht funktionstüchtig, zu kurz oder fehlt ganz. Der Defekt führt dazu, dass der Salz- und damit auch der Wasserhaushalt der Zellen gestört sind. Klinisch äußert sich das mit unnormal salzigem Schweiß und dicken klebrigen Sekreten.
Der Defekt stört die Funktion aller exkretorischen Drüsen. Am stärksten beeinträchtigt sind die oberen Atemwege und die Lunge (Abbildung 1). Auf den respiratorischen Epithelzellen der Bronchialschleimhaut entsteht visköser Schleim, der sich kaum abtransportieren lässt und die Luftwege zunehmend verengt. Ohne funktionierende mukoziliäre Clearance können sich Viren leicht ansiedeln, und das Risiko für bakterielle (Sekundär-)Infektionen steigt.
Problemkeime in der Lunge
Besonders gefürchtet ist der Keim Pseudomonas aeruginosa, der vor allem bei älteren CF-Patienten, also jungen Erwachsenen, zum Problem wird. Die Bakterien können in eine mukoide Form mutieren und sich mit einer Alginat-Kapsel sowohl vor der Immunabwehr als auch vor Antibiotika schützen (4). Weitere oft nachweisbare Erreger sind Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), Burkholderia cepacia und Haemophilus influenzae.
Gehäufte Infektionen ziehen chronische pulmonale Entzündungen, wiederkehrende Bronchitiden und Pneumonien nach sich. Der ständige Kampf gegen die Erreger schädigt das Parenchym der Lunge und es kommt zu strukturellen Änderungen mit beeinträchtigtem Gasaustausch (Abbildung 1). Zudem führt die chronische Entzündung zum Untergang zahlreicher Leukozyten und Epithelzellen, die übermäßig viel DNA freisetzen und das Bronchialsekret zusätzlich verdicken. »Die Behandlung der chronischen Lungenerkrankung ist die größte Herausforderung bei der Therapie der Mukoviszidose«, sagt Mall.
Extrapulmonale Manifestationen
Auch außerhalb der Lunge entwickeln sich Symptome infolge des defekten CFTR-Kanals (Tabelle 1). Die meisten Patienten leiden unter Störungen der Verdauungsorgane, vor allem der Bauchspeicheldrüse. Zähflüssiges Sekret verstopft die Gänge des Pankreas. Es resultiert eine chronisch-destruktive Entzündung, die zur exokrinen Bauchspeicheldrüsen-Insuffizienz fortschreiten kann. Das Organ bildet nicht mehr ausreichend Verdauungsenzyme.
Die Betroffenen leiden an übelriechenden, breiigen und fettigen Durchfällen, Blähungen und Bauchschmerzen. Ein starker Gewichtsverlust aufgrund der mangelnden Fettaufnahme verschlechtert den Allgemeinzustand. Bei Neugeborenen kann ein extrem zäher Stuhl (Mekonium, Kindspech) dazu führen, dass sie bereits bei der Geburt einen Darmverschluss haben.
Folgen der Mukoviszidose können auch ein vorgewölbter Mastdarm, Darmeinstülpungen und Refluxstörungen sein. Die Patienten weisen zudem oft eine verdickte Galle auf und es besteht die Gefahr einer biliären Obstruktion. Bei Gallensteinen gelangt nicht mehr ausreichend für die Verdauung erforderlicher Gallensaft in den Zwölffingerdarm. Weitere hepatobiliäre Komplikationen, etwa eine Leberzirrhose, sind möglich.
Bei männlichen Patienten treten Fertilitätsprobleme auf, wenn verdickte Sekrete die Samenleiter und Nebenhoden verstopfen. Bei Frauen kann eine Unfruchtbarkeit resultieren, wenn Pfropfen aus zähem Schleim in den Eileitern entstehen und Spermien den Weg versperren.
Bei Fortschreiten der Krankheit kann sich ein Diabetes mellitus infolge einer zunehmenden Zerstörung von Pankreasgewebe entwickeln. Mangelernährung oder orale Corticoid-Einnahme, die etwa bei gleichzeitigem Asthma oder allergischer bronchopulmonaler Aspergillose indiziert ist, begünstigen eine Osteoporose (1, 5).
Komplexe und zeitintensive Behandlung
Die Therapie der CF ist komplex und erfordert viel Zeit und Geduld. Die dreimal tägliche, circa 20-minütige Inhalation, etwa mit NaCl-Lösung als Basis, ist essenziell zur Kontrolle der Krankheit. Zusätze von ß-Sympathomimetika als bronchialerweiternde Medikamente können indiziert sein (Tabelle 2).
Um verdickte Sekrete zu verdünnen, erweisen sich Inhalationen mit hypertoner NaCl-Lösung, kombiniert mit rekombinanter humaner DNase, als hilfreich. Diese spaltet die DNA-Filamente, die aus Leukozyten und Epithelzellen entlassen wurden. Klinische Studien zeigen, dass sich dadurch die Lungenfunktion verbessert, Infektionen seltener auftreten und die Zahl von Krankenhausaufenthalten sinkt (6). Patienten, die gleichzeitig an Asthma bronchiale leiden, sollten gegebenenfalls auch inhalative Corticosteroide einsetzen.
Ein großes Problem ist die Infektion der Lunge mit multiresistenten Erregern, vor allem Pseudomonas aeruginosa. Um festzustellen, ob der Problemkeim die Lunge besiedelt hat, entnimmt der Arzt Sekrete aus dem Respirationstrakt zur Untersuchung. Die Behandlung richtet sich nach dem Antibiogramm. Zudem wird eine vorausgehende In-vitro-Resistenztestung nahegelegt. Empfehlungen der Institutionen EUCAST (www.eucast.org) und CLSI (www.clsi.org) helfen bei der Frage, welche Antibiotika getestet werden sollen. Hier sind auch Grenzwerte zur In-vitro-Empfindlichkeitsprüfung definiert.
Gemäß der S3-Leitlinie »Lungenerkrankung bei Mukoviszidose« von 2013 zählen Piperacillin, Ceftazidim, Meropenem, Tobramycin, Ciprofloxacin und Colistin zur ersten Wahl. Als Alternativen werden Piperacillin-Tazobactam, Cefepim, Gentamicin, Amikacin, Aztreonam, Fosfomycin und Doripenem angegeben. Zur Eradikation von Pseudomonas aeruginosa wird die Gabe von inhalativem Tobramycin für vier Wochen oder von Ciprofloxacin peroral, kombiniert mit Colistin, inhalativ über drei Wochen empfohlen. Ist eine Inhalation nicht möglich, wird zu einer intravenösen Kombinationstherapie geraten (7).
Seit 2016 ist auch ein Levofloxacin-haltiges Inhalat auf dem deutschen Markt (Quinsair®). Es ist das erste inhalierbare Fluorchinolon bei Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa (8).
Stationäre Aufenthalte sollten möglichst vermieden werden, um nosokomiale Infektionen zu umgehen (9). Individualrezepturen als Parenteralia aus der Apotheke können eine intravenöse Heimtherapie ermöglichen (lesen Sie dazu das Interview Parenteralia-Herstellung: Ein hohes Maß an Flexibilität).
Organ | Symptome und Folgeerkrankungen |
---|---|
Lunge, Bronchien | dauerhafter, schwerer Husten mit Auswurf, häufige Atemwegsinfektionen und Lungenentzündungen, abnehmende Belastbarkeit, Asthma, allergische Reaktionen der Lunge, etwa gegen Schimmelpilze |
Pankreas | gestörte Bildung von Verdauungsenzymen, dadurch Verdauungsstörungen fettiger, breiiger und übelriechender Stuhl, Gewichtsabnahme und Gedeihstörungen, gestörte Nährstoffaufnahme, zum Beispiel von Fett, Eiweiß und Vitaminen, Bauchschmerzen, Diabetes mellitus bei Zerstörung endokriner Zellen |
Darm | Darmverschluss (Ileus eventuell schon bei der Geburt), Darmvorfall |
Schweißdrüsen | erhöhter Salzverlust vor allem bei Fieber oder Hitze, dadurch körperliche Schwäche |
Leber und Galle | gestörte Leberfunktion, Leberzirrhose, Pfortader-Hochdruck, Gallensteine |
Nase und Nebenhöhlen | Nasenpolypen mit erschwerter Nasenatmung, Kopfschmerzen und Schnarchen, Nasennebenhöhlenentzündung |
Fortpflanzungsorgane |
Frauen: erschwerte Fruchtbarkeit Männer: meist zeugungsunfähig |
Augenmerk auf Ernährung und Sport
Die Pankreasinsuffizienz führt dazu, dass viele CF-Patienten Fett unverdaut ausscheiden und die Nährstoffaufnahme gestört ist. Viele sind mangelernährt. Da dies Komplikationen begünstigt, sind diätetische Maßnahmen ein weiterer Therapiepfeiler (10).
Die Gabe von Pankreasenzymen zur Mahlzeit und vor allem der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K wirkt ausgleichend (Tabelle 2). Zur Osteoporose-Prophylaxe dient die Kombination von Calcium und Vitamin D3. Auch die Supplementation von Mineralien wie Eisen ist oft erforderlich. Der Energiebedarf der Patienten kann anderthalbfach so hoch sein wie bei gesunden Gleichaltrigen. Empfehlenswert ist daher ein hoher Fettanteil (etwa 40 Prozent) in der Nahrung. Ein altersentsprechend normales Gewicht ist anzustreben, um Gedeihstörungen zu vermeiden. Gelingt das über eine normale Ernährung nicht, sind Trinknahrungen und möglicherweise auch eine perkutane Sondenernährung eine Option.
Im Gegensatz zur früheren Ansicht, dass bei Mukoviszidose Sport kontraindiziert sei, weiß man heute, dass körperliche Anstrengung wichtig und eine präventive Maßnahme gegen Folgeerkrankungen wie Osteoporose ist (9). Geeigneter Sport verbessert sowohl die Lungenfunktion als auch die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems und erhöht Muskelkraft und -masse. Empfohlen wird ein auf die individuelle physische und psychische Belastbarkeit abgestimmtes Ausdauer- und Krafttraining.
Patienten mit CF sollten regelmäßig zur Physiotherapie gehen. Hier lernen sie spezielle Atemtechniken, die ihnen helfen, die Lunge von zähem Sekret zu befreien. Solche Übungen sind mehrmals täglich angesagt. »Mit guter Compliance können sich die Patienten Lebensqualität bewahren und von Fortschritten in der Behandlung profitieren«, berichtet der Kinder- und Jugendarzt Mall.
Eine möglichst frühe und konsequent eingehaltene Therapie steigert die Lebenserwartung. Sie sollte im Idealfall schon beginnen, bevor deutliche Symptome aufgetreten sind. Dazu ist die Behandlung in einem CF-Spezialzentrum oder einer CF-Ambulanz empfehlenswert. Anlaufstellen gibt es in den meisten Großstädten. Eine Übersicht gibt es beim Mukoviszidose e.V. – Bundesverband Cystische Fibrose (www.muko.info/ueber-mukoviszidose.html).
Erste kausale Therapieansätze
Mukoviszidose ist nach wie vor nicht heilbar. Es gibt jedoch bereits zugelassene, kausale Therapien wie Ivacaftor und Lumacaftor. Ivacaftor erhöht die Offenwahrscheinlichkeit des durch eine G551D-Mutation defekten CFTR-Kanals. Allerdings ist der CFTR-Aktivator nur für Patienten mit dieser in Deutschland eher seltenen Mutation geeignet.
Eine Therapieoption für eine Mehrheit der Patienten bietet dagegen die Wirkstoffkombination von 200 mg Lumacaftor und 125 mg Ivacaftor (Orkambi®). Die Tabletten sind für Kinder ab zwölf Jahren mit nachgewiesener F508del-Mutation zugelassen. Bei einer F508del-Mutation sind Faltung, Funktion und Stabilität des CFTR-Kanals gestört. Lumacaftor korrigiert den fehlerhaften Aufbau, stabilisiert die Struktur und sorgt dafür, dass der korrigierte Kanal in die Plasmamembran eingebaut wird. Der »Korrektor« stellt aber noch nicht zwangsläufig die Funktionsfähigkeit des Kanals sicher. Wird gleichzeitig der »Aktivator« Ivacaftor verabreicht, wird der Kanal durchlässiger für Chloridionen. In Kombination scheinen sich die beiden Wirkstoffe jedoch gegenseitig in ihrer Wirkung abzuschwächen, wie Zellkulturexperimente zeigten (11, 12, 13, 14).
Aktuelle Ergebnisse der Langzeitstudie PROGRESS (doi.org/10.1016/S2213-2600(16)30427-1) bestätigen den positiven Einfluss der Wirkstoffkombination auf den Krankheitsverlauf. Insbesondere war der Lungenfunktionsverlust im Vergleich zu einer gematchten Kontrollkohorte um 42 Prozent geringer und die Häufigkeit pulmonaler Exazerbationen sank um 43 Prozent gegenüber der Placebogruppe (15). Der Gemeinsame Bundesausschuss bescheinigte der Kombination im Juni 2016 einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber Placebo (16).
Ähnlich wie Ivacaftor wirkt der CFTR-Aktivator VX-661, der sich laut Hersteller in Kombination mit Ivacaftor im Phase-III-Programm befindet. Er könnte in Zukunft eine weitere kausale Therapie darstellen.
Manifestationen und Folgeerkrankungen | Beispiele für Arzneimittel |
---|---|
Erkrankungen der Lunge und Atemwege | |
Peroralia zur Schleimverflüssigung | Acetylcystein, Ambroxol |
Inhalationen | Schleimlockerung mit NaCl-Lösung, Acetylcystein, verdünntes Ambroxol |
Bronchodilatatoren, etwa Ipratropiumbromid, Salbutamol, Fenoterol | |
bei Allergien und anhaltender Überempfindlichkeit der Bronchien: Cromoglicinsäure | |
bei chronischer Pseudomonas-Besiedelung: Antibiotika, etwa Tobramycin oder Colistin DNase bei häufigen bakteriellen Infektionen | |
systemische Gabe | Corticoide kurzfristig bei allergischer bronchopulmonaler Aspergillose |
Antibiotika: oral: vorübergehend/ständig intravenös: stationär/ambulant |
|
Erkrankungen anderer Organe | |
Verdauungsstörungen, Enzymmangel, gestörte Nährstoffaufnahme | Enzyme (ca. 2000 bis 3000 Einheiten Lipase pro Gramm Nahrungsfett) Vitamin- und Mineralien-Supplemente Elektrolyte |
chronische Leberleiden | Ursodesoxycholsäure |
gastroösophagealer Reflux | H2-Blocker, Protonenpumpeninhibitoren |
chronische Herzüberlastung | kaliumsparende Diuretika wie Spironolacton |
Diabetes mellitus | Ernährungsanpassung, orale Antidiabetika, Insulin |
Osteoporose | Calcium, Vitamin D3, eventuell Bisphosphonate |
Gut gefüllte Pipeline
Inzwischen gibt es eine Reihe pharmakologischer und technologischer Weiterentwicklungen für die CF-Therapie (18).
Der Wirkstoff OligoG CF-5/20 wird inhalativ angewendet und soll infektiöse Biofilme zerstören und Schleim verflüssigen. Die Phase IIa der klinischen Prüfung wurde bereits erfolgreich abgeschlossen. Bis April 2017 läuft eine Phase-IIb-Studie und bis Mai 2017 eine Untersuchung, in der die Wirkung gegen eine chronische Besiedlung von Burkholderia-Spezies erprobt wird (19, 20, 21). Zur Inhalation könnten in Zukunft auch weitere Antibiotika, zum Beispiel Vancomycin (AeroVanc®, Phase II) oder Levofloxacin (Aeroquin®, Phase III abgeschlossen), zur Verfügung stehen. Das Orphan-drug Cysteamin, bisher zugelassen zur Behandlung der nephropathischen Cystinose, hat möglicherweise auch eine antibakterielle Wirkkomponente, da es die Keimmenge im CF-Sputum reduziert. Zudem soll es mukolytisch wirken (22, 23).
Auch Ataluren wird bei CF geprüft. Das peroral bioverfügbare Medikament soll die Bildung verkürzter CFTR-Proteine verhindern und somit ebenfalls der Entstehung von zähflüssigem Sekret entgegenwirken. Seit Ende 2014 ist es als Translarna® im Handel zur Behandlung der Duchenne-Muskeldystrophie infolge einer Nonsense-Mutation im Dystrophin-Gen bei gehfähigen Patienten ab fünf Jahren (24, 25).
BAY63-2521 (Riociguat), bereits unter dem Markennamen Adempas® zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie zugelassen, wird aktuell in einer Phase-II-Studie bei CF-Patienten getestet. Es gibt präklinische Hinweise, dass Riociguat die Funktion des CFTR-Kanals verbessert und die Durchlässigkeit für Chloridionen erhöht (26, 27).
Der antiinflammatorische Wirkstoff CTX-4430 (Acebilustat) reduziert die Bildung von Leukotrien B4. Dadurch sollen überschießende Entzündungsreaktionen in der Lunge abgebremst werden. Eine laufende Phase-II-Studie soll zeigen, ob CTX-4430 zur Verbesserung der Lungenfunktion bei CF-Patienten geeignet ist (28, 29, 30).
Verpflichtendes Neugeborenen-Screening
Der CF-Experte Mall kann sich vorstellen, dass ein Therapiestart vor Beginn der Symptome die Manifestation der Lungenerkrankung erheblich verzögern oder sogar verhindern könnte. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist das sehr frühe Erkennen der Krankheit. »Bislang stellen Ärzte oft erst bei Auftreten von signifikanten Problemen wie Gedeihstörungen oder schweren Lungenentzündungen die Diagnose.« Dann seien bereits irreversible Schäden vorhanden.
Daran soll seit September 2016 eine regelhafte Untersuchung auf CF im Zuge des allgemeinen Neugeborenen-Screenings etwas ändern. Bei allen Neugeborenen wird nun routinemäßig ein Bluttest auf Mukoviszidose ausgeführt; bei auffälligen Werten folgt ein Schweißtest, bei dem der Gehalt an Kochsalz geprüft wird. So kann die Erkrankung in den ersten Lebenswochen erkannt und rasch eine Behandlung eingeleitet werden (31). /
Nicole Schusterstudierte zwei Semester Medizin in Bonn, dann Pharmazie und Germanistik in Bonn und später in Düsseldorf. Während ihres Studiums machte sie Praktika bei verschiedenen wissenschaftlichen Verlagen. Nach dem zweiten Staatsexamen und der Approbation 2010 absolvierte Schuster ein Aufbaustudium in Geschichte der Pharmazie in Marburg und arbeitet seitdem an ihrer Dissertation zu traditionellen pflanzlichen Heilmitteln.
Nicole Schuster
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