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Kooperationen

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

06.03.2012  16:11 Uhr

Von Andreas Kaapke / Kooperationen sind in aller Munde. Kooperation ist aber nicht gleich Kooperation. Die gegenwärtig anzutreffenden Kooperations-Modelle für Apotheken zeichnen sich einerseits hinsichtlich ihrer Unterschiedlichkeit durch eine große Vielfalt aus, auf der anderen Seite ist die Schnittmenge zwischen den Modellen durchaus hoch.

Kooperationen gelten nach jahrelangen Kostendämpfungsgesetzen als gute Möglichkeit, am Markt zu bestehen. Doch was scheinbar identisch beziehungsweise ähnlich ist und von allen Kooperationsprotagonisten als der strategische Wettbewerbsvorteil schlechthin angepriesen wird, bedarf einer gründlichen Prüfung. Gleich einer engen zwischenmenschlichen Beziehung, die auch nicht vorschnell und ohne Not eingegangen wird, sollte geprüft werden, mit wem man sich da einlässt, ob die Chemie stimmt und ob und unter welchen Bedingungen die Kooperation funktionieren kann. »Drum prüfe, wer sich ewig bindet«, denn »mitgefangen ist mitgehangen«, um nur zwei Volksweisheiten den vollmundigen strategischen Versprechungen gegenüberzustellen.

Der Begriff der Kooperation stammt aus dem Lateinischen und wird am treffendsten mit Zusammenarbeit oder gemeinschaftliche Erfüllung von Aufgaben übersetzt. In vielen Wirtschaftszweigen sind Kooperationen wohlgelitten, nicht zuletzt deshalb, weil man dem Glauben anhängt, dass Größe per se zu mehr Erfolg führt.

 

Es gibt Branchen, in denen fast jedes Unternehmen Beteiligungen an anderen Unternehmen hält beziehungsweise mit anderen Unternehmen, Verbänden oder sonstigen Institutionen in mannigfaltiger Art und Weise zusammenarbeitet.

 

Selbstständige Apotheker sind es gewohnt, wie der Name zum Ausdruck bringt, eigenständig zu operieren. Deshalb muss sehr intensiv geprüft werden, ob die mit dem Eingehen einer Kooperation vermuteten Vorteile die Aufgabe der völligen Eigenständigkeit rechtfertigen. Kooperationen können Syner­gieeffekte auslösen. Oft wird an dieser Stelle die beliebte Formel 2 + 2 = 5 bemüht. Nur wenn der Nachweis geführt werden kann, dass das Zusammenarbeiten schnellere, bessere oder kostengünstigere Ergebnisse erbringt oder erst den Eintritt auf Märkte, das Anbieten von Leistungen und Produkten oder die Kenntnisnahme im Markt ermöglicht, ergibt es Sinn, die Autonomie des Unternehmens aufzugeben und zu kooperieren.

 

Indikator ist die bessere Wettbewerbsfähigkeit

 

Das Ganze muss mehr als die Summe seiner Teile sein, ansonsten lohnt der Aufwand für die in einer Kooperation anfallenden Abstimmungsprozesse nicht. Dabei misst sich der Erfolg oder Misserfolg von Kooperationen nicht an ihrer Dauer, sondern daran, inwieweit sich durch die Kooperation die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Mitglieder verbessert. Deshalb sind verschiedene strategische Fragestellungen unabdingbar, wenn eine Apotheke sich einer Kooperation anschließen will:

 

Besteht die Möglichkeit, derzeit aufschlagende Fragestellungen besser im Verbund als alleine zu lösen? (Frage nach der generellen Sinnhaftigkeit einer Kooperation)

Bin ich mental bereit, mich auf eine Kooperation einzulassen? (das »Wollen«)

Habe ich die notwendigen Voraussetzungen, um für eine Kooperation infrage zu kommen? (das »Können«)

Wie hoch ist mein tatsächlicher Kooperationsbedarf?

In welchen Feldern (zum Beispiel Beschaffung, Marketing, Verkaufsförderung, Finan­zierung) eröffnet sich mein spezifischer Kooperationsbedarf?

Suche ich selbst nach Kooperationspartnern (aktive Suche) oder bieten sich mir derzeit Kooperationen an? (aktives Reagieren)

Was macht gerade mich für eine Kooperation attraktiv?

Wer ist Initiator der Kooperation (Hersteller, pharmazeutischer Großhandel, Apotheken, marktfremde Dritte wie der Lebensmittel-Einzelhandel)

Auf welchen Ebenen werden Partner in ein Kooperationsmodell eingebunden?

Wie viele Mitglieder wird die Kooperation umfassen?

Welche Einflussmöglichkeiten hat der Einzelne auf die Entscheidungen der Kooperation?

Welche Verbindlichkeit liegt dem Kooperationsmodell zugrunde? (lose Verein­barung, personelle Verflechtung, Vertrag)

Haben die Mitglieder Vetorechte? (beispielsweise hinsichtlich der Aufnahme neuer Mitglieder)

Welche Pflichten muss ich als Mitglied der Kooperation erfüllen?

 

Der Partner muss die gleiche Sprache sprechen

 

Als entscheidender Faktor für den Erfolg einer Kooperation gilt die Frage der Part­nerwahl. Der Partner muss »attraktiv« sein, den »gleichen Humor« haben, »ähnliche Interessen« verfolgen, mithin die »gleiche Sprache« sprechen. Unterschiedliche Kooperationen bedingen andere Kriterien zur Partnerwahl, sodass nicht zwingend der eine für alle Felder infrage kommt, sondern unter Umständen jeweils andere Partner am Erfolg versprechendsten sind. Deshalb sollte ein »Partnerprofil« auch immer darauf ausgerichtet sein, welches Ziel beziehungsweise welche Ziele mit der Kooperation verfolgt werden soll(en).

Im Allgemeinen sollte man sich solche Partner suchen, die komplementäre Stärken und Ressourcen in die Partnerschaft einbringen können. Eigene Schwächen, die dafür verantwortlich sind, dass die gesteckten Ziele nicht im Alleingang erreicht wer­den können, sollen ja gerade durch die Kooperation ausgeglichen werden. Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, dass das Problem, das zum Eingehen einer Kooperation geführt hat, durch die Zusammenarbeit nicht gelöst oder vermindert, sondern noch verstärkt wird.

 

Zu der aufgegebenen Autonomie gesellt sich dann die erhöhte betriebswirtschaftliche Belastung. Schließlich wirken derartige Missgriffe demotivierend; ein sich negativ auswirkender kumulativer Effekt tritt nicht selten ein. Die Kooperationspartner sollten miteinander harmonieren, dies besitzt erhebliche Relevanz für ein erfolgreiches Miteinander. Insbesondere dem strategischen, unternehmenspolitischen und unternehmenskulturellen »fit« wird große Bedeutung beigemessen.

 

Wenn sich eine Apotheke erst einmal in ein auch im Außenauftritt klar erkennbares Konzept integriert hat, ist der Ausstieg aus diesen Konzepten schmerzhaft und teuer. Schließlich muss auch den Kunden erklärt werden, warum die Kooperation erst eingegangen und dann doch wieder beendet wurde.

 

Dies soll keineswegs bedeuten, dass sich Apotheken an derlei Konzepten per se die Finger verbrennen dürften. Vielmehr soll durch die Ausführungen verdeutlicht werden, dass mit zunehmender Intensität der Zusammenarbeit die Prüfung, ob Kooperation oder doch besser nicht besonders genau erfolgen sollte. Ein Apotheker, der ein Gutteil seiner Zeit darauf verwenden muss, Konflikte in der von ihm eingegangenen Kooperation zu lösen, kann sich nicht auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Wie schnell wird in schwierigen Zeiten aus 2 + 2 = 5, 2 + 2 = 4, oder wenn es ganz schlimm kommt, 2 + 2 = 3. Sollten sich schon bei den Verhandlungen mit potenziellen Partnern Reibungsverluste andeuten, ist Vorsicht geboten. Wie schnell entstehen Missstimmungen, Vertrauensverlust und Neid, alles schlechte Berater aus betriebswirtschaftlicher Perspektive. Beachtenswert scheint auch die Frage, wie groß eine Kooperation werden soll. Bekannte Kooperationen im Einzelhandel reüssieren bei gemäßigtem Wachstum und klarem Mitgliederprofil. Verwässerungen bei den Aufnahmekriterien, zu rasantes Wachstum und eine Pseudo-Internationalisierung sind in aller Regel Gift.

 

Größe ist nicht per se ein Vorteil

 

Je größer die Kooperation, desto unbedeutender wird das einzelne Mitglied. Natürlich können aus der Größe erhebliche Vorteile erwachsen, aber eben auch Nachteile. Hier muss bereits bei Eingehen der Kooperation kritisch hinterfragt werden, welches Gesamtkonzept sich dahinter verbirgt.

 

Neben der Frage, ob man selbst an der Kooperation partizipieren kann und will, muss sich die Frage nach dem Konzept über die individualvertraglichen Absprachen hinaus stellen. Ein heute attraktiv anmutender Vertrag entwickelt sich zur Makulatur, wenn das Konzept nicht mehr das »Ihre« ist.

 

Kooperation ist eine in jedweder Hinsicht überdenkenswerte strategische Option. Nur die »Braut« muss sich in guten und schlechten Zeiten bewähren. Kooperationen bewirken manches, aber lösen nicht alles.

 

Kooperationen drängen sich für manche auf, aber nicht für alle. Und nicht alle Kooperationen halten, was sie versprechen, aber manche. Drum prüfe, wer sich ewig bindet. /

Der Autor

Professor Dr. Andreas Kaapke ist seit 1. September 2010 Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und zugleich Inhaber der Prof. Kaapke Projekte. Zuvor war Kaapke von 1996 bis 2010 Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung an der Universität zu Köln (IfH) und der dort angesiedelten Wirtschaftstochter Institut für Handelsforschung GmbH. Der Wirtschaftswissenschaftler war und ist an zahlreichen Hochschulen und Akademien als Dozent beziehungsweise Lehrbeauftragter tätig.

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