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Pille danach

Länder fordern Versandverbot

25.02.2015  09:53 Uhr

Von Stephanie Schersch / Für die Pille danach soll es ein Versandhandelsverbot geben. Das fordert der Gesundheitsausschuss im Bundesrat in einer Beschlussempfehlung an das Plenum der Länderkammer. Demnach soll es eine entsprechende Änderung der Apothekenbetriebsordnung geben.

Die Forderung geht auf einen Antrag der Länder Rheinland-Pfalz, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zurück. Hintergrund ist die geplante Freigabe der Pille danach. Ab Mitte März soll es das Notfallkontrazeptivum ohne Rezept geben. Die Beratung der betroffenen Frauen erfolgt dann vor allem in der Apotheke. 

 

Zwar könnten grundsätzlich auch Versandhändler die erforderliche Information der Patienten zu Arzneimitteln leisten, heißt es in der Begründung des Antrags. Im Fall der Pille danach erforderten jedoch »Umfang und Intensität der Beratung unter Berücksichtigung der individuellen Situation der Betroffenen sowie die sensible Thematik eine Beratung von Angesicht zu Angesicht«. Eine Information über Online-Fragebögen oder am Telefon reiche nicht aus.

 

Darüber hinaus müsse die Pille danach betroffenen Frauen mit Blick auf die Wirksamkeit des Arzneimittels möglichst unverzüglich zur Verfügung stehen. Auch das könnten Versender nicht leisten. Eine Bevorratung mit dem Arzneimittel lehnen die Länder ebenfalls ab. Im Gesundheitsausschuss fand der Antrag bereits eine Mehrheit, am 6. März soll nun das Plenum der Länderkammer darüber entscheiden. An diesem Tag steht auch die finale Abstimmung über die Freigabe des Notfallkontrazeptivums auf der Tagesordnung. Folgt das Plenum dem Votum aus dem Gesundheitsausschuss, ist das Versandverbot beschlossene Sache. Der Bundestag muss der Änderung nicht zustimmen.

 

Es gibt bereits Ausnahmen

 

Für das Verbot schlagen die Länder einen Zusatz in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vor. Bereits heute gibt es eine Reihe von Medikamenten, die Versandhändler nicht vertreiben dürfen. Dazu zählen vor allem Betäubungsmittel. Ausnahmen gibt es aber auch für Präparate mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid und Thalidomid. Hintergrund ist der Contergan®-Skandal der 1960er-Jahre. Tausende Kinder wurden damals wegen des Thalidomid-haltigen Schlafmittels mit schweren Missbildungen geboren.

 

Heute kommt Thalidomid ebenso wie die verwandten Wirkstoffe Lenalidomid und Pomalidomid in der Therapie des Multiplen Myeloms zum Einsatz. Aufgrund der Historie und der besonderen Risiken dürfen diese Arzneistoffe dabei nur auf einem Sonderrezept verschrieben werden. Paragraf 17 Absatz 2b ApBetrO regelt zudem ein Versandverbot für entsprechende Präparate. Die Bundesländer wollen diesen Paragrafen ergänzen. Demnach sollen grundsätzlich auch »zur Notfallkontrazeption zugelassene Arzneimittel mit den Wirkstoffen Levonorgestrel und Ulipristalacetat« vom Versand ausgeschlossen sein.

 

Über Parteigrenzen hinweg

 

Der Antrag der Länder greift über Parteigrenzen hinweg. Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) soll hinter dem Vorstoß stehen. »Unser Ziel ist es, auch weiterhin eine qualitativ gute Beratung sicherzustellen«, sagte er. Doch das geplante Versandverbot stößt auch auf Kritik. SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis kann den Vorschlag nicht nachvollziehen. Könne ein Versender die Lieferung innerhalb von 24 Stunden oder schneller garantieren, »gibt es im Interesse der betroffenen Frauen keinen Grund, diesen Bezugsweg rechtlich auszuschließen«, sagte sie. In puncto Beratung gebe es zudem keine Unterschiede zwischen Versandapotheke und Apotheke vor Ort.

 

Auch Kordula Schulz-Asche von den Grünen zeigte sich erstaunt über den Vorstoß der Länder. Schließlich setzten informierte Frauen bei Verhütungspannen ohnehin auf Schnelligkeit und warteten nicht erst auf die Post. Der Bundesrat hätte sich daher aus ihrer Sicht vielmehr für hohe Beratungsstandards in Präsenz- und auch Versandapotheken einsetzen sollen. Denn beide Vertriebswege hätten Vor- und Nachteile, so Schulz-Asche. So könnten Frauen etwa vor der Beratung bei einem persönlich bekannten Apotheker vor Ort zurückschrecken. Auf der anderen Seite sei die schnelle Verfügbarkeit der Pille danach aber ein klarer Vorteil der Präsenzapotheke.

 

Die Linkspartei begrüßte den Vorstoß der Bundesländer grundsätzlich. Die Bedenken seien berechtigt, sagte Kathrin Vogler, Sprecherin für Arzneimittelpolitik. »Der Versandhandel kann eine ausreichend schnelle Belieferung mit der Pille danach nicht gewährleisten und ebenso wenig eine geeignete Beratung anbieten.«

 

Den Linken ist der Versandhandel mit Arzneimitteln generell ein Dorn im Auge. Sie drängen seit Jahren darauf, ihn deutlich einzudämmen. Die Vorbehalte der Länder beim Versand der Pille danach könnten prinzipiell auch bei anderen rezeptfreien Präparaten zum Tragen kommen, so Vogler. »Auch da kann eine sensible Beratung vonnöten sein.« Zudem könnten Patienten bei Bedarf auch auf die Lieferung von Schmerzmitteln etwa nicht tagelang warten.

 

Aus Sicht der Linkspartei würde es daher Sinn machen, auch für andere Präparate ein Versandverbot einzuführen. Dieser Vorschlag stößt allerdings bei den anderen Parteien auf wenig Gegenliebe. Dass nun für die verhältnismäßig nebenwirkungsarmen Notfallkontrazeptiva eine Sonderregelung geplant sei, »zeigt, dass es insbesondere bei den Unionsparteien immer noch ein ideologisch motiviertes Unbehagen gegen die Freigabe der Pille danach gibt«, sagte Vogler.

 

»Stimmungsmache«

 

Der Bundesverband der Versandapotheken (BVDVA) hält den Vorstoß der Länder für reine »Stimmungsmache gegen den Arzneimittelversand«. Schließlich schnitten Versender bei der Beratung seit Jahren nicht schlechter ab als Präsenzapotheken.

 

BVDVA-Chef Christian Buse kann zudem nicht verstehen, warum Frauen die Pille danach nicht auf Vorrat kaufen sollten. »Was spricht denn dagegen, dass sich Frauen nach eingehender Beratung mit einem Notfallkontrazeptivum über den Versandhandel bevorraten«, fragte er. Andernfalls müssten Frauen im Notfall darauf hoffen, dass ihre Apotheke die Pille danach auf Lager habe und das sei nicht immer der Fall. Auch Vor-Ort-Apotheken müssten das Arzneimittel in der Regel über den Großhandel bestellen, so Buse. /

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