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ADHS

Wenn der Zappelphilipp erwachsen wird

01.03.2011  16:40 Uhr

Von Christiane Berg, Hamburg / Methylphenidat ist nach aktuellem Forschungsstand nach wie vor Goldstandard in der Therapie der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung. Bislang ist es nur für Kinder und Jugendliche zugelassen. Das könnte sich demnächst ändern.

Etwa 4 bis 9 Prozent aller Kinder im schulpflichtigen Alter zeigen Symptome im Sinne einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS). Bis zu 60 Prozent dieser Kinder erfüllen die diagnostischen Kriterien in unterschiedlicher Ausprägung auch im Erwachsenenalter. Der Schweregrad der Erkrankung sei sehr individuell und von unterschiedlichen Krankheitszeichen geprägt, sagte Professor Dr. Götz Erik Trott, Aschaffenburg, am Rande des 6. ADHS-Gipfels bei einer Veranstaltung von Jannsen-Cilag.

Bei erwachsenen ADHS-Patienten seien sehr viel häufiger als in der Normalbevölkerung Arbeitsplatzverluste und Stellenwechsel, Partnerschaftskrisen, finanzielle Probleme, Alkohol-, Nikotin- und Drogensucht, Suizidversuche, Vorstrafen und Krankenhausaufenthalte, sexuell übertragbare Krankheiten oder unerwünschte (Teenager)Schwangerschaften bei generell erhöhter Geburtenzahl zu registrieren.

 

Zumeist, so Trott, haben sie ein niedrigeres Einkommen sowie signifikant mehr Fehltage und neigen verstärkt zu Auto- und Arbeitsunfällen. Jugendliche und Erwachsene mit ADHS haben insbesondere Schwierigkeiten in Berufen, die eine hohe Dauerkonzentration erfordern, eine hohe Entscheidungsdichte aufweisen, aus vorwiegend sitzender Tätigkeit bestehen, wenig Abwechslung bieten und einen hohen Grad an Abstimmung mit Kollegen erfordern.

 

Methylphenidat-Hydrochlorid ist zugelassen zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen von sechs bis 18 Jahren mit ADHS definiert nach DSM-IV oder ICD 10 als Teil eines umfassenden Behandlungsprogramms, wenn sich andere, zum Beispiel verhaltens- und familientherapeutische, ergo- und logopädische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben. In Ermangelung der Zulassung für die Therapie von Erwachsenen mit ADHS wird Methylphenidat (MPH) bei volljährigen Patienten derzeit von den Krankenkassen nur im individuellen, vom Arzt dokumentierten Einzelfall erstattet. Jugendliche und Erwachsene benötigen andere MPH-Dosierungen als Kinder. Bei der Dosisfindung sei der Schweregrad der Störung ausschlaggebend, wobei eine gewichtsabhängige Ti­trierung der Orientierung dient, erklärte Trott. Der Kinder- und Jugendpsychiater hofft auf die Zulassung MPH-haltiger Präparate für diese Patientengruppe noch in diesem Jahr.

 

Die Dauertherapie mit lang wirksamen MPH-Retardformulierungen hält Trott für sinnvoll: »Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit ADHS ist es von besonderer Wichtigkeit, dass auch die späten Nachmittags- und frühen Abendstunden abgedeckt sind.«

 

Die Wirkdauer gängiger Methylphenidat-Präparate mit verzögerter Freisetzung reicht laut Trott von circa sechs Stunden (Ritalin® SR), über circa sieben bis acht (Ritalin®LA), sechs bis acht (Medikinet® retard) und acht bis neun (Equasym® retard) bis hin zu circa zehn bis zwölf Stunden (Concerta®). Die Einzeldosierungen der Langzeitpräparate umfassen eine Palette von 10 bis 54 mg.

 

Freisetzung durch Osmose

 

Die am längsten wirksame Formulierung bedient sich der »Osmotic Release Oral Systems« (Oros)-Technologie. Bei einmal täglicher, nahrungsunabhängiger Einnahme erfolgt die Freisetzung des Wirkstoffs über den ganzen Tag in einem mehrstufigen Prozess. Nach der Einnahme löst sich die Methylphenidat-haltige Ummantelung der Tablette und setzt innerhalb einer Stunde etwa ein Fünftel der Gesamtdosis frei. Durch eine semipermeable Hülle dringt nunmehr Wasser in das Tabletteninnere. Das bewirkt die Ausdehnung eines Quellkörpers, welcher den gelösten Wirkstoff kontinuierlich über circa zehn bis zwölf Stunden durch die Laserbohrung presst.

 

Als Vorteile lang wirksamer Stimulan­zien, die die einmal tägliche Einnahme ermöglichen, nannte Trott die bessere Compliance und Akzeptanz bei stabilisierter Stimmungslage und verminderten Rebound-Phänomenen. Die Gefahr der Stigmatisierung durch eine häufigere Medikamenteneinnahme auch in der Schul- oder Arbeitszeit werde gesenkt. Die Wirkung bleibe bis in die Nachmittagsstunden und je nach Präparat bis zum Abend und bis zum Ende des Dosisintervalls erhalten. / 

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