Gesetzentwurf belastet Angestellte |
18.02.2014 17:14 Uhr |
Von Ev Tebroke / Trotz Kritik aus den eigenen Reihen rückt die Koalition nicht davon ab, bei der Beitragsfinanzierung der Krankenkassen die Angestellten stärker zu belasten als die Arbeitgeber. Das geht aus einem Referentenentwurf zum geplanten Gesetz hervor, der der Pharmazeutischen Zeitung vorliegt.
In dem sogenannten GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) soll demnach der paritätisch finanzierte Beitragssatz bei 14,6 Prozent festgeschrieben werden. Der Arbeitgeberanteil bleibt auf einer Höhe von 7,3 Prozent eingefroren. Um etwaigen zusätzlichen Finanzierungsbedarf zu decken, können die Kassen zukünftig von den Arbeitnehmern einkommensabhängige prozentuale Zusatzbeiträge einziehen.
Individuelle Zusatzbeiträge
Durch die Abschaffung des von den Angestellten bislang allein zu tragenden Beitragssatzanteils von 0,9 Prozentpunkten werde der Beitragssatz der Arbeitnehmer von heute 8,2 Prozent auf 7,3 Prozent reduziert, heißt es in dem Entwurf. »Die daraus resultierende Unterdeckung in Höhe von rund 11 Milliarden Euro soll durch kassenindividuelle einkommensabhängige Zusatzbeiträge gedeckt werden.«
Die Opposition ist empört. Die Grünen kritisieren, mit dem Gesetzentwurf würden die Arbeitgeber dauerhaft entlastet. »Die Versicherten zahlen die Zeche, weil sie den gesamten Kostenanstieg im Gesundheitswesen allein tragen müssen«, sagt die Sprecherin für Gesundheitspolitik der Grünen, Maria Klein-Schmeink. Der neue Zusatzbeitrag sei weit entfernt von dem, was die Grünen und die SPD bis zur Wahl gemeinsam als solidarische Finanzierung gefordert hätten. »Ohne Begrenzung nach oben werden die Extrabeiträge auch für niedrige Einkommen schnell eine empfindliche Höhe haben«, so die Befürchtung. Im Gesetzgebungsverfahren wolle man daher insbesondere die SPD immer wieder an diese soziale Schieflage erinnern.
Auch die Linke übt scharfe Kritik an dem Koalitionsvorhaben. »Die Krankenkassenreform wird die soziale Schieflage des Gesundheitssystems weiter verschärfen, denn wieder einmal werden Kostensteigerungen einseitig den Versicherten aufgebürdet«, so der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion Die Linke, Harald Weinberg. Möglich gemacht habe dies die SPD, die bei den Koalitionsverhandlungen im vergangenen Jahr an dieser Stelle eingeknickt sei. Der Widerstand, der sich nun bei einigen Sozialdemokraten rege, sei zwar ehrenwert, aber zum Scheitern verurteilt.
Widerstand aus den eigenen Reihen der Koalition kam in der Tat erst kürzlich von der SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis. Diese hatte gegenüber der »Frankfurter Rundschau« betont, es sei ein Mechanismus nötig, der ein zu starkes Auseinanderdriften der Anteile von Arbeitgebern und Arbeitnehmern verhindere. Das müsse auch ins Gesetz geschrieben werden, hatte sie gefordert. Die SPD könne sich nicht dafür bejubeln lassen, die Kopfpauschale abgeschafft zu haben, wenn sie gleichzeitig eine neue Ungerechtigkeit zulasse.
Eine Nebenabsprache
Es bleibt nun abzuwarten, ob und inwieweit die SPD den Entwurf noch arbeitnehmerfreundlicher gestalten kann. Angeblich gab es parallel zum Koalitionsvertrag eine Nebenabsprache von Union und SPD. Demnach soll die umstrittene Regelung nur für die Dauer einer Legislaturperiode gelten. /