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Arzneimittelpreise

Praxistest könnte frühe Nutzenbewertung ergänzen

22.02.2011  16:22 Uhr

Von Theresia Blattmann, Berlin / Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet innerhalb von drei Monaten, ob ein neues Medikament einen Zusatznutzen hat und teurer als der Festbetrag sein darf. Doch zu diesem Zeitpunkt zeigt sich der ganze Nutzen noch gar nicht, sagen Kritiker.

Dass der Nutzen eines neuen Arzneimittels nun früh bewertet werde, schaffe »eine rationale Basis, um einer Kostenexplosion gegenüberzutreten«, sagte Professor Dr. Gerd Glaeske, Leiter der Versorgungsforschung im Bereich Arzneimittel an der Universität Bremen auf einer Tagung »Kassengipfel 2011« vorige Woche in Berlin.

 

Sinnvolle Kostenregulierung

 

Glaeske hält die neue eingeläutete Kostenregulierung im Arzneimittelmarkt für überfällig. Seit Anfang des Jahres legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) den Zusatznutzen eines neuen Arzneimittels innerhalb von drei Monaten in einer frühen Kosten-Nutzen-Bewertung fest. Grundlage dafür sind vom Hersteller einzureichenden Dossiers. Sofern ein Zusatznutzen erkennbar ist, handeln die Kassen mit dem Hersteller den Preis für das Medikament aus. Kommt keine Einigung zustande, erfolgt ein Schiedsspruch. Stellt der GBA für ein Arzneimittel keinen Zusatznutzen fest, wird es direkt ins Festbetragssystem überführt.

Der demografische Wandel ließe die Arzneimittelkosten dramatisch steigen, prophezeite Glaeske. Dieser Trend werde durch den erhöhten Bedarf an kostenintensiven Biologicals und gentechnisch hergestellten Präparaten zusätzlich verschärft. »Ich habe nichts dagegen, dass Arzneimittel teuer sind«, sagte der Experte. »Aber der Preis eines Arzneimittels muss in Relation zu seinem Nutzen stehen«. Doch die frühe Nutzenbewertung allein hält Glaeske für ein unzureichendes Instrument, um zu bestimmen, welchen Nutzen ein Arzneimittel tatsächlich für Patienten hat. »Es braucht Zeit, um einen patientenrelevanten Nutzen im Sinne einer besseren Lebensqualität oder eines verlängerten Überlebens feststellen zu können«, erklärte er.

 

Die Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, stimmte Glaeske zu. »Das Instrument der frühen Nutzenbewertung darf nicht überschätzt werden.« Zum Zeitpunkt der Zulassung könne es teilweise noch gar keinen evidenten Nachweis für einen Zusatznutzen geben. Die frühe Nutzenbewertung sei somit vielmehr eine Prognose über den Zusatznutzen. Sie könne die Erfahrungen im klinischen Alltag nicht ersetzen.

 

Glaeske schlug deshalb vor, den Zeitraum für die Nutzenbewertung auf drei Jahre zu verlängern. Um neue Arzneimittel trotzdem rasch verfügbar zu machen, könnten die Kassen die Vertragsbedingungen vorläufig für drei Jahre vereinbaren und nach dem Ende der Studien den Erkenntnissen anpassen. »Es geht darum, mit Arzneimitteln und nicht an Arzneimitteln zu sparen«, betonte er.

 

Glaeske warnte auch davor, die Nutzenbewertung mit der Zulassung eines Arzneimittels für beendet zu erklären: »Zulassungsstudien bewerten die Wirksamkeit eines Präparates und nicht den patientenorientierten Nutzen.« Dagegen verwahrte Yzer sich. »Die Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung ist richtig,«

 

Diskussion über Orphan Drugs

 

Auch die Rolle der Orphan Drugs blieb umstritten. Für diese Medikamente zur Behandlung seltener Erkrankungen entfällt der Nachweis eines Zusatznutzens, wenn der jährliche Umsatz mit einem Präparat die Grenze von 50 Millionen Euro nicht überschreitet. In der Praxis teilen Hersteller jedoch relativ häufig auftretende Krankheiten wie Krebserkrankungen in kleine Indikationsgruppen ein, die eine Zulassung als Orphan Drug möglich machen. »Anschließend wird eine Indikationserweiterung vorgenommen«, erklärte Glaeske. »Orphan Drugs müssen aber als Gesamtprodukt betrachtet werden.« Beispielswiese erziele das Präparat »Glivec«, das im Jahr 2001 als Orphan Drug zugelassen wurde, in einzelnen Indikationsbereichen jeweils etwa 30 Millionen Euro Umsatz. Der Gesamtumsatz mit dem Präparat belaufe sich derzeit aber auf mehr als 200 Millionen Euro.

 

Yzer verteidigte die Sonderstellung der Orphan Drugs: »Die Zulassung für Indikationserweiterungen ist aufwendig, deshalb ist dieses Verfahren gerechtfertigt.« Zudem beinhalte die Einordnung als Orphan Drug bereits eine Prüfung des Zusatznutzens. /

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