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Fremdbesitzverbot

Kollektive Spekulationen

08.04.2008  17:26 Uhr

Fremdbesitzverbot

<typohead type="3">Kollektive Spekulationen

Von Daniel Rücker

 

Frühestens im nächsten Winter, vielleicht aber auch erst im Frühjahr 2009 wird der Europäische Gerichtshof über das Fremd- und Mehrbesitzverbot entscheiden. Für viele Zeitungen steht das Urteil bereits heute fest: Im Jahr 2009 bekommen die Apotheken unliebsame Konkurrenz durch Ketten. Woher die Autoren dies wissen, bleibt leider offen.

 

Regelmäßige Leser der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, der «Süddeutschen Zeitung« oder der »Welt« müssten sich eigentlich fragen, warum die Europäische Union eine so aufwendige Institution wie den Europäischen Gerichtshof (EuGH) unterhält. Da beschäftigen sich hochbezahlte Richter monatelang mit der Frage, ob Deutschland es Nicht-Apothekern verbieten darf, eine Apotheke zu betreiben, dabei ist die Sache längst entschieden: »Die Tage der Exklusivstellung der Apotheken sind gezählt« schreibt etwa die »Welt« am 12. Februar und die »Welt am Sonntag« vom 17. Februar weiß: »Durch die Klage der EU-Kommission steht das Privileg (der Apotheker) vor dem Aus.«

 

Bemerkenswert, dass die Zeitung zwar weiß, wie das Verfahren ausgeht, aber offensichtlich kenntnislos darüber ist, dass zum einen die EU-Kommission bislang lediglich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik gestartet hat und zum anderen das Vorlageverfahren aus dem Saarland beim EuGH wohl entscheidend für die zukünftige Struktur der Arzneimittelversorgung in Deutschland sein wird.

 

Angesichts solch forscher Prognosen mutet es fast schon vorsichtig an, wenn die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« am 14. Februar schreibt, es werde erwartet, dass der EuGH das Fremd- und Mehrbesitzverbot kippt. Dass hier, wie in vielen anderen Berichten hartnäckig verschwiegen wird, wer dies eigentlich erwartet und woher er seine Informationen über den Sachverhalt hat, fällt kaum noch auf. Wenn Zeitungen permanent dieselbe Spekulation verbreiten, wird sie zum Allgemeingut. Es bedarf auch keiner Quelle, dass es morgens hell und abends dunkel wird.

 

Galoppierende Deregulierung

 

Interessanterweise ist der Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbotes in den meisten Medien nur der erste Schritt einer galoppierenden Deregulierung, der weder Apotheker noch Bundesregierung oder gesunder Menschenverstand irgendetwas entgegensetzen können. Getrieben von der Ankündigung Schleckers über eine in den Niederlanden angesiedelte Versandapotheke Arzneimittel nach Deutschland zu versenden, wird in den kollektiven Spekulationen jeder größeren Handelskette, die sich nicht mit einer einstweiligen Verfügung dagegen wehrt, eine eigene Apothekenkette angehängt. Schlecker, Rossmann, Rewe, dm-Märkte, Edeka, Phönix, Celesio und letztlich die ABDA auch planen für den Tag eins nach dem Fall des Fremdbesitzverbotes ihre eigene Kette. Wahrscheinlich ist den Autoren vieler Beiträge gar nicht bekannt, dass der Fall des Fremd- und Mehrbesitzverbotes zwar Nichtapothekern den Betrieb einer Apotheker grundsätzlich ermöglicht, dass es aber auch dann noch ein weiter Weg wäre bis zu rezept- oder apothekenpflichtigen Medikamenten in Supermärkten. Dazu müssten Apotheken- und Arzneimittelgesetz noch erheblich geändert werden. Bei einigen Artikeln drängt sich ohnehin der Verdacht auf, dass die Basis des Beitrags nicht die profunde Recherche ist, sondern vielmehr die gezielte Information oder Desinformation aus interessierter Quelle.

 

Das gilt wohl auch für die in der FAZ am 14. Februar aufgestellte Behauptung, die ABDA plane eine »Kette von unten« entweder gemeinsam mit verschiedenen Großhändlern oder mit einem noch zu gründenden Großhandel. Angestoßen hatte diesen Beitrag ein Redebeitrag des Aktionärsvertreters Dr. Daniel Schütze auf der Anzag-Hauptversammlung.

 

In wessen Namen er diese Spekulation in Gang setzte ist unbekannt. Es gibt jedoch Vermutungen über seinen Auftragsgeber, die an dieser Stelle nicht wiederholt werden sollen, um sich noch glaubhaft von dem FAZ-Beitrag abzuheben, dessen Autor als Quelle seiner Behauptungen »hartnäckige Gerüchte« bemühte. Es ist schon sehr ungewöhnlich, dass große Tageszeitungen über mehrere Wochen immer wieder dieselben Botschaften verbreiten, obwohl sie dabei ganz offensichtlich im Nebel stochern.

 

Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass FAZ, Süddeutsche, Welt und andere Zeitungen am Ende mit ihren Spekulationen Recht haben. Eine der hervorstechenden Eigenschaften der Zukunft ist ja, dass man sie nicht kennt. Bemerkenswert ist aber, dass die Aussagen nur selten als Spekulationen gekennzeichnet werden, gleichzeitig aber ohne erwähnenswerte Zusatzinformationen in kurzen Zeitabständen wiederholt werden.

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