Pharmazeutische Zeitung online
Virusinfektionen der Haut

Windpocken, Warzen und Weiteres

12.02.2013  17:43 Uhr

Virusinfektionen der Haut und Schleimhaut sind häufig, zeigen teilweise eine hohe Rezidivrate und können mitunter zu lebens­bedrohlichen Komplikationen führen. Dr. Ralf Hartmann vom Bundeswehrkrankenhaus Berlin informierte über Warzen, Gürtelrose und Windpocken.

Mehr als 100 verschiedene Subtypen von humanen Papillomviren (HPV) sind bekannt. Ursache der meisten Warzen ist eine Infektion mit einem HPV-Virus. Ein wichtige Ausnahme sind Dellwarzen, die durch ein Pockenvirus hervorgerufen werden. »Im Laufe seinen Lebens eine Warze zu bekommen, ist etwas ganz normales«, sagte Hartmann.

Wichtig sei es, Warzen möglichst frühzeitig zu behandeln. Zudem sei konsequentes Handeln notwendig. Hartmann: »Warzen sind hartnäckig. Wer gegen sie gewinnen will, muss noch hartnäckiger sein.« Der Mediziner empfahl, zur Behandlung keratoly­tische Substanzen einzusetzen.

 

Typbestimmung bei Lippenherpes

 

Wichtige Vertreter der humanen Herpesviren sind die Herpes-simplex-Viren HSV-1 und HSV-2 sowie das Varizella-zoster-Virus (VZV). Hartmann informierte, dass Lippenherpes zu 80 Prozent auf HSV-1 zurückzuführen und Herpes genitalis zu 80 Prozent dem Typ 2 zuzuschreiben ist. Doch Oralsex kann diese scharfe Abgrenzung verwischen. Eine genaue Typ­bestimmung ist vorteilhaft. Wie Hartmann erklärte, ist der antivirale Wirkstoff Brivudin zum Beispiel überhaupt nicht gegen HSV-2 wirksam, hat dafür aber eine Wirkung auf HSV-1 und VZV.

 

Der Erstkontakt mit VZV führt zum Erscheinungsbild der Windpocken. Das findet häufig schon im Kindesalter statt. Hartmann zufolge ist das auch besser so. Außer bei immungeschwächten Kindern sei die Prognose in jungen Jahren meist sehr gut und die Erkrankung müsse meistens nur symptomatisch behandelt werden. Im Gegensatz dazu seien die Verläufe bei Erwachsenen in der Regel insgesamt viel schwerer.

 

Die Reaktivierung der Virus-DNA führt zu Herpes zoster, der sogenannten Gürtelrose. »Je früher die Behandlung startet, desto besser die Prognose«, betonte Hartmann. Als großes Problem bezeichnete er die Post-Zoster-Neuralgie. Sie sei in der Gruppe der Über-70-Jährigen gar die häufigste Ursache für Suizide. Hartmann betonte, dass eine Lokaltherapie mit Aciclovir bei Herpes zoster meist wirkungslos ist. Vielmehr müssen systemische Virustatika wie Aciclovir, Valaciclovir, Famciclovir und Brivudin zum Einsatz kommen. Aus Sicht Hartmanns bietet das einfachere Einnahmekonzept von Brivudin einen Vorteil gegenüber den anderen Wirkstoffen. So müsse Aciclovir eine Woche lang fünfmal täglich in einem genauen Vier-Stunden-Abstand eingenommen werden. »Das geht oft schief«, so Hartmann.

 

Brivudin sollte wegen der Gefahr einer potenziell tödlich verlaufenden Wechselwirkung niemals mit 5-Fluoropyrimidinen kombiniert werden. Dazu zählen die antineoplastischen Wirkstoffe 5-Fluorouracil (5-FU) und seine Prodrugs Capecitabin, Floxuridin, Tegafur sowie das antimykotische Flucytosin. Die Wechselwirkungen treten auch bei der topischen Applikation von 5-Fluoropyrimidinen auf.

 

Interaktion mit 5-Fluorouracil

 

Brivudin hemmt die virale DNA-Polymerase, aber auch die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD). DPD reguliert den Metabolismus physiologischer Nukleoside wie Thymidin. Es baut aber auch Pyrimidin-basierte Arzneimittel wie 5-FU zum weniger toxischen Dihydro-5-FU ab. Bei gleichzeitiger Gabe von Brivudin kann 5-FU kumulieren. Da Brivudin die DPD irreversibel hemmt, sind mindestens vier Wochen nach letzter Brivudin-Einnahme nötig, bis sich wieder ausreichend funktionsfähige DPD gebildet hat. Dementsprechend sollte dieser Zeitraum verstrichen sein, bevor eine Therapie mit 5-Fluoropyrimidinen begonnen wird. Hartmanns Rat an Heilberufler: »Fragen Sie jeden Patienten, der Brivudin einnehmen soll, ob er gerade eine Chemotherapie erhält oder erhalten hat.« Als eine weitere Vorsichtsmaßnahme sollte bei den betroffenen Patienten, die DPD- Enzymaktivität überprüft werden.

 

Kommt es doch dazu, dass Patienten unter Brivudin auch 5-Fluoropyrimidin-haltige Arzneimittel erhalten, sollten im Krankenhaus Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Zum Beispiel lindert Uridin die 5-FU-Toxizität. Zu den häufigsten Symptomen toxischer 5-FU-Spiegel zählen Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö und in schweren Fällen Stomatitis, Mukositis, toxische epidermale Nekrolyse, Neutropenie und Knochenmarkdepression.

 

Abschließend machte Hartmann auf zwei mögliche Innovationen aufmerksam. Zum Ende des Jahres könnte in Deutschland ein neuer Impfstoff gegen Gürtelrose auf den Markt gelangen. Mit Pritelivir befände sich zudem ein neuer Wirkstoff in klinischen Studien der Phasen II und III. Dabei handelt es sich um einen Hemmstoff von HSV, der eine neue Zielstruktur des Virus adressiert, den Helikase-Primase-Komplex. Hartmann zufolge könnte dieser Wirkstoff auch eine Therapieoption bei Lippenherpes werden.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa