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Zukunft der Apotheke

Hier ist verlässliche Politik gefragt

08.02.2011  17:59 Uhr

Von Maria Pues, Bonn / Rund 450 Apotheker haben sich zum »3. Zukunftskongress öffentliche Apotheke« im ehemaligen Bundestag in Bonn getroffen. Veranstalter war der Apothekerverband Nordrhein.

»Der Zukunft kann man am besten begegnen, indem man sie selbst gestaltet.« Mit diesen Worten eröffnete Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, den Kongress. Keine leichte, aber dringende Aufgabe, gerade wegen schwieriger Rahmenbedingungen und steigender bürokratischer Hemmnisse, unter denen die Versorgung der Patienten täglich mehr leide. Den Wutbürger, Kind von »Stuttgart 21« und »Wort des Jahres 2010«, erlebten Apotheker bereits seit 2007, dem Geburtsjahr der Rabattverträge, in Gestalt des Wutpatienten oder Wutkunden, sagte Preis. Mit dem Inkrafttreten des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) im Januar 2011 nehme ihre Zahl täglich in eklatanter Weise zu.

Dabei habe der Koalitionsvertrag von CDU und FDP zunächst Hoffnungen geweckt. Schwarz-Gelb wollte die Überregulierung im Arzneimittelmarkt abbauen, die Auswüchse des Versandhandels bekämpfen und die Abgabe von Arzneimitteln in Pick-up-Stelllen verbieten. Heute klinge das beinahe zynisch, sagte Preis. »Es entpuppt sich als reine Ankündigungsrhetorik.«

 

Zudem hätten die Apotheken künftig nicht nur einen Sparbeitrag von rund 200 Millionen Euro pro Jahr zu schultern. Durch die Verschlechterung der Großhandels­konditionen müssten sie vielmehr noch einmal denselben Betrag verkraften, der eigentlich vom pharmazeutischen Großhandel aufzubringen wäre. Preis nannte dies einen »Konstruktionsfehler im AMNOG«, den die Politik umgehend beseitigen müsse.

 

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn (CDU), bezeichnete diese Entwicklung zwar als »unschön«. Man solle aber zunächst abwarten, ob die Umwälzung auf die Apotheken tatsächlich eintreten werde, sagte er. Eine Trennung von Rabatten auf Rx und OTC hält Spahn nicht für möglich. Wenn man das Fass mit den 200 Millionen noch einmal aufmachen wolle, müsse man auch darüber reden, ob der Großhandel überhaupt Rabatte gewähren soll oder darf.

 

Preis forderte darüber hinaus, die Umstellung der Packungsgrößen zu überarbeiten. Auch die Mehrkostenregelung müsse so gestaltet sein, »dass der Patient wirklich sein Wunschmedikament als Alternative zu den kassenbestimmten Einheitsmedikamenten frei wählen kann«. Ein Mehr an Bürokratie dürfe es nicht geben, sagte Preis, die Apotheker bräuchten vielmehr Entlastung von wachsendem Verwaltungsaufwand. Beim Thema Versandhandel erinnerte er die Koalition nochmals an ihr Versprechen. »Setzen Sie den Auswüchsen des Versandhandels ein Ende und untersagen Sie das Betreiben von Pick-up-Stellen.«

 

Der freie, unabhängige Heilberuf des Apothekers müsse gestärkt werden, sagte Preis weiter. »Was der Gesundheit der Menschen zugute kommt, darf nicht weiter geschwächt oder gar konzerngeleiteten Lobbyinteressen geopfert werden. Hier ist verantwortungsbewusste und verlässliche Gesundheitspolitik gefragt.«

Wichtiger als der wirtschaftliche Faktor der Apotheke sei deren Bedeutung für die Menschen, betone die Grünen-Politikerin Barbara Steffens, Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westfalen. Es handele sich um einen hochverantwortungs­vollen Bereich. Allerdings erlebten Patienten in manchen Apotheken nicht ganz das, was man sich unter dem Apotheker als Heilberufler vorstelle, sagte sie, ging jedoch nicht näher auf diese Kritik ein.

 

Deutlich sprach sie sich gegen den Versand­han­del mit Arzneimitteln, gegen Pick-up-Stellen und Apothekenketten aus. Ihre Sorge gilt dabei der Versorgung in den ländlichen Gebieten. Diese Standorte seien für große Betreiber wenig lukrativ und damit uninteressant, Lücken in der flächen­deckenden Versorgung wären die Folge. In anderen Ländern könne man dies bereits erleben, sagte Steffens. Dann werde meist der Ruf nach dem Staat laut, der eine Versorgung sicherstellen solle. Sie appellierte an die Apotheker, Beratung auf hohem Niveau anzubieten und so zu zeigen, dass man unentbehrlich sei.

 

»Welche Rolle wollen Sie in Zukunft übernehmen?«, fragte sie nicht zuletzt mit Blick auf älterer Patienten und den demografischen Wandel. Angesichts der Vielzahl von Arzneimitteln, die Senioren einnehmen, steige das Risiko für Neben- und Wechselwirkungen. Die Menschen benötigten Beratung jedoch nicht nur zu ihrer Medikation, sondern auch zu Fragen der Lebensführung und Prävention.

 

Neue Modelle diskutieren

 

Kein Bereich sei so stark in Sektoren unterteilt und von unterschiedlichen Interessen bestimmt wie das Gesundheitssystem, sagte Steffens. Man müsse überlegen, ob Ärzte auf dem Land in Ausnahmefällen nicht Arzneimittel abgeben dürfen, wenn es keine Apotheke gebe. Das gleiche gelte auch umgekehrt: Wo keine Arztpraxis vor Ort sei, könnten Apotheken bestimmte Leistungen im Rahmen der medizinischen Versorgung übernehmen.

 

»Wir müssen Gesundheitspolitik aus der Blickrichtung der Patienten sehen«, sagte die Ministerin. Man sollte nicht nur über eine Berufsgruppe innerhalb des Systems reden, sondern müsse innehalten und Visionen entwickeln. »Wie wollen wir als Patienten unser Gesundheitssystem morgen erleben?«, fragte Steffens. Das sei die zentrale Frage. / 

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