Pharmazeutische Zeitung online
Blut-Hirn-Schranke

Barriere teilweise unerwünscht

24.01.2018  10:22 Uhr

Die Blut-Hirn-Schranke bewahrt das zentrale Nervensystem vor dem Eindringen von Fremdstoffen. Zugleich verhindert sie vielfach aber auch eine medikamentöse Therapie zentralnervöser Erkrankungen. Welche Mechanismen das Gehirn schützen und wie sie sich gezielt umgehen lassen, erklärte Professor Dr. Gert Fricker vom Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie der Uni Heidelberg.

Das menschliche Gehirn durchziehen etwa 109 Blutkapillaren. »Ihre Gesamtlänge beträgt etwa 600 km – das ist mehr als die Luftlinie von Schladming nach Berlin«, veranschaulichte Fricker. Jedes dieser feinen Blutgefäße besteht aus Endothelzellen, die durch extrem dichte »Tight Junctions« miteinander verbunden sind, umhüllt von Perizyten und Astrozyten. In ihrer Gesamtheit bilden sie die Blut-Hirn-Schranke (BHS), auch neurovaskuläre Einheit genannt.

 

Das ABC des Transports

 

Als zusätzlichen Schutz exprimieren die Endothelzellen auf ihrer luminalen Seite Exportproteine, die fremde Substanzen erkennen und diese sofort aus der Zelle heraus- und in den Blutkreislauf zurückpumpen. Zu diesen ABC-Transportern gehören zum Beispiel P-Glykoprotein (P-gp), Breast Cancer Resistance Protein (Bcrp) und Multidrug Resistance Proteine (Mrp1, 2, 4). »Fehler in ABC-­Genen, die zu defekten Proteinen führen, sind mit schweren Krankheiten verbunden«, so der Referent.

 

Die Langzeitregulation der ABC-Proteine erfolgt über nukleäre Rezeptoren, von denen inzwischen etwa 48 bekannt sind, darunter der Pregnan-X- und der Aryl-Kohlenwasserstoff-Rezeptor. Wird eine Fremdsubstanz von solchen Rezeptoren gebunden, stößt dies über viele Einzelschritte die Proteinbiosynthese an und erhöht die Dichte an ABC-Transportern. »Die Abwehrmechanismen springen sehr schnell an«, berichtete Fricker.

 

Auch Hyperforin in Johanniskraut wirkt auf ABC-Transporter im Gehirn: In den Hirnkapillaren steigt P-gp deutlich an. Da Immunsuppressiva ein Substrat von P-gp sind, werden sie rasch aus den Zellen heraustransportiert und abgebaut. Daher sei die gleichzeitige Einnahme von Johanniskraut und Immunsuppressiva kontraindiziert, so Fricker.

 

Für die Pharmakotherapie ist es aber auch wichtig, die BHS gezielt zu überwinden. Der Referent stellte zwei Wege vor: die direkte Hemmung der Transporter-Aktivität und den Einsatz von Vektor-gekoppelten Darreichungssystemen. Als Beispiel für die erste Option nannte er Paclitaxel, das die BHS nicht überwinden kann. Gibt man zusätzlich einen P-gp-Blocker wie Valspodar, gelangt das Zytostatikum ins Gehirn. Im Tierversuch wurde das Tumorwachstum gehemmt. In Großbritannien laufe nun eine Studie mit Glioblastom-Pa­tienten, die das Taxan in Kombination mit einem P-gp-Blocker bekommen.

 

Unsichtbare Nanopartikel

 

Den zweiten Weg beschreiten Forscher mit kolloidalen Trägersystemen, in die Wirkstoffe eingelagert werden. Dafür nutze man pegylierte »Stealth«-Nano­partikel oder -Liposomen, die für das Immunsystem quasi unsichtbar sind. Fricker berichtete von Arbeiten mit Poly-n-Butylcyanoacrylat-(PBCA)-Nano­partikeln, die mit niedermolekularen Wirkstoffen beladen wurden. Die Nano­partikel sollen an die Rezeptoren auf der BHS binden, die Barriere überwinden und ihre Fracht, zum Beispiel Doxorubicin, im Gehirn freisetzen. Das funktioniere aber nur mit speziell ­behandelten, zum Beispiel mit Tween-80 gecoateten Partikeln.

 

Im Tierversuch mit Glioblastom-­Ratten war der Ansatz wirksam. Derzeit laufe die erste Humanstudie in Russland, bei der Patienten mit diesem Hirntumor ähnliche polymere Doxorubicin-Nanopartikel erhalten, so Fricker. Ihre Überlebenszeit sei deutlich verlängert. Nanopartikel-spezifische Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa