Großer Aufklärungsbedarf |
27.01.2016 09:23 Uhr |
Das Kolonkarzinom stellt weltweit ein Problem dar, in Industrieländern ist es aber besonders stark vertreten. In Deutschland sterben jährlich mehr als 25 000 Menschen daran und pro Jahr gibt es mehr als 60 000 Neuerkrankungen. Dennoch herrscht in der Bevölkerung großes Unwissen über diesen Krebs. Apotheker sollten daher an der Aufklärung mitarbeiten.
Darmkrebs ist heilbar. Das betonte Professor Dr. Heinz Hammer von der Universitätsklinik Graz. Ob dies gelingt, hänge aber davon ab, in welchem Stadium der Erkrankung der Krebs diagnostiziert wird. »Ist er fortgeschritten und metastasiert, ist er nicht mehr heilbar.« Darum sei es wichtig, Krebsvorstufen zu erkennen und zu entfernen.
Die Mehrzahl der Versicherten mit Anspruch auf eine Koloskopie lehnt die Vorsorgeuntersuchung ab: zu gefährlich, zu schmerzhaft, zu peinlich.
Foto: Fotolia/Janina Dierks
Hammer erklärte, dass es Darmpolypen in unterschiedlicher Differenzierung und Ausprägung gibt. In Form von Adenomen seien sie eine Krebsvorstufe. Daraus könne sich Darmkrebs über einen Zeitraum von bis 20 Jahren entwickeln. Der Gastroenterologe betonte, dass Polypen meist keine Beschwerden machen. Das Risiko bei ihrer endoskopischen Entfernung sei in der Regel gering.
Kein Schutz durch Ernährung
Die S3-Leitlinie »Kolorektales Karzinom« empfiehlt, sich zur Risikoreduktion regelmäßig körperlich zu betätigen. Bei Übergewicht ist eine Gewichtsreduktion anzustreben. Zudem wird zum Tabakverzicht geraten. »Raucher bekommen im Durchschnitt sieben Jahre früher Darmkrebs als Nichtraucher«, sagte Hammer.
Er verwies darauf, dass die Leitlinie keine spezifische Diätempfehlung zur Reduktion des Darmkrebs-Risikos gibt. Stattdessen sollten die aktuellen Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung befolgt werden. Dazu gehöre zum Beispiel eine tägliche Ballaststoffaufnahme von 30 g, der Genuss von rotem oder verarbeitetem Fleisch in nur geringen Mengen sowie limitierter Alkoholkonsum. Eine noch unbekannte Größe sei die Rolle des Mikrobioms in der Kolonkarzinom-Genese. Hammer: »Das wird in der Zukunft mit Sicherheit noch stärker zu beachten sein.«
Der Referent präsentierte die Ergebnisse einer Untersuchung, wonach 23 Prozent aller Kolonkarzinome verhindert wurden, wenn alle Empfehlungen zu einer gesunden Lebensweise befolgt wurden. Die Kehrseite der Medaille: Mehr als drei Viertel aller Karzinome konnten so nicht verhindert werden. Deshalb spielt die Krebsvorsorge Hammer zufolge eine so wichtige Rolle.
Die Koloskopie könne die Rate an Darmkrebstodesfällen um bis zu 95 Prozent senken. Einziger Wermutstropfen ist die Beteiligung an der Vorsorge. Nur etwa jeder achte Anspruchsberechtigte lasse die Untersuchung durchführen. Zu peinlich, zu schmerzhaft, zu gefährlich: Das seien gängige Argumente von Koloskopie-Verweigerern. »Viele unterschätzen das Darmkrebsrisiko, überschätzen die Komplikationen der Koloskopie und unterschätzen wiederum die Heilungschancen bei der Krebsdiagnose im frühen Stadium«, fasste Hammer zusammen.
Vorsorge spätestens ab 50
Die Leitlinie empfiehlt der asymptomatischen Bevölkerung, mit der Darmkrebsvorsorge ab einem Lebensalter von 50 Jahren zu beginnen. Verwandte ersten Grades von Patienten mit kolorektalem Karzinom haben laut Hammer ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Risiko. Sie sollten deshalb in einem Lebensalter, das zehn Jahre vor dem Alterszeitpunkt des Auftretens des Karzinoms beim Verwandten liegt, erstmals koloskopiert werden, spätestens im Alter von 40 bis 45 Jahren.
Für alle anderen Menschen rät das deutsche Vorsorge- und Früherkennungsprogramm zu einer Vorsorgekoloskopie ab dem 55. Lebensjahr. Diese sollte man bei unauffälligem Befund nach zehn Jahren wiederholen. Patienten, die keine Koloskopie wünschen, rät die Leitlinie zu einem jährlichen Test auf verstecktes Blut im Stuhl. »Ein positives Ergebnis macht dann aber eine endoskopische Untersuchung des gesamten Dickdarms erforderlich«, betonte Hammer.