Pharmazeutische Zeitung online

Kein Vertrauen

09.01.2006  16:22 Uhr

Kein Vertrauen

Auf Schloss Genshagen hätte die Stimmung kaum besser sein können. Von positiver Gruppendynamik war die Rede, ein Kickertisch im Foyer lud die Kabinettsmitglieder, Partei- und Fraktionschefs der großen Koalition zum fröhlichen Miteinander. Kulinarische Sinnesfreuden aus deutschen Landen ließen einige zwar den Mund voll nehmen. Die politische Grundsatzdiskussion fand jedoch nicht statt (siehe dazu hier). Die Rechnung von Angela Merkel und Franz Müntefering ist aufgegangen. Ruhe bewahren, nicht zu kontrovers und nicht öffentlich diskutieren.

 

Geschichte wiederholt sich. Im Fall von Schwarz-Rot ist es die Geschichte der Expertenrunden. »Wenn Du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis« war eines der wenigen Leitmotive von Rot-Grün. Die Nachfolgeregierung schließt sich dem an. Und so soll zur Problemlösung in der Gesundheitspolitik nun eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden. Deren Aufgabe ist die Vorbereitung einer großen Gesundheitsreform, die sich mit dem Umbau der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) befasst. Kommissionen im Gesundheitswesen sind ein alter Hut. Ob Herzog- oder Rürup-Kommission - Parteien und Regierungen fürchten die Untiefen der Gesundheitspolitik - und wollen diese mit Beratungen im stillen Kämmerlein umgehen. Gesundheitspolitisch war die Kabinettsklausur kein Meilenstein. Und selbst im Merkelschen Maßstab der kleinen Schritte gab es keinen Geländegewinn.

 

Nur verständlich ist auch deswegen die Skepsis von Apothekerinnen und Apothekern. Quer durch die Republik fragte die PZ-Redaktion in den Offizinen und Klinikapotheken nach. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Viele trauen der Gesundheitspolitik nicht (siehe dazu hier). Die Stimmung ist symptomatisch für die Lage bei allen Leistungserbringern im Gesundheitswesen.

 

Naturalrabatte will die Regierung im Geschäftsverhältnis zwischen Herstellern und Apothekern per Gesetz abschaffen. Bemerkenswert ist, dass die Politik tatsächlich gefährliche Strukturen nicht erkennt und diese teilweise sogar noch fördert. Während die Vertriebsstufe ausgehungert wird, wächst gleichzeitig die Macht der Krankenkassen. Der PZ liegen Rabattvereinbarungen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen, Krankenkassen und Generikaherstellern vor. Auf den ersten Blick lesen sich die Verträge logisch: So sollen verschreibende Mediziner für ihre Sparerfolge mit Bonuszahlungen belohnt werden. Spätestens die Höhe dieser Zahlungen stimmt aber bedenklich: Ärzte kassieren bis zu 70 Prozent des Sparerfolges. Geschäftspolitisch ist der Bonus weit mehr als ein Naturalrabatt - er ist die neue Einnahmequelle für Ärzte. Aus der halb legal subventionierten Sprechstundenhilfe wird ein offizielles Geschäft. Unklar ist, ob nicht solche Regelungen der Korruption im Gesundheitswesen erst recht Tor und Tür öffnen.

 

Nur selektiv werden Generikahersteller von Kassen ins Programm genommen. Wer von wem wie profitiert, bleibt für Versicherte und Konkurrenten im Halbdunkel. Preis und Rabatthöhe spielen die entscheidende Rolle; Produktqualität und Lieferfähigkeit nicht. Während die Ärzte also munter den Bonus kassieren, werden Apotheken an der Front erleben, dass die verschriebenen Präparate gar nicht zur Verfügung stehen. Und: Aut idem wird kategorisch auf der Verschreibung weggekreuzt. Man kann Apotheker verstehen, die das Vertrauen in ein Gesundheitssystem verlieren, das zunehmender einem Basar gleicht.

 

Thomas Bellartz

Leiter der Hauptstadtredaktion

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