Arzneimittelverkauf über Amazon beschäftigt EuGH |
Parallel zog ein ähnlich gelagertes Verfahren die Frage nach sich, die jetzt bei den Luxemburger Richtern landete, nämlich ob Mitbewerber wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das Datenschutzrecht klagen dürfen. Der Kläger hatte gerügt, dass der Beklagte für die Erhebung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten im Rahmen des Bestellprozesses auf der Amazon-Plattform keine Einwilligung eingeholt habe. Der Beklagte hingegen war sich sicher, dass der Kläger sei nicht klagebefugt sei. Das LG Dessau-Roßlau gab der Klage aber statt und wertete in diesem Fall das Datenschutzrecht als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG, »weil es auch dem Schutz der Interessen der Mitbewerber diene«, wie es in der BGH-Mitteilung heißt. Da sah auch das OLG Naumburg so und wies die Berufung des Beklagten zurück, der seinerseits sodann Revision einlegte.
Nachdem beide Fälle schließlich vor dem BGH gelandet waren, setzte der dortige Erste Zivilsenat beide Verfahren mit Beschluss vom 8. September 2020 bis zur Entscheidung des EuGH über sein Vorabentscheidungsersuchen vom 28. Mai 2020 aus. In diesem Ersuchen ging es um eben die Frage, ob auch Mitbewerber sowie Verbände, Einrichtungen und Kammern wegen Verstößen gegen die DSGVO ohne Auftrag einer konkret betroffenen Person klagen dürfen. Bezüglich der Verbände gab es am 28. April 2020 grünes Licht aus Luxemburg: Demnach dürften nach nationalem Recht berechtigte Verbände bei Datenschutzverstößen von Internet-Riesen anstelle der Nutzer vor Gericht ziehen - auch ohne konkreten Auftrag Betroffener. Damals ging um einen Streit zwischen dem Verbraucherzentrale-Bundesverband und Facebook. Zur Frage aber, ob auch Mitbewerber – wie im jetzigen Fall der klagende Apotheker – klageberechtigt sind, sagte der EuGH damals nichts.
Mit den jetzt vorlegten Fragen zu diesem Sachverhalt soll dies nun passieren. Außerdem soll geklärt werden, ob es sich bei den Daten, die bei der Bestellung über Amazon anfallen, überhaupt um Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO handle und wer für die Verarbeitung der Daten verantwortlich sei. Dies hatte der Vorsitzende des Senats, Thomas Koch, im vergangenen September bei der mündlichen Verhandlung erklärt.
Aus Sicht des Klägers durchaus: Beim Bestellvorgang werden aus seiner Sicht Gesundheitsdaten im Sinne der DSGVO erhoben, die Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand einer Person zulassen, wie sein BGH-Anwalt Peter Rädler bei der Verhandlung gesagt hatte. Amazon habe Zugriff auf diese Daten, dort arbeite aber kein pharmazeutisches Personal. Auch greife der Apotheker nicht wie im Verkaufsraum ein, wenn Menschen über ein Produkt falsche Dinge erzählen – etwa in Kundenrezensionen.
Der Vertreter der Gegenseite, Thomas Winter, argumentierte damals hingegen, dass man durch eine Bestellung über den Amazon Marketplace gerade keine Rückschlüsse auf den eigentlichen Patienten ziehen könne. Genauso gut könne jemand für seine Kinder Nasenspray bestellen. Auch werde der Vertrag über den Verkauf direkt mit dem Apotheker und nicht mit Amazon abgeschlossen, nur er habe Zugriff auf die Produkte.