Appell an den Zusammenhalt |
Juliane Brüggen |
11.05.2023 12:45 Uhr |
»Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind eine große Chance für uns«, sagte Overwiening und ermutigte dazu, diese umzusetzen – nicht zuletzt, um die interprofessionelle Zusammenarbeit zu stärken. Das Projekt ARMIN habe eindrucksvoll gezeigt, wie sehr Patienten von dieser profitierten. Die ABDA stelle zahlreiche Arbeitsmaterialien für Apotheken bereit, bald werde verstärkt Werbung in Kundenzeitschriften geschaltet.
Hans-Peter Hubman, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), nannte die Dienstleistungen »einen der größten Durchbrüche«. Die Apotheke trete hier erstmals als Leistungsauslöser auf, nicht als Leistungserbringer. Das sollte nicht ungenutzt bleiben. Der Weg zum Schiedsspruch sei lang gewesen und hatte zahlreiche, schwierige Verhandlungen beinhaltet. Ziel müsse sein, die Dienstleistungen als wirtschaftliches Standbein der Apotheken weiter zu etablieren.
»Denken Sie nicht zu kompliziert«, betonte Thomas Christmann, Vizepräsident der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz. Die Dienstleistungen ließen sich oftmals in die ohnehin stattfindenden Beratungssituationen – wie die Inhalatorschulung – integrieren. Im Rahmen der Medikationsanalyse müsse nicht immer die »komplette Medikation über den Haufen geworfen werden«. Oftmals gehe es um eine tiefergehende Beratung, Schulung und Information des Patienten.
Dass Patienten von der interprofessionellen Zusammenarbeit profitieren, zeigte ein Zwischenbericht von Bettina Siegrist (Universitätsmedizin Mainz) zu einem von der LAV-Petrick-Stiftung geförderten Projekt. Auf die Therapie von geriatrischen Patienten hatte die Medikationsanalyse mittels FORTA-Liste und die Bewertung der anticholinergen Last positive Effekte.
»Wir sind nicht der Kostentreiber im GKV-System. Das Teilbetriebsergebnis aus der GKV-Versorgung ist seit Jahren gleich«, machte Hubmann deutlich und unterlegte dies mit kürzlich beim DAV-Wirtschaftsforum vorgestellten Zahlen. Die Situation der Apotheken sei kritisch, die Apothekenzahl auf dem niedrigsten Stand seit 1980 – Ende des ersten Quartals 2023 lag sie bei 17.939 Offizinen. »Jede einzelne Apotheke, die schließt, schwächt die Versorgungsqualität der Patienten«, machte Hubmann deutlich. Nur auf die Entwicklung der Umsätze zu schauen, reiche nicht aus: »Es kommt auf den Rohertrag an, nicht auf den Umsatz. Der Wareneinsatz steigt.« Beim prozentualen steuerlichen Betriebsergebnis seien Apotheken auf dem niedrigsten Stand seit 2003, in absoluten Zahlen – nach dem pandemiebedingten Ausreißer 2021 – wieder auf dem Stand von 2020. Die tatsächliche Verteilung der Netto-Umsätze spiele ebenfalls eine Rolle: Etwa 60 Prozent der Apotheken liegen unter dem errechneten Durchschnittswert.
Immer noch unzureichend honoriert seien Notdienst, Botendienst und Rezepturherstellung, komplett unterschlagen werde eine Vergütung für das Inkasso der Herstellerabschläge und das Einziehen der gesetzlichen Zuzahlung. Die geplante 50-Cent-Pauschale für die Bearbeitung von Lieferengpässen bezeichnete Hubmann als »lächerlich«. Vor dem Hintergrund der angespannten Situation brauche es dringend eine Erhöhung des Apothekenhonorars: »Wir werden nicht müde, das zu wiederholen.«