| Ev Tebroke |
| 30.06.2021 17:00 Uhr |
Ab 1. Januar 2022 sollen bundesweit Standardverordnungen nur noch auf elektronischem Wege erfolgen. Die entsprechenden technischen Rahmenbedingungen werden zurzeit getestet. / Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Am morgigen Donnerstag startet offiziell der Testlauf des E-Rezepts in der Fokusregion Berlin-Brandenburg. In den nächsten Monaten sollen dort rund 120 Apotheken und 50 Arztpraxen im realen Versorgungsalltag die von der Gematik bereitgestellten Transportstrukturen für die digitale Verordnung erproben. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, eventuelle Schwachstellen und Probleme rechtzeitig zum bundesweit ab 1. Januar 2022 verpflichtenden Roll-Out des E-Rezepts auszumerzen – so der Plan. Wie es aussieht, wird es aber zunächst lediglich einen Technik-Testlauf ohne echte E-Rezepte geben. Denn noch gibt es dem Vernehmen nach keine Warenwirtschaftssysteme, die das E-Rezept überhaupt verarbeiten können. Lediglich der Anbieter Pharmatechnik habe bislang einen Testlauf im Rahmen des sogenannten Gematik »Konnektathon« durchgeführt, heißt es aus Expertenkreisen. Diese Probeläufe für die TI-Anbindung an den E-Rezept-Fachdienst werden von der Gematik seit Anfang Juni angeboten, um die Technik auf Kompatibilität mit den E-Rezept-Strukturen zu prüfen. Zuletzt hatte es vom 7. bis 11. Juni einen solches Testangebot für die Hersteller von Primär- und Warenwirtschaftssystemen gegeben. Der nächste Termin ist für den 5. und 6. Juli anberaumt, erfuhr die PZ auf Anfrage bei der Gematik. Weitere Termine sollen folgen.
Während die einen noch proben, sind die anderen offenbar schon bereit zum Durchstarten: so etwa einige Apothekenrechenzentren (ARZ). Pünktlich zum Beginn des Testpiloten in Berlin-Brandenburg meldet sich ein neues Unternehmen, die ARZsoftware Genossenschaft, mit ihrer Serverumgebung startklar für die Verarbeitung von elektronischen Verordnungen aus der Testregion. Insgesamt sieben mittelständische Unternehmen haben sich dafür zusammengeschlossen und mit einer standardisierten Software-Lösung in Stellung gebracht. Man sei »empfangsbereit um die E-Rezepte anzunehmen – wenn Rezepte aus Berlin-Brandenburg kommen sollten«. Die zaghafte Formulierung zeigt, dass die Branche anfangs kaum mit E-Rezepten rechnet.
Die im August 2020 gegründete Genossenschaft vereint sieben regionale ARZ unter einem Dach: AVC Dick und Tochterunternehmen H.Weil (Rheinland-Pfalz und Saarland), ARZ Wünsch (Thüringen), Stein & Reichwald (Berlin-Brandenburg), Gfal Berlin, GVL Berlin, HSB Schrader (Nordrhein-Westfalen) und ARZ Schröter (Sachsen-Anhalt). Antrieb für die Genossenschaftsgründung war nach Unternehmensangaben eine Standardisierung der Abrechnungsprozesse beim E-Rezept.
»Durch die Einführung des elektronischen Rezepts kommen nun noch stärker standardisierte Datenformate in den ARZ’s an und auch die Datenausgabeformate beschränken sich auf einen klar formal gehaltenen Datensatz«, teilte ARZsoftware mit. Dies habe zu der Idee geführt, standardisierte Softwarewerkzeuge zu nutzen, die von einer Gruppe erstellt werden sollten. Ergebnis ist nun eine gemeinsame Serverlösung.
Nach Angaben von Michael Dörr, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, sind alle Warenwirtschaftsanbieter eingeladen, den Durchlauf der E-Rezepte in der Testumgebung im Rahmen des Gematik-Konnektathon zu prüfen. Der Testserver stehe bereit, bekräftigte er auf Nachfrage der PZ.
Bislang hält sich die Nachfrage nach Testläufen offenbar noch in Grenzen. Wie die PZ berichtete, ist der vermeintliche E-Rezept-Start in drei Testphasen unterteilt. Auch bei ARZsoftware geht man deshalb davon aus, dass erst in der sogenannten Hypercare Phase »wesentlich mehr Anbieter mit unserer Testumgebung `spielen wollen´«.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.