Apotheken im Aufbruch |
Im Block »Ausbildung und pharmazeutische Kompetenz« wird unter anderem eine Novellierung der Approbationsordnung gefordert. Die derzeit gültige Fassung sei auf dem Stand von 2001 und bilde die Realität des Berufs nicht mehr adäquat ab, argumentiert die Berliner Kammer. Und Eile sei geboten, da die europäische Richtlinie 2005/36/EG bis März 2026 umgesetzt sein muss.
Das Pharmaziestudium muss moderner werden. Wieder einmal wird in einem DAT-Antrag die Novellierung der Approbationsordnung gefordert. / © Shutterstock/f.t.Photographer
Ebenfalls in die Kategorie »alle Jahre wieder« fällt der Antrag, den Weiterbildungsbereich »Naturheilverfahren und Homöopathie« aus der Musterweiterbildungsordnung zu streichen. Themen der Phytotherapie sollen in eine Zertifikatsfortbildung überführt werden.
Zudem fordert die Kammer Berlin, die Rahmenbedingungen für die Anerkennung von spezifischen Fortbildungen für Kolleginnen und Kollegen aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung (WIV) zu schaffen. Und die LAK Hessen wünscht sich eine deutschlandweite Fortbildungsplattform.
Den mit Abstand meisten Platz in der Antragsmappe nimmt das dritte Kapitel »Rahmenbedingungen der Berufsausübung« ein, untergliedert in allgemeine Bedingungen, Versandhandel, Honorierung, Arzneimitteltherapiesicherheit, pharmazeutische Dienstleistungen und Bürokratieabbau.
Auf den Berufsalltag zielt der Ruf der Apothekerkammer Hessen nach einer Regelung ab, die es Apothekenteams ermöglicht, bei Verdacht auf Rezeptfälschung die Polizei zu informieren. Denn genau das wird heute mit Verweis auf den Datenschutz häufig kritisch gesehen. »Datenschutz darf nicht höher als der Schutz vor Arzneimittelmissbrauch eingestuft werden«, heißt es im Antrag. Die Kammer fordert vom Gesetzgeber zudem eine eindeutige gesetzliche Regelung, dass der private Verkauf von Arzneimitteln verboten wird. Seit Jahren melden aufmerksame Apothekerinnen und Apotheker die zahlreichen illegalen Angebote auf Plattformen wie Ebay – ohne dass es für die Händler erkennbare Konsequenzen hätte.
In einem Leitantrag zielen der LAV Baden-Württemberg und die Kammer Berlin auf strengere Regelungen zum exklusiven Direktvertrieb pharmazeutischer Unternehmer. Hersteller sollen zwingend auch den Großhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten beliefern müssen und bei Verstößen sanktioniert werden. Eine ausschließliche Direktbelieferung von Apotheken soll nur in klar definierten Ausnahmefällen möglich sein. Tatsächlich hat sich die Durchsetzung der Belieferungspflicht durch die Landesbehörden in der Praxis als unzureichend erwiesen.
Eine Vielzahl von Anträgen befasst sich mit dem Versandhandel. ABDA-Präsident Thomas Preis hat es schon ausgesprochen; nun soll der Gesetzgeber auch von den DAT-Delegierten offiziell aufgefordert werden, ein Rx-Versandverbot gesetzlich zu verankern.
Die letzte Große Koalition (2017 bis 2021) hatte das Vorhaben sogar in ihrem Koalitionsvertrag. Doch der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verweigerte die Umsetzung mit Verweis auf vermeintliche Bedenken der Verfassungsressorts. Leichter dürfte die Umsetzung heute auch nicht werden, zumal sich die neue Regierung das Vorhaben nicht auf die Agenda geschrieben hat.
Online schnell bestellt, per Paket ins Haus geliefert: Was bei vielen Produkten heutzutage normal ist, kann bei Medikamenten gefährlich werden. / © Adobe Stock/Ronald Rampsch
Die beiden Kammern aus Nordrhein-Westfalen setzen sich gemeinsam für ein differenziertes Versandverbot für Betäubungsmittel ein. Und der Leitantrag »Sicherstellung des Patient*innenwohls durch ausschließliche Versorgung von Patient*innen mit medizinischem Cannabis durch Apotheken vor Ort« wurde vom Gesetzgeber quasi schon antizipiert. Ministerin Warken hat einen Gesetzentwurf eingebracht, der den Online-Handel mit Blüten und Cannabisrezepten beenden soll.
Bei einer strengeren Überwachung der Versender bezüglich der Einhaltung der Temperaturvorgaben wissen die Apotheken die Ministerin ebenfalls an ihrer Seite: Warken will die Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Allerdings gibt es zwischen Bund und Ländern noch Gerangel über die Zuständigkeit.
Im Unterkapitel Honorierung geht es nicht nur um die vom ABDA-Vorstand geforderte Anpassung des Fixums, sondern auch um kleinteiligere Regelungen wie die Erhöhung der Notdienstvergütung oder der BtM-Gebühr sowie die Erstattung von Teilnotdiensten.
Der Antrag des ABDA-Vorstands im Unterkapitel Arzneimitteltherapiesicherheit fordert den Gesetzgeber auf, chronisch Kranken einen Rechtsanspruch für eine risikoabhängige Betreuung einzuräumen, samt angemessener Honorierung für die Apotheken. Ein mögliches Stufenkonzept wird im Antrag vorgestellt.
© ABDA
Konkrete Vorschläge zur Erweiterung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) gibt es in verschiedenen Anträgen. Die Bayerische Landesapothekerkammer kann sich eine gesondert vergütete Beratung vulnerabler Gruppen vorstellen, um über die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels aufzuklären. Die Berliner Kammer sähe Inhalationsschulungen gern auf Kinder zwischen null bis sechs Jahre ausgeweitet.
Auch der Impfpass-Check sowie strukturierte Präventionsprogramme werden als neue pDL vorgeschlagen. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) bringt nicht nur eine Erweiterung der Impfleistungen in Apotheken ins Spiel, sondern denkt sogar laut über einen Kontrahierungszwang nach. Mit anderen Worten: Alle Apotheken sollen impfen müssen. Auch das birgt einigen Sprengstoff für die DAT-Debatte. Zudem wünscht sich der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) schlicht eine Entbürokratisierung bei der Abrechnung der pDL.
Genügend Gesprächsstoff also nicht nur für den DAT, sondern auch für die Vertragspartner: Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) bereits formal aufgefordert, über neue pDL sowie eine Anpassung der Vergütung zu verhandeln. Kommt es nicht zu einer Einigung, könnte wieder die Schiedsstelle angerufen werden. Deren erster pDL-Schiedsspruch wurde übrigens vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit rechtskräftigem Urteil bestätigt. Die Kassen hatten vergeblich gegen konkrete pDL und die Vergütung geklagt.