Apotheken blicken mit Sorge auf Lieferengpässe |
Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) haben 18 Prozent der Bundesbürger Schwierigkeiten oder Knappheit bei Medikamenten erlebt. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt derzeit etwa 300 Meldungen zu Lieferengpässen auf - bei rund 100 000 zugelassenen Arzneimitteln in Deutschland. Für viele knappe Medikamente gibt es aber Alternativen. »Ein Lieferengpass muss daher nicht gleichzeitig ein Versorgungsengpass sein«, betont die Behörde. Derzeit gebe es nur rund 10 Meldungen zu versorgungskritischen Wirkstoffen. Die Behörde sieht »keine Hinweise auf eine generelle akute Verschlechterung der Versorgungslage in Deutschland«.
Als Ursache der Engpässe sehen Apotheken und Gewerkschaften die Globalisierung. Rund 68 Prozent der Produktionsorte von Wirkstoffen, die für Europa bestimmt sind, liegen im kostengünstigeren Asien, heißt es in einer Studie des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (vfa). Kommt es dort zu Fertigungsproblemen, Verunreinigungen oder zum Produktionsstillstand, kann das auch Deutschland treffen. Um Geld zu sparen, setzten Hersteller auf eine Produktion in Asien, sagte ein ABDA-Sprecher. Falle dort eine Charge aus oder der Schiffstransport verspäte sich, habe das Folgen für das hiesige Angebot. Vor wenigen Jahrzehnten seien die aktuellen Lieferengpässe undenkbar gewesen, kritisiert Thomas Preis. »Früher war Deutschland die Apotheke der Welt, heute sind China und Indien die Apotheke der Welt.« Aus seiner Sicht wäre es wichtig, möglichst viel Produktion nach Deutschland zurückzubringen.
Ein weiterer Grund für Lieferengpässe ist wirtschaftlicher Druck. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht nur den Kassenabschlag von 1,77 Euro auf 2 Euro befristet auf die kommenden zwei Jahre erhöht – auch der Herstellerrabatt für 2023 wurde angehoben: Dieser habe zusätzliche Belastungen von 1,3 Milliarden Euro 2023 zur Folge, kritisierte vfa-Präsident Han Steutel.
Auch der Pharmakonzern Stada, einer der größten Anbieter von Nachahmerarzneien und rezeptfreien Medikamenten in Deutschland, spürt den Druck höherer Energie- und Transportkosten sowie teurerer Rohstoffe. Wegen der Rabattverträge könnten Hersteller gestiegene Energiekosten nicht weitergeben. »So entstehen Preise und Margen, die teilweise unsere Herstellkosten kaum noch decken und die Lage spitzt sich weiter zu«, sagt Vorstandschef Peter Goldschmidt.