Antivirale Behandlung bei Covid-19 wirkt offenbar |
Laura Rudolph |
25.05.2022 14:00 Uhr |
Sowohl Lagevrio® als auch Paxlovid® wirken sich einer chinesischen Studie zufolge positiv auf die Covid-19-bezogene Sterblichkeit aus. / Foto: PZ/Alois Müller
Ein Forschungsteam um Dr. Carlos K.H. Wong von der Universität Hongkong hat untersucht, wie die antivirale Behandlung mit einem der beiden Präparate den Krankheitsverlauf stationär aufgenommener Covid-19-Patienten mit maximal mittelschweren Symptomen beeinflusst. Die Ergebnisse seiner retrospektiven Kohortenstudie veröffentlichte es auf der Pre-Print-Plattform »MedRxiv«.
Demnach senkte sowohl die Behandlung mit Molnupiravir als auch mit der Arzneistoffkombination aus Nirmatrelvir und Ritonavir die Viruslast schneller, als diese in einer Kontrollgruppe abnahm. Ebenso senkten beide Präparate das Covid-19-Progressionsrisiko und die Gesamtmortalität. Im Direktvergleich beider Medikamente zeigtedas Kombi-Präparat Paxlovid Vorteile gegenüber dem Molnupiravir-haltigen Lagrevio.
Wong und Kollegen analysierten für ihre Studie Gesundheitsdaten aus elektronischen Krankenakten von 40.776 stationär in Hongkong aufgenommenen Erwachsenen mit Covid-19. Alle Probanden erhielten ihre Covid-19-Diagnose zwischen dem 26. Februar 2022 und dem 26. April 2022 per PCR- oder Antigen-Test und wurden spätestens drei Tage nach der Diagnose beziehungsweise frühestens drei Tage davor hospitalisiert. Letzteres stellte sicher, dass auch verzögert festgestellte Covid-19-Fälle in der Studie berücksichtigt werden konnten.
2359 Probanden erhielten spätestens zwei Tage nach der Einweisung zweimal täglich 800 mg Molnupiravir, 1000 Probanden 300 mg Nirmatrelvir und 100 mg Ritonavir zwei Mal pro Tag. 19.064 Probanden erhielten keine antiviralen Medikamente und dienten als Kontrolle. 6,2 Prozent der Molnupiravir-Gruppe sowie 10,2 Prozent der Nirmatrelvir/Ritonavir-Gruppe und 9,4 Prozent der Kontrollpersonen verfügten über einen vollständigen Impfschutz gegen Covid-19.
Die Molnupiravir-Gruppe umfasste 2116 Probanden mit 8.396 zugehörigen Kontrollpersonen. Die Nirmatrelvir/Ritonavir-Gruppe umfasste 991 Probanden mit 3.952 Kontrollpersonen. 96,2 Prozent der Molnupiravir-Anwender und 98,5 Prozent der Nirmatrelvir/Ritonavir-Anwender schlossen die empfohlene Behandlungsdauer von fünf Tagen komplett ab. Covid-19-Infizierte, die Sauerstoff oder eine künstliche Beatmung benötigten, wurden aus der Studie ausgeschlossen. Die Nachbeobachtungszeit endete am 5. Mai 2022.
Die Einnahme der antiviralen Medikamente war mit einem signifikant niedrigeren Risiko für das Fortschreiten von Covid-19 verbunden, wie das Forscherteam mithilfe eines Regressionsmodells ermittelte: Molnupiravir senkte das Progressionsrisiko um 47 Prozent (Hazard Ratio: 0,53), die Kombination aus Nirmatrelvir und Ritonavir tat dies um 67 Prozent (HR: 0,33), jeweils verglichen mit der jeweiligen Kontrollgruppe. Auch die Gesamtmortalität nahm ab: in der Molnupiravir-Gruppe um 45 Prozent (HR: 0,55) und in der Nirmatrelvir/Ritonavir-Gruppe um 68 Prozent (HR: 0,32).
Ebenso nahm die Viruslast im Krankheitsverlauf unter der Behandlung mit einem der beiden Präparate schneller ab als in der jeweiligen Kontrollgruppe (HR Lagevrio: 1,21; HR Paxlovid: 1,25) und erreichte damit schneller einen CT-Wert ≥ 30.
Im Direktvergleich zeigte sich die Therapie mit Nirmatrelvir/Ritonavir derjenigen mit Molnupiravir überlegen. Demnach senkte die Behandlung mit dem Kombinationspräparat die Gesamtmortalität um 47 Prozent stärker als die Therapie mit Molnupiravir (Hazard Ratio Gesamtmortalität Molnupiravir vs. Nirmatrelvir/Ritonavir: 1,53).
Über die Gründe, warum Molnupiravir der Zweierkombination offenbar unterlegen ist, kann das Forscherteam nach aktuellem Forschungsstand nur spekulieren. Sie vermuten aber, dass die unterschiedliche Wirksamkeit mit der Wirkstoffverfügbarkeit in der Lunge zusammenhängt: Der aktive Metabolit von Molnupiravir, ein Nukleosid-Analogon, könnte bei einer Covid-bedingten Lungen- und Gewebeschädigung schlechter aufgenommen werden, da ein bestimmtes Transporter-Protein durch Hypoxie in seiner Funktion beeinträchtigt wird (equilibrativer Nukleosid-Transporter, kurz ENT). Nirmatrelvir ist hingegen kein Substrat dieses Transporters.
Fazit der Studienautoren: Die Beobachtungsstudie legt einen Nutzen der antiviralen Behandlung mit Nirmatrelvir und Ritonavir beziehungsweise Molnupiravir für Covid-19-Patienten mit leichten oder mittelschweren Symptomen nahe. Für Patienten mit schwerem Verlauf trifft diese Studie allerdings keine Aussage. Im Direktvergleich scheint Paxlovid überlegen.
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