AMK-Umfrage zum Rückgang der Meldungen |
Jeden Verdacht auf eine UAW müssen Apotheken an die AMK melden. Das gilt auch für Nebenwirkungen, die bereits in der Fachinformation genannt sind. / Foto: Getty Images/Marko Geber
Die Berufsordnung der Landesapothekerkammern verpflichten Apothekerinnen und Apotheker zur Meldung von Arzneimittelrisiken, wie unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) sowie Qualitätsmängeln, an die AMK. Diese Spontanberichte stellen eine wichtige Säule des Pharmakovigilanzsystems dar und tragen so wesentlich zur Patientensicherheit bei.
Seit Beginn der Pandemie im Jahr 2020 verzeichnet die AMK jedoch einen gravierenden Rückgang der Berichte, einhergehend mit einer stetig sinkenden Anzahl meldender Apotheken. Um mögliche Gründe für diesen Melderückgang zu ermitteln, hat die AMK nun eine Online-Blitzumfrage unter Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern durchgeführt.
An der Befragung nahmen insgesamt 1727 Personen aus allen Kammerbezirken teil, hauptsächlich Apothekenleiterinnen und -leiter (n = 854), angestellte Apothekerinnen und Apotheker (n = 652) sowie 153 PTA. Ferner zehn PKA, zehn Pharmazeuten im Praktikum und sechs Pharmazieingenieurinnen und -ingenieure.
Insgesamt 85 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestätigten, bereits an die AMK gemeldet zu haben (siehe Kasten). Dabei gaben 70 Prozent an, dass das Ausfüllen des Meldebogens maximal 15 Minuten dauert – übrigens unabhängig davon, ob es sich um eine UAW oder einen Qualitätsmangel handelt. Hiervon beziffern 16 Prozent die Dauer sogar nur auf bis zu fünf Minuten. Die weiteren 15 Prozent schätzen die Zeit für eine Meldung hingegen auf länger als eine Viertelstunde ein.
Die Gründe, warum (im Einzelfall) keine Meldung an die AMK erfolgte, sind divers. Am häufigsten (25 Prozent) wurde darauf verwiesen, dass die UAW laut Fach- oder Gebrauchsinformation bereits bekannt gewesen sei. Dabei ist ebenso die Meldung bereits bekannter Arzneimittelrisiken wichtig, da Spontanberichte die Umstände der realen Arzneimitteltherapie (im Alltag der Patientinnen und Patienten) abbilden, im Vergleich zu den kontrollierten Bedingungen in klinischen Studien. Die AMK bekräftigt daher ihre Bitte, auch bereits bekannte Risiken konsequent zu melden.
18 Prozent bestätigten, einen Fall an eine andere Stelle als an die AMK gemeldet zu haben, zum Beispiel den betroffenen pharmazeutischen Unternehmer oder die zuständige Landesbehörde. Für 17 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer fehlten aus ihrer Sicht notwendige Daten zur Meldung. Daher gilt es nochmals herauszustellen, dass für eine valide UAW-Meldung bereits folgende Angaben ausreichen: Name und Anschrift des Melders oder der Melderin, ein/e identifizierbare/r Patient/in (Initialen, Alter und Geschlecht), die beobachtete UAW sowie das betroffene Arzneimittel. Bei Verdacht auf einen Qualitätsmangel sind neben dem Meldenden mindestens der Arzneimittelname, die Chargennummer sowie der Zulassungsinhaber anzugeben.
Für weitere 14 Prozent war schlicht der Aufwand einer AMK-Meldung zu groß. Im Gegensatz zu den vorgenannten Gründen scheint diese Limitation aber nur von geringerer Tragweite. Dies gilt besonders für die Angabe »Ich wusste nicht, wie ich den Fall an die AMK melden kann«, die nur von 2 Prozent bestätigt wurde. Das zeigt, dass Meldungen an die AMK bereits jetzt recht niederschwellig möglich sind.
Der drastische und anhaltende Melderückgang (minus 25 Prozent), den die AMK seit Beginn der Coronapandemie überblickt, wurde durch diese Umfrage bestätigt. Aufgrund der (Mehr-)Belastung, die sich durch die Umstände der Pandemie ergab, bestätigten 17 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, weniger gemeldet zu haben; weitere 6 Prozent gaben an, dass sich die Patientenkontakte verringerten und so auch weniger Arzneimittelrisiken identifiziert beziehungsweise berichtet wurden.
Demgegenüber gaben nur 3 Prozent an, sogar mehr gemeldet zu haben, da entweder die Patienten von sich aus mehr berichteten oder Patienten vermehrt auf Risiken angesprochen wurden. Das Meldeverhalten der großen Mehrheit (69 Prozent) hat sich hingegen nicht geändert. Dies verweist auf eine robuste Berichtstätigkeit der Apotheken, die trotz des beobachteten pandemiebedingten Melderückgangs anhält und sogar stimuliert werden kann, wenn Patientinnen und Patienten (pro)aktiv auf Risiken angesprochen werden.
Zuletzt bat die AMK um Verbesserungsvorschläge per Freitext; dies nutzten 296 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Knapp 27 Prozent schlugen vor, das Angebot der Online-Meldung weiter auszubauen beziehungsweise zu vernetzen. Gut 17 Prozent wünschten sich eine weitere Vereinfachung des Meldebogens und 12 Prozent eine Anpassung (Vereinfachung) des Follow-ups, das heißt die sich ergebenden Nachfragen zum Sachverhalt seitens der AMK.
Die geäußerten Vorschläge nimmt die AMK sehr ernst und bemüht sich fortlaufend, den artikulierten Wünschen und Anregungen angemessen Rechnung zu tragen. Ziel ist es, den Aufwand der Meldung so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig eine ausreichende Berichtsqualität zu erzielen. Dies sind die Grundsätze eines effektiven Spontanberichtswesens als Grundpfeiler einer funktionierenden Pharmakovigilanz. Immerhin betonten auch knapp 9 Prozent, dass das von der AMK etablierte Meldeverfahren bereits in Ordnung sei.
Demgegenüber beklagten weitere 11 Prozent einen immanenten Zeit- und Personalmangel beziehungsweise ein fehlendes Anreizsystem (Vergütung/Incentivierung) für das Melden (knapp 7 Prozent). Letztlich meldeten etwa 8 Prozent konkreten Schulungsbedarf aufgrund von Unsicherheiten bezüglich des Pharmakovigilanzsystems im Allgemeinen beziehungsweise des Spontanberichtswesens im Speziellen an. Die AMK hat daher ein Repetitorium verfasst.
Gründe, warum (im Einzelfall) Arzneimittelrisiken nicht an die AMK gemeldet werden, sind vielfältig und basieren vor allem auf der (nicht richtigen) Annahme, dass bereits bekannte Risiken nicht meldepflichtig seien. Die Pandemie hat zudem den Anteil an Apotheken, die nicht an die AMK melden, zusätzlich erhöht, denn die steten Limitationen, wie Zeit- und Personalmangel, haben sich aufgrund der Besonderheiten der Pandemie weiter verschärft.
Wege zu mehr Meldungen an die AMK (wie vor der Pandemie) führen daher über verbesserte Angebote durch Ausbau und Vernetzung der AMK-Meldebögen (online) sowie angemessene Verschlankung und Spezifizierung des Meldeprozesses, einschließlich des Follow-ups. Letztlich gilt es weiterhin, bestehenden Unsicherheiten bezüglich des Meldens an die AMK über die Bereitstellung von Informationsmaterialien zu begegnen. Interessierte finden die neuen Flyer der AMK zum Abruf unter www.arzneimittelkommission.de. Nutzen Sie auch das Kontaktformular für Anfragen an die AMK-Geschäftsstelle.
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