Ambivalente Daten zu Remdesivir |
Annette Rößler |
25.08.2020 13:30 Uhr |
Die Autoren um Privatdozent Dr. Christoph Spinner von der TU München stellen ernüchtert fest: Die Bedeutung dieser Beobachtungen für die klinische Praxis sei unklar. Zu derselben Einschätzung gelangen die Apothekerin Dr. Erin McCreary und der Intensivmediziner Dr. Derek Angus von der University of Pittsburgh in einem begleitenden Editorial (DOI: 10.1001/jama.2020.16337).
Zur Wirksamkeit von Remdesivir gebe es mittlerweile mehrere Studien mit jeweils unterschiedlichem Design und verschiedenen Patientenpopulationen. Es sei zu hinterfragen, ob die punktuelle Erhebung des klinischen Status an Tag 11 ein geeigneter Parameter sei, um die Wirksamkeit zu beurteilen. Auch sei umstritten, ob die verwendete Skala eine aussagekräftige Abschätzung des klinischen Zustands des Patienten erlaubt.
Zudem verdiene die Komedikation, die Patienten zusätzlich zu Remdesivir in den Studien erhalten hätten, eine genauere Betrachtung. Der Behandlungszeitraum der aktuell publizierte Studie lag zwischen März und April, in einer Zeit also, als Hydroxychloroquin aufgrund einer vermuteten Wirksamkeit bei Covid-19 noch häufig eingesetzt wurde. Das hat sich seitdem deutlich geändert.
Dexamethason dagegen, das sich mittlerweile als effektiv in bestimmten Fällen erwiesen hat, wurde damals wegen befürchteter negativer Effekte auf die Immunantwort womöglich noch zurückhaltend eingesetzt. Ob Remdesivir, das sowohl deutlich teurer ist als Dexamethason als auch schwieriger herzustellen, eine Wirksamkeit hat, die über die von Corticosteroiden hinausgeht, solle daher dringend in weiteren Studien untersucht werden.
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