Amazon-Apotheke wäre in drei Jahren Marktführer |
Cornelia Dölger |
20.03.2024 14:30 Uhr |
Amazon könnte mit eigener Apotheke in Deutschland innerhalb von drei Jahren zum Marktführer im Apothekenmarkt aufsteigen – so lautet eine zentrale These einer Unternehmensberatung zu Amazon. / Foto: Imago/Martin Leitch
Die These sei zwar »gewagt«, heißt es in einer Mitteilung von Smile.BI, einer Münchner Unternehmensberatung, die ihre diesjährige »Amazon-Studie 2024« präsentiert hat. Sie sei aber »durchaus möglich, wenn Amazon ab Mitte 2024 in Deutschland eine eigene Apotheke in sein Geschäftsmodell integriert«, meint Smile.BI-Gründer und CEO Fabian Kaske.
Die E-Rezept-Einführung mache eine eigene deutsche Amazon-Apotheke »sehr wahrscheinlich«. Zu den strengen Regularien im deutschen Apothekenmarkt findet sich in der Mitteilung allerdings nichts.
Smile.BI erstellt jedes Jahr eine solche Untersuchung zu Amazon. Die potenzielle Durchschlagskraft des Internetriesen ist dabei häufig ein Thema, ebenso Szenarien, auf welche Weise Amazon es schaffen könnte, im deutschen Arzneimittelmarkt mitzumischen. So konstatierte die Amazon-Studie bereits 2023, dass Amazon in der deutschen Healthcare-Branche inzwischen zu einem »unverzichtbaren Kanal« geworden sei.
Entsprechend optimistisch fällt die Prognose auch in der aktuellen Erhebung aus. Seit vielen Jahren wachse das Apotheken-Segment bei Amazon doppelt so schnell wie der Onlineapothekenmarkt, heißt es. Die größte Kategorie im Healthcare-Bereich auf Amazon bildet demnach aktuell »Vitamine, Mineralien und Ergänzungsmittel« mit einem Anteil von rund 58 Prozent.
Das Szenario einer eigenen deutschen Amazon-Apotheke dürfte demnach die bestehenden Marktverhältnisse auf den Kopf stellen. Denn es würde sich um eine strategische Erweiterung handeln, mit der sich der Handelsriese von den bestehenden Onlineapotheken abheben und »eine direkte, unabhängige Vertriebslinie für rezeptpflichtige und rezeptfreie Medikamente ermöglichen« könnte, so die Vorstellung.
Etwa dank seines etablierten Logistiknetzwerks stünde dem Unternehmen der Verkauf losgelöst von Platzhirschen im Versandhandel offen, so das Szenario. Mit Amazon als Marktführer im digitalen Pharmamarkt müssten also auch Doc Morris oder Shop Apotheke um satte Marktanteile fürchten. »Dies würde einen signifikanten Wandel in der Marktstruktur bedeuten.«
In den USA betreibt der E-Commerce-Gigant seit 2020 die Onlineapotheke »Amazon Pharmacy«. Sie rangiert im Ranking der Top-E-Pharmacies demnach mittlerweile auf Platz 2. Dass er auch in den europäischen Arzneimittelmarkt einsteigen will, hat Amazon nie verheimlicht. So ließ sich das Unternehmen im Herbst 2020 die Marke »Amazon Pharmacy« für die gesamte EU sichern, das zeigte damals ein Blick ins europäische Markenregister. Auch unter anderem für Großbritannien sicherte Amazon sich im selben Jahr die Markenrechte.
Der deutsche Apothekenmarkt ist durch sein riesiges Volumen zweifellos ein Magnet für den Handelsriesen – allerdings ist der Markt eben stark reguliert. So wäre für Amazon alleine aufgrund des Fremd- und Mehrbesitzverbotes der Weg versperrt.
Weil es für die Branche aber ein heftiger Schlag wäre, wenn der weltgrößte Onlinehändler tatsächlich im deutschen Arzneimittelmarkt mitmischen würde, reißen Spekulationen über einen möglichen Einstieg nicht ab. Den Szenarien zufolge könnte Amazon etwa einen EU-Versender übernehmen und sich damit Zutritt zum deutschen Markt verschaffen.
Denkbar wäre demnach auch, dass der US-Konzern zunächst in weniger stark regulierten europäischen Ländern aktiv wird, um darüber den deutschen Markt zu entern. Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass Amazon noch in diesem Jahr seine erste Vor-Ort-Apotheke in Mailand eröffnen will.
Nach den USA stellt Deutschland einen der wichtigsten Absatzmärkte des Unternehmens dar. Laut Statista belief sich der Umsatz von Amazon in Deutschland allein im Jahr 2022 auf rund 33,6 Milliarden US-Dollar (rund 30,92 Milliarden Euro). Im Ranking der 100 wertvollsten Marken 2022 lag Amazon mit einem Markenwert von rund 468,74 Milliarden US-Dollar (431,29 Milliarden Euro) auf dem vierten Platz.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.