Am besten vermeiden, möglichst lindern |
Die Gesamtexposition mit anticholinergen Substanzen wird oft als anticholinerge Last (anticholinergic burden, ACB) umschrieben.
In Studien wurde bisher kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der anticholinergen Last und klinisch relevanten Endpunkten identifiziert. Trotzdem scheint eine höhere anticholinerge Last mit einem höheren Risiko für anticholinerge unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) assoziiert zu sein (11). Somit ist die Bestimmung der ACB geeignet, um das anticholinerge Nebenwirkungsrisiko für einen Patienten einzuschätzen – auch wenn im Detail keine abschließenden Daten vorliegen, die vorhersagen, welche UAW wie ausgeprägt bei welcher anticholinergen Last in welchem Patienten auftreten.
Grundsätzlich setzt die Bestimmung der anticholinergen Last Informationen zu zwei Aspekten voraus: Welche Arzneimittel in der Medikation eines Patienten haben überhaupt eine anticholinerge Wirkung und wie hoch ist deren Bindungsaffinität, das heißt, wie ausgeprägt ist die jeweilige anticholinerge Aktivität?
Es gibt inzwischen eine Vielzahl an international publizierten Listen, Formeln und Skalen, die bei der Erkennung helfen sollen. Bei der Erstellung solcher Instrumente wurden zunächst Substanzen mit anticholinerger Wirkung identifiziert und gelistet und diese dann anhand ihrer anticholinergen Aktivität in definierten Skalen eingestuft.
Patienten mit Polymedikation sind eher gefährdet, arzneimittelbedingte Nebenwirkungen zu erleiden. / Foto: Adobe Stock/ArTo
Bei der Nutzung solcher Listen ist zu beachten, dass die enthaltenen Informationen nicht deckungsgleich sind. Dies liegt vor allem daran, dass die Autoren unterschiedliche Kriterien für die Festlegung von anticholinergen Wirkstoffen wählten oder die anticholinerge Aktivität auf unterschiedliche Art einschätzten (12). Während einige Autoren hierfür die Exposition berücksichtigten, indem sie die Applikationsform, die ZNS-Gängigkeit oder das Interaktionspotenzial einbezogen, wurde beim sogenannten Drug Burden Index auch die eingesetzte Dosierung berücksichtigt (13).
Derzeit gibt es mindestens 13 unterschiedliche Instrumente (4). Diese unterscheiden sich aus den genannten Gründen in der Anzahl identifizierter und gelisteter Wirkstoffe, aber auch in der Bewertung der anticholinergen Aktivität.
Die anticholinerge »Belastung« eines Patienten wird durch Summieren der jeweiligen Punktzahlen der Arzneistoffe bestimmt. Die meisten Skalen vergeben 0 bis 3 Punkte für jeden Wirkstoff. Es wird grundsätzlich empfohlen, ab einem Score von 3 eine »Entlastung« von diesen Substanzen zu erwägen (4). Allerdings kann keine konkrete Angabe gemacht werden, inwieweit sich das Risiko für UAW daraufhin verändert, da die anticholinerge Last nur einen Risikofaktor für das Auftreten von Nebenwirkungen darstellt.