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Arzneimittelanamnese
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Als Apotheker in der Anästhesie-Ambulanz

Wenn Patienten zu geplanten Eingriffen ins Krankenhaus müssen, haben sie in der Regel ein Vorgespräch mit der Anästhesie und der Chirurgie – am LMU-Klinikum München seit drei Jahren auch mit einem Apotheker. Die pharmazeutische Arzneimittelanamnese hat die Patientensicherheit dort deutlich verbessert.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 25.11.2021  12:30 Uhr

Keine Arzneimittel angegeben? Besser genau nachfragen

»Und selbst wenn nein angekreuzt wurde, fragt die MFA noch einmal nach, vor allem, wenn Vorerkrankungen angegeben werden«, berichtete Anästhesist Giehl. Denn manchen Patienten falle erst bei weiterem Nachdenken ein, dass sie doch dies und das einnehmen. »Manchmal kommen dabei dann noch zehn Medikamente heraus.« Umgekehrt geben manche Patienten viele Arzneimittel, aber keine Vorerkrankungen an. »Auch dann werden wir stutzig und haken nach«, so der Mediziner.

Der Krankenhausapotheker geht gezielt anhand eines digitalen Fragebogens durch, welche ärztlich verordneten sowie selbst gekauften Präparate der Patient wann und wie einnimmt. »Wir achten dabei auch auf Phytopharmaka, Nahrungsergänzungsmittel und andere OTC-Präparate, da es durchaus Interaktionsprobleme geben kann oder diese Einfluss auf die Blutgerinnung nehmen können«, erklärte Huttner mit Blick beispielsweise auf Ginkgo oder ASS. »Wir prüfen dann die gesamten Angaben auf Plausibilität, Interaktionen, nötige Dosisanpassungen, wenn bereits Laborwerte zur Nierenfunktion vorliegen, sowie mögliche Allergien und perioperative Risiken. Außerdem versuchen wir herauszufinden, wie es um die Adhärenz steht.« Die meisten Menschen seien hier offen und ehrlich aus Angst vor den OP-Risiken. Auf vorliegende Medikationspläne verlasse sich Huttner dagegen nicht. Diese seien nur selten vollständig.

Der Apotheker gibt alle Daten ins Computersystem ein, die von der Software der Anästhesie (Narkodata) übernommen werden können. Dann erst geht der Patient in das anästhesiologische Aufklärungsgespräch und es folgen gegebenenfalls Untersuchungen wie EKG und Blutabnahme. 

Genaue Absprachen und klinikinterne Listen

Ärzte und Apotheker der Anästhesie-Ambulanz haben gemeinsam festgelegt, welche Interaktions-Datenbanken genutzt werden sollen und bei welchen Wechselwirkungen der Apotheker dem Arzt Bescheid gibt. Zudem haben die Krankenhausapotheker viel Recherche-Arbeit rund um das perioperative Absetzen bestimmter Medikamente geleistet und entsprechende Empfehlungen gemäß der aktuellen Fachliteratur und Fachinformationen erstellt. So empfiehlt die klinikinterne Liste zum Beispiel, Ginkgo aufgrund der Blutungsgefahr vorzugsweise fünf bis sieben Tage vor der OP, spätestens aber 36 Stunden vorher abzusetzen. Letztlich entscheidet dies dann der Anästhesist.

Es gebe bereits unter anderem hausinterne Listen zu Phytopharmaka und Nahrungsergänzungsmitteln, so Apothekerin Huttner. In Arbeit seien weitere, zum Beispiel zu Tyrosinkinase-Inhibitoren (die die Wundheilung stören können) und zu Antidiabetika.

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